Januar. Der Rückblick auf das vergangene Jahr. Listen. In den vergangenen Tagen poppten sie wieder überall auf: Jahreslisten. Platten des Jahres. Songs des Jahres. Konzerte des Jahres. Events des Jahres.
Ich bin nicht so der Listentyp, jedes Jahr fällt es mir aufs Neue schwer, meine Konzertbesuche des vergangenen Jahres in irgendeine Art von Reihenfolge zu bringen. Daher habe ich im letzten Jahr erstmalig beschlossen, dies nicht mehr zu tun, sondern – ohne Reihenfolge – meine Konzerterlebnisse einfach zusammenzufassen. Was bringt es denn, Veranstaltungen gegeneinander auf- oder abzuwerten, nach irgendwelchen Parametern wie Wohlfühlatmosphäre, Spiellaune der Band oder persönlichem Eindruck zu klassifizieren? Nachher vergesse ich noch eines oder in meiner Erinnerung laufen verschiedene Dinge verquer. Also keine Liste an dieser Stelle.
2016 war für mich ein übersichtliches Konzertjahr. In den letzten fünf Jahren habe ich nie weniger Konzertbesuche absolviert als 2016. Gründe dafür gibt es einige. Was ich schreiben kann ist, dass es vor 12 Monaten nicht meine Absicht war, weniger Livemusik zu sehen. Aber das Leben findet statt, während man andere Pläne macht.
In der nachbetrag empfinde ich es auch nicht als so superdramatisch, das ein oder andere nicht gesehen zu haben. Überdies und das ist vielleicht die grundsätzliche Erkenntnis aus meinem Konzertjahr 2016, hatte ich weniger Antrieb, zum x-ten Mal die x-te Band zu sehen. Im Sommer spürte ich diesen Eindruck das erste Mal, mittlerweile hat er sich stärker festgesetzt. Ist das ein Ergebnis der enormen Anzahl an Konzertbesuchen, die ich die Jahre davor hatte? Selektiere ich nun mehr, oder habe ich bereits 2016 mehr selektiert? Ich möchte nicht weiter darüber nachdenken.
So begann das Konzertjahre 2016 behutsam. Mitte Februar sah ich mit den Libertines mein erstes Konzert. Das im selben Monat noch sechs weitere Konzerte folgen sollten, hatte ich aktuell gar nicht mehr auf dem Schirm. Die musikalische Zusammensetzung ist dabei ein gesundes Spiegelbild meines Musikgeschmacks: Indierock, Pop, Indieelektro, Rock.
namentlich bedeutet dies.
The Libertines – Köln, 10.02.2016
Wolf Alice – Köln, 12.02.2016
Other lives – Köln, 20.02.2016
Foals – Köln, 27.02.2016
Ellie Goulding – Oberhausen, 26.02.2016
Grimes – Köln, 21.02.2016
Waren Wolf Alice aufgrund ihrer Bühnenpräsenz das erste Wow des Jahres, ließen vier Wochen später Public Service Broadcasting ein weiteres folgen. Wow, was für ein schöner Abend voller Samples und Videoeinspielungen, was für ein Konzerterlebnis! Eine Computerstimme hat mich bisher noch nicht durch einen Konzertabend begleitet.
Public Service Broadcasting – Köln, 18.03.2016
Savages mit Bo Ningen kamen an diese beiden Wows nicht ganz ran, waren aber, gerade auch in dieser Konstellation, ein Wow!
Other Lives brachten im kalten Februar mein Herz zum Glimmen. Nur sehr vage kannte ich die Musik der Band, ihr Auftritt faszinierte mich aber sehr. Als Zugabe spielten sie ein famoses Nirvana Cover. Vielleicht der schönste Livesong des Konzertjahres 2016.
Der erste große Konzertausflug kam im April. Nach Amsterdam. Weezer. Weezer! Wie lange habe ich darauf gewartet, die Band mal wieder live zu sehen. Es hat sich gelohnt, die Heineken Arena war voll und das Konzert stimmungsmäßig eines der besseren des Jahres, auch weil Weezer es verstanden haben, dem Publikum das zu geben, wonach es sich sehnte. ‘On an island in the sun, ….‘.
Weezer – Amsterdam, 08.04.2016
A pro pos Amsterdam. 2016 war leider auch das Jahr der wenigen Konzertausflüge. Ich war keinmal in der Botanique, kein mal im AB. Doof das.
Neben dem Parc Del Forum dominierte das Poppodium Nieuwe Nor in Heerlen den Mai. Tuxedomoon mit einem Albumkonzert und Metz mussten von mir besucht werden.
Tuxedomoon – Heerlen, 23.05.2016
Metz – Heerlen, 30.05.2016
Tuxedomoon waren dabei sicherlich eine der Konzertüberraschungen des Jahres. Der Vortrag ihres Albums, eine Mischung aus Freejazz und Noise, war phänomenal. Erwarte nix, und du bekommst viel. So nach diesem Motto etwa.
Denke ich an Barcelona, denke ich an die Auftritte von Mudhoney, Julien Baker, Suuns und Brian Wilson. Hach, was waren das tolle Momente. Ebenso lohnten die drei Konzerte auf der sogenannten hidden stage von Lee Ranaldo & El Rayo mit ihrem Konzertdebüt (später im Jahr sah ich sie nochmals im Gebäude 9), Bob Mould und Lush (nach 26 Jahren ein schönes Wiedersehen) das extra Anstehen an der Konzertkasse. Es war auch letztes Jahr ein gutes Festival.
Primavera Sound Festival – Barcelona, 01.06.2016
Primavera Sound Festival – Barcelona, 02.06.2016
Primavera Sound Festival – Barcelona, 03.06.2016
Primavera Sound Festival – Barcelona, 04.06.2016
Die Band of Horses machten meinen Sommer im Juni, wegen der Fußball EM war es gar nicht mal so schlimm, dass keine weiteren mir interessanten Konzerte auf dem Programm der Klubs der Umgebung standen.
Band of Horses – Köln, 20.06.2016
Nach der EM kam es wieder dicker. Cat Power, der zweite Konzerttrip – dieses Mal zum wunderbaren Gent Jazz Festival – sowie Toe und Hinds belegten den Juli und August. Dabei stach der Gentausflug heraus. dEUS und den wunderbaren Perfume Genius an einem Samstag direkt hintereinander weg, das rechtfertigte eine längere Fahrtzeit allemal. Und so verging der Tag bei wärmendem Sonnenschein ruckzuck. Die beiden Konzerte in dem bestuhlten Festivalzeit im Garten eines Kulturzentrums waren selbstverständlich die erhofften abendlichen Höhepunkte. Meine Gedanken über Sinn und Unsinn solch abstruser Ausflugszeiten auf der unendlich langen nächtlichen Rückfahrt waren am Tag drauf schon wieder vergessen.
Cat Power – Köln, 11.07.2016
Gent Jazz Festival – Gent, 16.07.2016
Toe – Köln, 17.08.2016
Hinds – Köln, 24.08.2016
Beim nächsten Beneluxkonzert im Amsterdamer Paradiso wurde dann ein bisschen umdisponiert. Keine Autofahrten, stattdessen der Zug inklusive zweier halber Tage Amsterdam und Granddaddy. Noch so ein Konzert, auf das ich sehr viele Jahre gewartet hatte. Und nochmals wow!
Grandaddy – Amsterdam, 25.08.2016
Der September gehörte der Arbeit und einer längeren Dienstreise. Leider verpasste ich dadurch Saint Etienne in London und ein von mir sehr gerne mitgenommenes 25 Jahre Fox Base Alpha Albumkonzert. Mensch wäre ich da gerne hingefahren. Neben Saint Etienne musste ich auch die von mir nicht weniger wertgeschätzten Wintersleep sowie Bettie Serveert ausfallen lassen. Da ich die Niederländer aber im März in Roermond sah, war dies das kleinste der drei Übel.
Bettie Serveert – Roermond, 12.03.2016
Acht Konzerte im Oktober und fünf im November waren gut für die Jahresbilanz und brachten Schwung in meinen Herbst. Hatte ich Tortoise im Frühjahr nur aus der Ferne wahrgenommen, bot sich in der kleinen Bonner Harmonie nun die Gelegenheit, das Ganze aus nächster Nähe zu beobachten.
Mein herbstliches Wow, das sich die Band aus Chicago allerdings mit einer Band aus Kanada teilen muss. Preoccupation lieferten ein grandioses Konzert im rappelvollen MTC. Warum der Auftritt aus dem größeren Luxor gedowngradet wurde, erschien mir aufgrund des Publikumsandrangs nicht schlüssig. Sei es drum, viel Nebel und viel Gewummere machten mich trotz der Enge glücklich.
Preoccupations – Köln, 28.11.2016
Den Abschluss meines Konzertjahres bildeten zwei Konzerte im zakk in Düsseldorf. Lieblingsplatte nannte sich das einwöchige Spektakel, das an jedem Abend eine andere deutsche Band mit ihrem wichtigsten Album auf die Bühne brachte. The Notwist mit Neon Golden sowie Mutter mit Hauptsache Musik waren meine beiden Favoriten. Es waren zwei sehr unterschiedliche Abende, die aber beide eines gemeinsam hatten: sie waren wunderbar! Mein Advents-Wow!
The Notwist – Düsseldorf, 12.12.2016
Mutter – Düsseldorf, 16.12.2016
Und während ich zu schreibe, fallen mir noch weitere schöne Konzerte ein: wie konnte ich im ersten Gedankengang Angel Olsen nur vergessen? Immerhin ist My Woman mein Album des Jahres, so glaube ich zumindest. (Ich habe gerade überhaupt nicht auf dem Schirm, welche Alben letztes Jahr veröffentlicht wurden, aber neben Teens of Denial blieb mir Angel Olsens Platte am stärksten im Gedächtnis.) Oder Sophia und Anna Ternheim im Frühjahr, oder das Albumkonzert Everything must go der Manic Street Preachers, oder Nada Surf mit den lustigen The Posies als Vorband in der Live Music Hall. Und erwähnte ich Dinosaur Jr.? Nein. Aber auch die waren großartig!
Angel Olsen – Köln, 28.10.2016
Sophia – Maastricht, 23.04.2016
Anna Ternheim – Köln, 11.04.2016
Manic Street Preachers – Köln, 25.04.2016
Nada Surf – Köln, 04.04.2016
Dinosaur Jr. – Köln, 03.11.2016
Es war gar kein so schlechtes Konzertjahr 2016.
Mark Arm beim Primavera Sound Festival 2016. Meine liebste Konzertfotosequenz des Jahres 2016.