Ort: Kulturkirche, Köln
Vorband:

Yo la tengo

Damals in Bochum konnte ich nicht so richtig etwas mit der Band anfangen. Yo la tengo spielten in der Zeche, ich kaufte mir ein blaues Katzen Tour-T-Shirt, habe aber sonst wenig bis gar keine Erinnerungen mehr an diesen Konzertabend aus dem Jahr 1997. Heute denke ich, ich war damals noch nicht bereit genug, die Lo-Fi Songs der Band aus Hoboken richtig genießen zu können. Ich war zu sehr Alternativerock und Post-Grunge, und es fehlte mir bei Yo la tengo das rockige. Gitarren schön und gut, aber während meiner Jugend mussten die Songs noch ein bisschen nach vorne gehen. Bei Yo la tengo war das damals nur bedingt der Fall.
Auch für diesen Abend roch es mehr nach einem bedächtig, ruhigem Konzert als nach einer Feedbackorgie. Das aktuelle Yo la tengo Album Stuff like that there ist ein reines Coveralbum, aufgenommen ohne viel Brimborium. Aus den Vorberichten zu der Tour wurde dann sehr schnell klar, dass die Präsentation des Albums in den Konzerten höchste Priorität genießt, bzw. das Vorhaben, Cover zu spielen, und dass es dabei genauso ruhig zugehen werde wie auf der aktuellen Platte.
Stuff like that there ist nicht da erste Coveralbum der Band. Bereits 1990 haben YLT mit Fakebook ein reines Coveralbum aufgenommen. Ein Umstand, der in den aktuellen Rezensionen und Tourausführungen immer wieder erwähnt wird.
Ich möchte in diesem Zusammenhang die Band Condo Fucks erwähnen. Denn das habe ich bisher noch nirgends gelesen. Die Condo Fucks waren ein alter ego Yo la tengos. 2009 veröffentlichten sie unter diesem Namen das Coveralbum Fuckbook. Bereits dies war eine Anspielung auf Fakebook. Ich sah sie als Condo Fucks auf dem Primavera, es war laut, krachig und punkig. Ganz anders als die regulären Yo la tengo Alben dieser Zeit. Das alter ego wurde für dieses Projekt daher zu Recht übergezogen. Mit Yo la tengo hatte diese Band mit diesem Sound nicht allzu viel gemein. Fuckbook, Fakebook, Stuff like that there, oh ja, YLT waren und sind eine sehr coverfreudige Band.
Yo la tengo Konzerte sind musikalisch sehr unterschiedlich. Sie können halt viel und haben ganz unterschiedliche Vorlieben, mal ist es laut, mal leise, mal rockig tänzelnd, mal einschläfernd langweilig. Ich habe das bei meinen bisherigen vier Konzerten alles schon durch.

Natürlich war es mehr ein Zuhörkonzert als ein Mitwippkonzert, natürlich fiel daher das Stehen auf Dauer ein wenig schwer, natürlich passierte auf der in ruhigen, unhektischen Rot- und Blautönen angestrahlten Bühne nicht viel. (Düsseldorfer Konzert 2006)

Und jetzt habt ihr wieder E-Gitarren! (Düsseldorfer Konzert 2009)

Meine letzten beiden Konzerte waren also total unterschiedlich. Aber sie waren beide auf ihre Art wunderschön. Scheinbar können Yo la tengo machen, was sie wollen, ich finde immer Gefallen an ihnen.

Heute Nacht im KulturkirchKöln, Köln, DE! YLT, mit zwei Sets! Beginn: 20.00 Uhr!

twittert die Band am Nachmittag und erzählt damit nichts Neues. Zwei Sets, unterbrochen von einer gut zwanzigminütigen Pause, sind auf dieser Konzerttour die Regel. Prostatapause, nannte es jemand am Abend. Na ja, wir alle sind nicht mehr die jüngsten.
Es ist ein akustisches Set, ein ruhiges Konzert. Der Besen ersetzt die Drumsticks und ist an diesen Abend Georgia Hubley liebstes Werkzeug, Basser James McNew spielt Kontrabass und Ira Kaplan die Akustikgitarre. Nur Dave Schramm, ehemaliges und jetziges Tourmitglied der Band Yo la tengo, spielt Slide-Gitarre. Die nötigen Slide-Werkzeuge hat er in einer alten Blechdose vor sich auf dem kleinen Tisch liegen. Zwischen einigen Songs fingert er darin rum, sucht das passende Werkzeug. „Take your time“ sagte Georgia Hubley einmal zu ihm. Ja, Zeit haben Yo la tengo an diesem Abend.

In casual Klamotten stehen sie auf der Bühne, nebeneinander. Ira Kaplan am linken Rand schaut immer ganz genau, was seine Bandkollegen spielen. Oft lächelt er während der Songs, ihm scheint sein Konzert sehr zu gefallen. Georgia Hubley wippt – hinter ihren Trommeln stehend – über die Fußballen und Versen, das Spiel der beiden wirkt enorm unanstrengend und leicht. Einzig James McNew verliert gegen Ende des Abends ein paar Schweißtropfen. Aber nur zwei oder drei. Es ist nicht er Abend der großen Bewegungen. Die Musik schwebt leise durch das Kirchenschiff. Das Publikum lauscht aufmerksam, selbst das meist obligatorische Geklapper mit den Biergläsern und Flaschen verkneift es sich.
Das Konzert ist kurzweilig, aber eine Bestuhlung wäre schön gewesen. Stehend vor der Bühne fühlte ich mich überfordert: Die Songs sind an diesem Abend zum Tanzen zu behutsam, zum nur seicht mit dem Oberkörper wippen jedoch zu viel. So richtig warm werde ich in den ersten Minuten mit dem Konzert nicht. Was aber an mir liegt. Noch vor der gut 20 minütigen Pause – die mich vollkommen aus dem Konzert reißt – spielen sie noch „Friday I’m in love“. Das wäre damit schon mal durch. In meinen Augen ist es das unnötigste Cover der aktuellen Platte und damit auch an diesem Abend.
Schon im Vorfeld war ich nicht sicher, ob mir die Konstellation mit den rein ruhigen (Cover)-Songs gefallen wird. Auch heute kann ich das Konzert noch nicht klar einordnen. Auf der einen Seite waren da die tollen Yo la tengo Sachen wie „Today is the day“ oder „Our way to fall“, auf der anderen Seite aber auch diese unsäglichen Cover –von denen ich die meisten noch nicht einmal im Original kenne. Ich meine, die Band hat so viele schöne eigene Songs, warum ein Konzert mit Coverversionen vertun?
Nach der Pause fällt es mir schwer, mich direkt wieder auf das Konzert einzustimmen. Die Band macht im gleichen Stil weiter, es bleibt einlullend und bedächtig. Wer einen zweiten Teil mit völlig anderer Musik erwartete, hatte sich geirrt. Aber ich denke, dass aufgrund der Vorberichte der bereits stattgefundenen Konzerte damit niemand gerechnet hat. Die beiden Blöcke wurden ungefähr mit der gleichen Anzahl an Songs bespielt, aber gefühlt dauerte der zweite länger. Dabei waren hier – auch gefühlt – mehr YLT Songs zu hören. Mit fortschreitender Dauer hatte ich immer mehr Mühe, konzentriert zuzuhören. Das Kurzweilige war weg, die stille und irgendwie eintönige Grundstimmung, die oft unbekannten Songs (mein Musikhorizont beginnt erst in den 1980er Jahren), die Hoffnungslosigkeit auf Abwechslung und das meist ruhige Stehen nagten. Aber sie nagten nur leicht. „Our way to fall“ als letzter Song vor der Zugabe riss alles raus. Warum an diesem Abend nicht mehr eigene Songs, dieses kritteln muss ich machen.
Ansonsten gilt auch hier das bekannte Yo la tengo Konzertmotto: Sie können machen was sie wollen, ich finde immer Gefallen. Für müde Beine kann diese großartige Band ja nix.

Kontextkonzerte:
Yo la tengo – Düsseldorf, 22.11. 2006  / zakk
Yo la tengo – Düsseldorf, 22.11.2006  / zakk
Yo la tengo – Primavera Sound Festival Barcelona, 28.05.2010

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. SomeVapourTrails

    Das Cover von Friday I’m in Love gibt dem Song eine völlig neue Gestalt, eine Versonnenheit, die dieser Popnummer unvermutet gut zu Gesicht steht. Toll, meine ich. Ansonsten gilt: Manchmal stimmt halt die Chemie zwischen Konzertbesucher und Band nicht, solche Abende gibt es.

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