Ort: Sala Apolo, Barcelona
Vorband: –
Yo la tengo play covers.
Ich erzählte schon einmal, dass im Rahmen des Primavera Sound Festivals auch das sogenannte Primavera a la Ciutat stattfindet. In den Tagen vor und nach dem eigentlichen Festival am Parc del Fòrum finden noch ein paar Konzerte in Musikclubs statt. Sozusagen als Ergänzung, oder als Ausweitung des Primavera Sound Festivals über die Grenzen des Parc del Fòrums hinaus. Primavera a la Ciutat, Primavera Sound in der Stadt.
Als dieses Konzert für Dienstagabend im Sala Apolo, einem Klub in der Innenstadt von Barcelona, mit dem Zusatz ‘Yo la tengo play covers’ angesetzt wurde, musste ich meine Reiseplanung überdenken.
Ursprünglich wollte ich erst am Mittwoch in Barcelona sein, die Aussicht auf einen Coverabend allerdings ließ mich ins Nachdenken kommen. Obwohl, viel zum Nachdenken gab es eigentlich nicht. Die einzige Frage war: wie teuer ist ein Flug am Dienstagmorgen? Denn logisch, dieses Konzert wollte ich mir nicht entgehen lassen. Ich meine, Yo la tengo spielen Cover, ein ganzes Konzert lang, ohne Ausnahmen! Wer möchte sich das schon entgehen lassen? Also war ich Dienstagnachmittag in Barcelona, checkte ins Hotel ein und am Abend stehen wir pünktlich in der Einlassschlange zum Sala Apolo. Es ist noch nicht allzu voll, als wir dort ankommen. Eine weitere Band wird an diesem Abend im großen Saal des Apolo Theaters nicht auftreten; die Veranstalter verzichten bei diesem Konzert auf die Nominierungen anderer Bands. Im kleinen Nebensaal und im Club Paral·lel 62 gegenüber sind auch Konzerte angesetzt. Dort finden Konzertreihen mit u. a. Ilgen-Nur, Sweeping Promises, Le Savy Fav oder The Messthetics & James Brandon Lewis statt. Die Straßenecke Av. del Paral·lel Ecke C/ Nou de la Rambla ist in der Hand von Primavista.
Yo la tengo spielen gerne und oft Cover. Die Liste der von ihnen live gecoverten Songs ist lang und umfasst viele Genres amerikanischer Musik. Indiehelden wie The Velvet Underground, Black Flag oder Neil Young sind genauso darunter wie Hank Williams oder Carole King. Auch Jefferson Airplane, Neil Diamond und Jackson Browne tauchen auf. Insgesamt sind es über 50 Musiker*innen, deren Songs sie schon gecovert haben. Eines ihrer meist gespielten Cover (laut setlist.fm) ist „Speeding Motorcycle“ von Daniel Johnston. Das höre ich auch an diesem Abend.
Das Konzert startet um 21 Uhr, und was Yo la tengo dann bis gegen 22.30 Uhr auf die Bühne zaubern, habe ich so auch noch nicht erlebt. ‘We play some songs that we didn’t write’, lautet kurz und knapp die simple Ankündigung von Ira Kaplan. Und dann legen Georgia Hubley, Ira Kaplan und James McNew einfach los. Ordentliche 90 Minuten spielen sie einen wilden Mix amerikanischer Pop/Rockmusik der letzten 60 Jahre.
Das Sala Apolo hat sich gefüllt. Ich denke, Spontanbesucher haben keine Chance, kurzfristig an ein Ticket zu kommen. Ich habe mein Ticket in der zweiten Verkaufsphase ergattern können. Für die a la Ciutat Konzerte wurden drei Ticketkontingente zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten auf den Markt geworfen. Zuerst bedienen durften sich Primavera Sound Festival VIP Ticketinhaber. diese hatten ein zweitägiges Vorkaufsrecht auf alle a la Ciutat Veranstaltungen. Im Anschluss waren die full festival Ticketinhaber an der Reihe (also auch wir). Beide Gruppen konnten für je 10 Euro ein Ticket kaufen. Die 10 Euro kann man dann in den Klubs in Getränke eintauschen, macht man das nicht, bekommt man sie nach dem Festival wieder rücküberwiesen. Das klappt ganz gut, mir wurden die 10 Euro bereits zurückgebucht. Das letzte Ticketkontingent, oder besser die Resttickets, gehen dann in den ‘freien’ Verkauf. Ich glaube, der reguläre Preis für dieses Yo la tengo Konzert lag bei 40 Euro. Soviel zum Prozedere.
Ich kenne einige Songs, aber ich erkenne bei weitem nicht alles und vieles erkenne erst sehr spät. Das mit vielen und irren Gitarren vorgetragene „Heroin“ zum Beispiel ist für mich kaum zu erkennen, ein sehr nah am Original gelegenes „With a girl like you“ dagegen schnell.
Gitarrensolo und Akustiksongs, zwischen diesen beiden Intervallgrenzen bewegt sich das Konzert. Dreimal kommt Georgia Hubley hinter ihrem Schlagzeug hervor, um am Bühnenrand stehen Songs zu singen. Es sind die ruhigen und leisen Sachen, die ihrer Stimme gehören. „I’m so lonely I could cry“, das Hank Williams Cover, zu dem es mucksmäuschenstill im Saal ist und das mich 100% gefangen nimmt. Genau wie „Sunday morning“ von The Velvet Underground. (Übrigens die einzige Band, die Yo la tengo an diesem Abend mit zwei Coversongs huldigen.) Aber „I’m so lonely I could cry“ ist für mich das schönsten Cover am diesem Abend. Ein bisschen Gänsehaut inklusive. Das Zweitschönste ist für mich erwähntes „Speeding motorcycles“. Warum? Weil es a) ein toller Song ist und b) finde ich, dass er gut zu Yo la tengo und vor allem zur Stimme von Ira Kaplan passt.
Der Song ist auf Yo la tengos Coveralbum Fakebook zu finden. Fakebook erschien 1990 und ist das erste einer ganzen Reihe von Coveralben, die die Band im Laufe der Jahre produzierte. Yo La Tengo is murdering the Classics aus 2006 und der 10 Jahre später erschienen Nachfolger Murder in the second Degree müssen noch genannt werden. Auch das Album Fuckbook, das sie unter dem Alias Condo Fucks eingespielt haben, beinhaltet nur Coverversionen. Und ich erinnere mich an den Condo Fucks Auftritt auf dem Primavera 2011? Damals saß ich auf einer Stahlrohrtribüne und schaute der Band bei sehr windigem Wetter zu. Die Bühne stand dort, wo heute der Foodcourt an den beiden großen Bühnen aufgebaut ist.
Es ist ein wunderbares Konzert, dessen erster Teil mit einem sehr extrovertierten “Heroin” nach guten 50 Minuten endet. Ira Kaplan, James McNew und Georgia Hubley kommen aber nochmals für einen gut halbstündigen zweiten Teil zurück.
‘We did not write that last songs and we did not write the next songs … kind of a theme there’.
Erneut gibt Ira Kaplan den Hinweis auf das, was hier gerade passiert. In Summe ist das alles mehr, als ich erwartet oder erhofft habe. Nach kurzer Absprache zwischen Ira Kaplan und Georgia Hubley starten sie mit dem Jackson Browne Cover „Somebody’s Baby“ in die zweite Runde. Es folgt Black Flag und ein spontan eingeworfenes Urinals Cover, bevor es zum Ende des Konzertes wieder akustisch und deutlich leiser wird. Georgia Hubley kommt nach vorne, um den Zuschauerwunsch „The whole of the law“ zu singen. Anschließend spielt sie zu „Speeding motorcycles“ Akustikgitarre und singt zum Abschluss „By the time it gets dark“. Damit ist die all-covers Show vorbei. Es ist ein besinnliches Ende eines sehr schönen Konzertes. Und ein perfekter Start in die Primavera Sound Woche.
Setlist:
01: Halloween (The Dream Syndicate cover)
02: I can’t explain (The Who cover)
03: With a girl like you (The Troggs cover)
04: Love Minus Zero/No Limit (Bob Dylan cover)
05: Get ready (The Temptations cover)
06: I’m so lonesome I could cry (Hank Williams cover)
07: Somebody’s in love (Sun Ra cover)
08: Sunday morning (The Velvet Underground cover)
09: Don’t cry no tears (Neil Young & Crazy Horse cover)
10: Have you seen my baby? (Randy Newman cover)
11: He’s a whore (Cheap Trick cover)
12: Heroin (The Velvet Underground cover)
Zugabe:
13: Somebody’s baby (Jackson Browne cover)
14: Nervous breakdown (Black Flag cover)
15: Till the End of the Day (The Kinks cover)
16: Surfin‘ With the Shah (Urinals cover)
17: The whole of the law (The Only Ones cover)
18: Speeding Motorcycle (Daniel Johnston cover)
19: By the time it gets dark (Sandy Denny cover)
Hier das gesamte Konzert zum nachsehen:
Kontextkonzerte:
Yo la tengo – Köln, 28.10.2015 / Kulturkirche
Yo la Tengo – Düsseldorf, 22.11.2009 / Zakk
Yo la Tengo – Düsseldorf, 22.11.2006 / Zakk
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