Ort: CCCB, Barcelona
Band: !!!

Ich werde umarmt. Was an und für sich eine grundgute Sache ist. An und für sich, denn ich werde von Nic Offer in die Arme genommen, und in diesem Augenblick ist mir das ein bisschen unangenehm. Ich stehe auf dem Place de Joan Coromines im CCCB, die Band !!! liegt in ihren letzten Konzertzügen und deren Sänger Nic Offer tanzt zum wiederholten Male in und mit den ersten Reihen. Es ist ein launisches Konzert, ein lauer Sonntagabend unter der Sonne Barcelonas. Aber jetzt tanzt er direkt auf mich zu. Schon von weitem sehe ich, dass er vollkommen durchgeschwitzt ist in seinem Leinenhemd und seinen kurzen Anzughosen, die ein wenig nach AC/DC Klamottenkiste aussehen. Unaufhaltsam kommt er in meine Richtung, und zack, legt er seinen Arm um meine Schulter und hüpft wie ein kleiner Tausendsassa mit mir ein paar Meter umher. Erstaunt, aber durchaus auch mit Freude lasse ich es geschehen. Was willste auch machen? Angewurzelt stehenbleiben? Alles ignorieren? Nein, das geht nicht. Und so nehme ich Schweißgeruch und Schweiß auf, spüre die klebrigen Arm an meinem und denke: na toll!

!!! oder Chk Chk Chk sind die letzte Band, die ich beim diesjährigen Primavera Sound sehe. Ein guter, ein würdiger Abschluss des viertägigen Festivalmarathons. Nicht erst jetzt, da ich die Band live zum ersten Mal sehe, frage ich mich, warum !!! auch gerne mit Chk Chk Chk gleichgesetzt wird. Ausrufezeichen Ausrufezeichen Ausrufezeichen oder entsprechend exclamation mark exclamation mark exclamation mark wäre doch logischer. Eine Antwort habe ich bisher noch nicht gefunden.

!!! spielen im Innenhof des CCCB ihr zweites Set innerhalb von 16 Stunden. Nachts im Parc del Forum habe ich sie jedoch nicht erwischt, die Müdigkeit und so. Aber hier, da ist es toll und die Indiediscobeats passen irgendwie wunderbar in die Szenerie. Die Band ist ja schon ewig alt, und vor Jahren hatte ich eine kurze !!! Phase. Damals hatten sie diesen Hit, „AM/FM“ und ich verfolgte ihr Treiben ein wenig, kaufte Strange weather, isn’t it. Dann aber kamen andere Bands und !!! verliefen sich in meinen musikalischen Interessengebieten. So war mir auch nicht bewusst, dass neben Nic Offer auch eine Sängerin bei einer Vielzahl der Songs mitwirkt. Ist das neu? War das auch damals schon so? Ich hatte nur eine männliche Gesangsstimme im Gedächtnis. Für diesen Abend war die Konstellation mit zwei SängerInnen optimal. Nic Offer hatte Zeit für Ausflüge ins Publikum, der zweistimmige Gesang machte die Songs um einiges besser und den beiden beim Tanzen und rumspringen zuzusehen war großartig.
Das verkürzte Set, aufgrund technischer Probleme konnten !!! erst 15 Minuten später anfangen, was hinten raus leider nicht angehängt werden konnte, war ein Feuerwerk, es knisterte und funkelte gute 40 Minuten lang. „One girl/one boy“ und „Freedom! ’15“ knallten ohne Ende und uns Festivalbesuchern, die wir schon einige Stunden Konzerte in den Beinen hatten, wurde nochmal vieles abverlangt: tanzen, hüpfen, springen, egal ob mit Sänger im Arm oder ohne. Die ersten Reihen bebten. Es hätte durchaus noch ein bisschen so weitergehen können, aber leider hieß es irgendwann ‘Sorry, but they call us we have only one song to play‘. Schade, wirklich blöd.

Dass !!! die einzige Band waren, die ich an diesem Sonntag sah, hatte mit einem anderen Musiker zu tun: David Bowie. Zufall oder nicht, zeitgleich zum Primavera Sound Festival fand in Barcelona die David Bowie Ausstellung statt. Im Frühjahr in Groningen hatte ich sie noch verpasst, beziehungsweise es gab kein günstiges Wochenende, um Ausflug und Ausstellung miteinander zu verbinden. Aber in Barcelona, nur einen mittelweiten Steinwurf vom Hotel entfernt, sollte es doch gelingen, die Werkshow zu sehen. Die Frage nur, wann, an welchem Tag. Schnell war klar, es geht nur Sonntag. Die Tage zuvor war zeitiges Anstellen für hidden stage Tickets angesagt, bzw. Auditori Auftritte und dieses Geoff Barrow Dings ließen einen zeitlich entspannten Museumsbesuch nicht zu.
Also Sonntagnachmittag. Es war klar, dass man durch diese Ausstellung nicht durchhecheln kann; es galt, sich vieles genauer zu betrachten, Videos anzugucken, Schriften zu lesen. Da sind rasch zwei Stunden um. Zwei Stunden, die sich sehr lohnten. Die Ausstellung ist famos und es war gut, hier die Gelegenheit zu haben, sich das alles anschauen zu können. Da verzichte ich gerne auf ein paar Konzerte, David Bowie ist schließlich David Bowie. Ich kenne viel zu wenig über diesen Mann, diese Wissenslücke musste dringend geschlossen werden. Überdies ist die Ausstellung toll aufbereitet und ein großes must-see. Es war perfekt, den Museumsbesuch so einzuplanen, dass er ohne Zeitdruck durchgezogen werden konnte. !!! standen erst um 22 Uhr auf der Bühne, es blieb genug Zeit, gemütlich den Weg zum CCCB in Angriff zu nehmen. Gedacht, getan. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.

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