Ort: Magic Robin Hood Resort, Benidorm
Bands: Heal, Water from your eyes, Bob Mould, Dinosaur Jr., OFF!, Biig Piig, Alan Sparhawk, Bush Tetras,
Protomartyr, DOMi & JD Beck, Blonde Redhead, The Jesus and Mary Chain, Public Service Broadcasting

Primavera Weekender - Benidorm, 17.11./18.11.2023

Angefixt durch die letztjährige Einladung zum Primavera Weekender war im Prinzip nach der Bandankündigung am letzten Tag des Primavera Sound Festivals Anfang Juni klar, in diesem Jahr erneut in den Magic Robin Hood Themenpark nördlich von Benidorm zu fahren. Das Bühnenprogramm war einfach zu gut, um es nicht zu tun. Dinosaur Jr., Bob Mould, Blonde Redhead, The Jesus and Mary Chain, Public Service Broadcasting stachen mir auf dem Plakat direkt ins Auge. Protomartyr, Deerhoof und Alan Sparhawk – der wohl sein weiteres Musikerleben immer mit dem Label Low versehen wird, folgten unmittelbar. Kurz vor der Abreise kamen dann noch Bush Tetras (ey, Steve Shelley spielt doch nur in guten Bands) und Water from your eyes hinzu, auf die ich mich beide sehr freute. Macht in der Summe neun Bands, die mit dem Tag Pflichtprogramm versehen wurden. Im letzten Jahr waren es eigentlich nur zwei, und vielleicht war der letztjährige Durchgang auch mehr ein Probelauf, um zu sehen, was die gesamte Anlage so in der Lage ist, zu bieten. 
Und das kann ich vorwegsagen: auch wenn die Publikumszahl sicherlich doppelt so hoch war wie vor einem Jahr, logistisch merkte ich das nicht. weder beim Frühstück (okay, zu unserer Frühstückszeit um 10 Uhr war sicherlich nicht jedermanns Sache) noch mittags oder abends beim Dinner. Genug Plätze, genug helfende Hände. Ich sollte dazu erwähnen, dass das Festivalticket sowohl die Übernachtung in einer der Ferienhäuschen des Parks sowie Vollpension in einem der Restaurants beinhaltet. Vor den Bühnen ging es ruhig zu, so dass es immer möglich war, einen guten Stehplatz zu ergattern. Es war alles in allem ein ganz angenehmes und entspanntes Ambiente. Die Hektik des eher hippen und jungen Primavera Sound Festivals im Sommer findet man hier nicht. Ins Magic Robin Hood Resort zieht es eine andere Klientel. Etwas älter, etwas gesetzter. Ich schätze das Durchschnittsalter auf Ende 30/ Anfang 40. Entsprechend den Bands, die an den beiden Tagen hier spielen.

Unsere Anreise begann am Donnerstag mit einem Flug nach Valencia. Mit dem Mietwagen ging es zur Übernachtung in die Stadt. Ein kleiner Abendspaziergang durch das Viertel Ciutat de les Arts i les Ciències – lohnt immer sehr! – und am nächsten Tag dann entlang der Costa Brava in Richtung Benidorm. Ein kurzer Zwischenstopp bei einem Supermarkt (Getränke!) und dann weiter zum Magic Robin Hood Park. Bevor die Konzerte um 18 Uhr beginnen, wollten wir noch den Lunch mitnehmen. Essen ist ja auch wichtig! Dort gibt es den ersten Bandkontakt. Lou Barlow schlurfte durch die Gegend, die Leute von OFF! ebenso wie die von Deerhoof.

Bob Mould - Primavera Weekender 2023

Ein paar Stunden später starte ich mit der Band Heal ins Abendprogramm. Unspektakulärer Indiepop, den die spanische Band im großen Saal auf die Bühne zaubert. Ein guter Start ins Programm, ich bleibe ein paar Songs lang und begebe mich dann ins Restaurant. Wie erwähnt, Essen ist auch wichtig.
Am Eingang, an dem zwei Mitarbeiter die Zugangsberechtigung zum Büffet abfragen (Name, Hausnummer) spielt sich dramatisches ab. Murph und zwei Dinosaur Jr. Crewmitglieder werden rigoros der Einlass zum Büffet verwehrt. (Cabin number? We are artists. Cabin number? …) Es geht ein paar Mal hin und her und ich bekomme das Ende nicht mit. Wir schleichen uns vorbei, in einer halben Stunde spielt Bob Mould, mein erstes wichtiges Konzert beim Primavera Weekender 2023.

Bob Mould spielt viele Hüsker Dü und einige Sugar Songs. Das Konzert startet mit „I apologize“ und endet mit „Makes no sense at all“. dazwischen freue ich mich besonders über den Sugar Klassiker „Hoover Dam“, stand ich doch selbst erst letztens auf dem besungenen Bauwerk. Bob Mould solo elektrisch ist eine Show für sich. Wie ein Irrer pumpt und presst er die Textzeilen in sein Mikrofon und in der ersten Reihe steht man dabei besser nicht, es sei denn, man hat einen Regenschirm parat. Zwischen den Songs stampft er ab und an wie ein Wüterich über die Bühne. Nach dem phänomenal guten Bob Mould Auftritt geht es Schlag auf Schlag und ohne Pause weiter.

Water from your eyes - Primavera Weekender 2023

Im zweiten Saal, Brugal genannt, spielen im Anschluss Water from your eyes. Im Sommer las ich im Focus eine Rezension über deren Album und war mächtig interessiert, die Band mal zu sehen und zu hören. Das Album kaufte ich mir nicht, ich kaufe nur selten direkt und spontan Alben, als ich ihren Namen jedoch auf dem Primavera Plakat sah, war mir direkt klar, dass ich sie mir ansehen möchte.
Die Brugal Bühne ist in der Pferdearena des Robin Hood Parks aufgebaut. Im wahren Leben des Parks finden hier sicherlich die Ritterspiele statt. Am Kopfende ist die Lounge des Königs installiert, an den Seiten die Zuschauerbänke. Ich stehe im Sand des Parcours und bin mächtig angetan vom klaustrophobischen und düsteren Gitarrensound der New Yorker Band Water from your eyes. Diffuses Rotlicht lässt die Musiker*innen nur schemenhaft erkennen. Water from your eyes sind das Duo Rachel Brown und Nate Amos. Auf der Bühne werden sie noch durch eine weitere Gitarristin verstärkt. Was mir sofort auffällt: Sängerin Rachel Brown hat einen ähnlich coolen Sprechgesang wie Kim Gordon. Was mir noch auffällt: Klaustrophobische Gitarren, minutenlang. Das klingt toll, ich bin begeistert. „Barely“ heißt ein Song, er frisst sich förmlich in einen hinein. Ganz großartig. „Everyone’s crushed“, das ich vorher als einzigen Song im Video gesehen habe, klingt anders. Daher bin ich von diesem Konzert überrascht. Und fühle mich positiv überrumpelt. 

Dinosaur Jr. - Primavera Weekender 2023

Über Dinosaur Jr. habe ich schon sehr oft sehr viel gesagt. An diesem Abend spielen sie überraschenderweise nicht ihr – in meinen Ohren nicht ganz so überragendes – Album Where you been in voller Länge. Das Album erschien 1993 und aktuell touren Dinosaur Jr. mit Albumkonzerten um die Welt. Erst ein paar Tage zuvor spielten sie an fünf Abenden hintereinander in London Where you been Konzerte.
Beim diesem Weekender ist es eher ein Festivalset. Bis auf die Hits „Start choppin’“ und „Out there“ spielen sie nichts von Where you been. Vielleicht freut es Lou Barlow, der ja seinerzeit nicht mehr zur Band gehörte, als das Album produziert und eingespielt wurde. Im 70 Minuten Slot ist also Zeit für Altbewährtes. Und für einen Song mit Damian Abraham. Bevor Dinosaur Jr. mit „Just like heaven” ihr Konzert wie so oft würdevoll schließen, kommt der Sänger von Fucked up für einen Song auf die Bühne. Gemeinsam covern sie „Chunk“, einen Song der Bostonian Harcoreband Last rights. Bei der Recherche nach Videos über ihren Auftritt lerne ich, dass sie “Chunks” auch schon 2013 beim Primavera Sound Festival gemeinsam gespielt haben. Interessant.

Setlist Dinosaur Jr.:
01: The lung
02: Garden
03: Little fury things
04: Out There
05: I met the stones
06: Kracked
07: Sludgefeast
08: Been there all the time
09: Start choppin‘
10: Feel the pain
11: Freak scene
12: Gargoyle
13: Lose
14: Chunks
15: The wagon
16: Just like heaven

OFF! - Primavera Weekender 2023

OFF! dann als nächstes. Den Bassisten kenne ich. Autry Fulbright II, der ein paar Jahre den Bass bei … and you will know us by the trail of dead spielte, ist nun bei OFF! am Werk. Ich hatte mich schon mittags gewundert, als ich ihn durch die Parkanlagen schlendern sah, aber nicht richtig in die Bands des Abends einordnen konnte. OFF! macht da natürlich Sinn. die Hardcoreband um den ehemaligen Black Flag Sänger Keith Morris ist nicht weit weg von … and you will know us by the trail of dead. Ansonsten sagt mir OFF! nicht so viel. Ich sah sie einmal kurz beim großen Primavera in Barcelona, aber mehr auch nicht. An diesem Abend ist das ähnlich. Ich nehme die Band mit und bin interessierter Zuschauer. Mehr wird aber nicht bleiben. Bei anderen ist das anders. Alle wichtigen Bands des Abends stehen nämlich am Rand und gucken das Konzert. Die Dinos, Bob Mould, der Sänger von Fucked up. Hardcore/Noise/Punkrock ist eine große Familie. Waren die nicht auch alle mal auf SST Records?

Biig Piig ist dann doch zu einfallslos und belanglos, als dass ich länger im großen Saal verweilen möchte. Um kurz nach 1 Uhr verabschiede ich mich. Nach dem Hören von „In the dark“ hatte ich ehrlich gesagt etwas mehr erwartet. Es ist Zeit, zu gehen. Biig Piig ist die Sängerin Jessica Smyth, die mit einem Bassisten, Keyboarder und Schlagzeuger auftritt. Sie ist der einzige – ich sag jetzt mal – nicht indieaffine Pop Act im Primavera Aufgebot. Entsprechend leer ist es vor der Bühne. Trostlos leer. Ist aber irgendwie logisch, denn zwischen Dinosaur Jr.und OFF! sowie Fucked up und Deerhoof treffen poppige Tanzbeats nur bedingt auf ein Publikum. Zu dieser Zeit leider eine Fehlbesetzung. Schade.

Frühstück gegen Mittag, nachmittags Lunch und um 21 Uhr zu Abend. Der Samstag hat eine klare Struktur. Musikalisch beginnt es um 17 Uhr nach dem Essen mit Alan Sparhawk. Sechs weitere Bands warten dann noch auf mich.

Alan Sparhawk - Primavera Weekender 2023

Alan Sparhawk (of Low) steht auf dem Flyer. Damit auch jeder weiß, wer hier auf der Bühne steht. entsprechend gut gefüllt ist der Saal zu dieser für spanische Verhältnisse relativ frühen Konzertzeit. Seine Begleitmusiker könnten seine Söhne sein. Sind sie aber nicht alle, nämlich nur einer: am Bass spielt Sparhawks Sohn Cyrus Die anderen, also Owen Mahon am Schlagzeug und Dave Carroll am Banjo sind vielleicht seine Kumpels. Am Banjo? Ja, Alan Sparhawks Musik ist sehr weit weg vom Slowcore Lows. Gar richtig funky starten sie in ihr Set. Der erste Song erinnert mich mehr an The Sea and Cake und Thundercat, als an Indiegitarren. Aber dann wird es ruhiger, manchmal auch folkig. Die markante Stimme von Alan Sparhawk hält den doch relativ großen stilistischen Mischmasch zusammen. Ein überraschendes Konzert, ein guter Auftakt in den zweiten Tag.  

Setlist Alan Sparhawk:
01: Liquid love
02: Screaming
03: JCMF
04: Torn and in ashes
05: Get high
06: Princess Road surgery
07: Home 2 me
08: Stranger
09: Impossible Day
10: Don’t take your lights out of me
11: Trophy
12: Not broken
13: Want it back

Bush Tetras - Primavera Weekender 2023

Bush Tetras. Ehrlich gesagt, ich kannte die Band nicht, bis ich am Tag des Abflugs einen Instagram Post über ihr bevorstehendes Konzert im Kölner Stadtgarten wahrnahm. Steve Shelley war auf dem Post abgebildet und ich sag mal so, eine Band, in der Steve Shelley am Schlagzeug sitzt, hat Klasse. Egal ob bei Sonic Youth, Disappear, zusammen mit Ernie Brooks und Matt Mottel, bei Thurston Moore oder Lee Ranaldo, Cat Power oder Sun Kil Moon. Ich habe ihn schon oft gesehen. Und nun also als Schlagzeuger der 80s Post-Punk und No wave Band Bush Tetras. Die hatten 1980 mit „Too many creeps“ einen Hit und lösten sich ein paar Jahre und ein paar EPs später auf. Erst 1997 nach einer Reunion erschien ihr erstes Album Beauty lies.
2023 sind aus der Urbesetzung nur noch Sängerin Cynthia Sley und Gitarristin Pat Place Teil der Band. Wie erwähnt ergänzt Steve Shelley am Schlagzeug und Caitlín O’Riordan (The Pogues, Elvis Costello) am Bass. They live in my head, ihr aktuelles und nach über 25 Jahren ihr drittes Album. Die Visions schreibt:

Drei Alben in knapp 45 Jahren, dieses hier mitgezählt – aufs Langformat sind Bush Tetras Zeit ihres Daseins nicht aus, haben nur auf Singles und EPs geglänzt. Hinzu kommt schlechtes Timing: Die Band zerfällt früh und kehrt erst 1997 mit dem Quasi-Grunge-Album “Beauty Lies” zurück, als die Alternative Nation schon angezählt ist. Als 2021 mit Schlagzeuger Dee Pop das Herz der Band stirbt, scheint das Ende besiegelt. Hätte traurig werden können, will Steve Shelley (ehemals Sonic Youth) aber nicht gelten lassen und übernimmt neben Pops Posten auch den des Produzenten. Sein Beitrag kann nicht hoch genug bemessen werden. Das Soundbild von “They live in my head” bezieht alle Bandphasen mit ein: die No-Wave-Jahre, den 90er-Alternative und die Noise-Affinität, für die Pat Place’ Gitarrenspiel steht.

Das Konzert ist wieder sehr rotlichtlastig. Das scheint das Merkmal der Brugal Bühne zu sein. Schlecht fürs Fotografieren, aber es kaschiert das fortgeschrittene Alter der Musikerinnen. Ich habe die Bush Tetras schon vorher im Restaurant gesehen, nach ihrem Konzert übrigens auch wieder und ich habe großen Respekt vor dem, was und wie sie es machen. Pat Place erscheint mir dabei wie das weibliche Gegenstück zu Keith Richards. Fuchsschwanz am Gitarrenriemen, einen ‘Do not enter crime scene‘ Gitarrengurt, Stirnband. Ach ja, und ich bilde mir ein, dass man es hört, wenn Steve Shelley Schlagzeug spielt. Sein Anschlag, sagt man das so, ist sehr markant.

Blonde Redhead - Primavera Weekender 2023

Blonde Redhead. So richtig warm wurden wir über die Jahre nicht. Ihr Album 23 fand ich super, trotzdem blieben Blonde Redhead für mich lange eine one-album-Band. Ich sah die Band noch ein paar Mal live, ein größerer Fan wurde ich auch nicht. Ihr Konzert an diesem Abend wird das ändern. Himmel, was für ein phänomenaler Auftritt der Amedeo und Simone Pace und Sängerin Kazu Makino. Von der ersten bis zur letzten Sekunde bin ich begeistert und beeindruckt. „Dr Strangeluv“, „23“. Immer noch ganz große Songs.

Setlist Blonde Redhead:
01: Falling man
02: Dr. Strangeluv
03: Doll is mine
04: Snowman
05: Melody experiment
06: SW
07: Sit down for dinner, Pt. 1
08: Sit down for dinner, Pt. 2
09: Maddening cloud
10: Kiss her kiss her
11: 23

Anschließend ein kurzer Blick zu DOMi & JD Beck. Ich kann nur sagen, dass sie tollen zeitgenössischen Jazz spielen, weiter kenne ich die beiden Musiker*innen Domitille Degalle und James Dennis Beck nicht. Ihr bisher einziges Album ist auf Blue Note veröffentlicht worden. Die Zeit schreibt:

Willkommen im Zeitalter des Zoomer-Jazz: Die Wunderkinder DOMi und JD Beck eröffnen die Zukunft.Das muss man jetzt vielleicht erklären. Die Keyboarderin DOMi, geboren vor 20 Jahren als Domitille Degalle bei Nancy in Frankreich, und der Schlagzeuger JD Beck, Texaner, 17 Jahre alt, gelten als die Zukunft des Jazz – und sind doch längst seine Gegenwart.

DOMi & JD Beck - Primavera Weekender 2023

Kontrastprogramm Jazz. Auch das ist das Primavera in diesem Jahr. Mir gefällt’s.

Beim anschließenden Kurzbesuch im Restaurant sehe ich dann nicht nur erneut die gesamte Mannschaft der Bush Tetras, sondern auch einen der Blonde Redhead Zwillinge, der sich hinter mir am Büfett einordnet. Ich gratuliere zum guten Konzert und er fragt mich und meinen Vordermann, der sich in das kurze Gespräch einschaltet, in welcher Band wir spielen. Ich sag mal so: Für einen Musiker hat mich noch niemand gehalten. Ich fühle mich geschmeichelt und kläre das kurz auf, bevor er sich Patatas Fritas und ich mir etwas Chicken auf den Teller schaufle.

Protomartye - Primavera Weekender 2023

Protomartyr. Vier Dosen Bier passen in die Sakkotaschen von Kommissar Borowski, ähh Sänger Joe Casey. Protomartyr, die Band hat immer noch Wucht. Die Band wirkt immer noch latent gereizt. Ich mag Protomartyr sehr, ich mag diese Gereiztheit in den Songs, die kantigen Gitarrenriffs, den Sprechgesang von Joe Casey. Im Sommer hatte ich sie auf dem ein oder anderen Festival leider verpasst, daher gilt hier das gleiche wie bei Water from your eyes: als ich ihren Namen auf dem Ankündigungsbogen las, war ich sehr glücklich. Das Konzert hält die Erwartungen, die ich hatte. Es ist ordentlich voll in der Parcourhalle und die Stimmung ist ausgelassen gut. Protomartyr machen wenig verkehrt, sie spielen alle wichtigen Hits und sind auch sonst gut dabei. 

Was ich von der nächsten Band nicht wirklich sagen kann.
The Jesus and Mary Chain enttäuschen. Ihr Set hat zwar nur Hits, aber die bringen sie nicht richtig auf die Straße. Zu keiner Zeit komme ich in ihr Konzert, immer ist irgendwas, was mich stört und ablenkt. Am meisten stört mich das Genörgel von Jim Reid über den schlechten Sound. So schlecht finde ich ihn gar nicht, aber ich stehe ja auch vor der Bühne. Es regt ihn so sehr auf, dass er bei einem Song den Einsatz verpasst. Am zweitmeisten nervt ein gut angetrunkener Ausdruckstänzer, der in meiner unmittelbaren Nähe nahezu alle Leute immer wieder anrempelt und für eine nervige Atmosphäre sorgt. Na ja. Im Vergleich zu gestern zündet auch der Gast nicht, den sich The Jesus and Mary Chain auf die Bühne holen. „Just like honey“ und „Sometimes always“ spielen sie zusammen mit Kazu Makino  von Blonde Redhead. Ein Duett braucht halt zwei Stimmen. Die Grundzufriedenheit weicht aber auch jetzt nicht aus der Band. Irgendwie passt es an diesem Abend nicht zwischen The Jesus and Mary Chain und den Tontechnikern des Primavera Weekenders. So ist es leider mein schwächstes Konzert an diesem Wochenende. 

Viel besser sind spät in der Nacht Public Service Broadcasting. Ich habe bisher nur tolle Konzerte von der britischen Band gesehen. Das ändert sich an diesem Abend nicht.

We have some old songs for you.

J. Willgoose, Esq. und sein britischem Humor. Zusammen mit seinen beiden Kollegen Wrigglesworth und J F Abraham beschließt er den Primavera Weekender. Public Service Broadcasting, ihre beste Zeit hatte die Band vor einigen Jahren mit den beiden Alben Race for space und Every Valley. Für mich ist ihr Album Race for space eines der besten Alben ever. This new noise heißt ihre aktuelle Scheibe. Ein Livealbum, das Public Service Broadcasting mit dem BBC Symphony Orchestra eingespielt haben. Es erklärt dem Zuhörer dabei ein bisschen die BBC und das altehrwürdige Gebäude, in dem das Konzert stattfindet. Dieses nebenbei Wissen vermitteln ist ja ihr Ding. Das aktuelle Album Bright Magic versucht, Berlin zu vermitteln und zu vertonen. Blixa Bargeld und Andreya Casablanca unterstützen dabei gesanglich. „Der Rhythmus der Maschinen“ ist mein Lieblingslied vom Album. Zuvor haben sie schon den Untergang des walisischen Bergbaus, die Besteigung des Mount Everests und das Rennen zum Mond in ihre Songs integriert. Oder ist es umgekehrt? Sind erst die Soundschnipsel und Videosequenzen da, bevor die Songs drumherum geschrieben werden? Ja, ich denke, so macht es mehr Sinn. Wenn ich da nur an Sequenzen aus „Go!“ denke oder an die lange Pause im Song, wenn Apollo im Mondschatten keine Signale mehr senden kann. 

In der großen Halle finden sich gegen 2 Uhr nachts noch erstaunlich viele Leute ein. Ich hatte befürchtet, dass die Atmosphäre trauriger sein wird. Gott sei Dank ist sie das nicht, so dass die erst sehr späte Anreise der Band am selben Abend mit einem gut besuchten Konzert belohnt wird. Public Service Broadcasting verzichten auf Videoinstallationen, es flimmert und flackert nichts im Hintergrund. Ein bisschen hatte ich auf eine Leinwand spekuliert, als bei The Jesus and Mary Chain eine große Kassette und weitere Visuals auf eine den Bühnenhintergrund füllende Leinwand projiziert wurde. Macht nichts, die Songs funktionieren auch so.

Public service broadcasting - Primavera Weekender 2023

‚Die schlauste Band der Welt‘ schrieb ich vor 6 Jahren nach ihrem Konzert im Kölner Yuca. Stimmt immer noch. Ich freue mich auf neues Material. Nach dem Konzert erwähnte J. Willgoose, Esq. zwar etwas von einer längeren Pause, die die Band jetzt machen würde, aberich hoffe mal, sie ist nicht allzu lang. Die Nächte sind einstellig kalt. Die Klimaanlage muss am Sonntagmorgen vor der frühen Abreise für etwas Wärme beim Zusammenräumen sorgen. Himmel, was für ein tolles Festival! Dafür habe ich dieses Jahr sehr gerne bezahlt.

Kontextkonzerte:
Primavera Weekender – Benidorm, 18.11./19.11.2022
Blonde Redhead – Köln, 19.08.2018 / Luxor
Blonde Redhead – Köln, 19.11.2007 / Palladium
Dinosaur Jr. – Chicago, 30.09.2022 / Vic Theatre
Dinosaur Jr. – Primavera Sound Festival Barcelona, 02.06.2022
Dinosaur Jr. – Köln, 03.11.2016 / Live Music Hall
Dinosaur Jr. – Primavera Sound Festival Barcelona, 03.06.2016
Dinosaur Jr. – Primavera Sound Festival Barcelona, 23.05.2013
Dinosaur Jr – Düsseldorf, 17.09.2009 / zakk
Bob Mould – Düsseldorf, 11.03.2019 / zakk
Bob Mould – Primavera Sound Festival Barcelona, 04.06.2016
Bob Mould – Köln, 07.11.2014 / Gebäude 9
Bob Mould – Primavera Sound Festival Barcelona, 23.05.2013
Public Service Broadcasting – Köln, 26.11.2017 / Yuca
Public Service Broadcasting – Köln, 18.03.2016 / Stadtgarten
Protomartyr – Düsseldorf, 13.08.2018 / zakk
Protomartyr – Köln, 22.04.2018 / Gebäude 9
Protomartyr – Primavera Sound Festival Barcelona, 02.06.2016

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