Ort: Carlswerk Victoria, Köln
Vorband:

The Notwist - Köln, 23.04.2024

Volles Programm in Ehrenfeld. E-Werk und  Palladium zeigen ausverkaufte Konzerte, und im Carlswerk spielen The Notwist. Das ist zu meiner Überraschung auch ausverkauft. Das Konzert wurde aus dem Gloria in das Carlswerk hochverlegt. Als ich das las, dachte ich, ‘Moment, werden da nicht gleich zwei Hallenkategorien übersprungen? Das Carlswerk ist doch sicherlich dreimal so groß. Und doch bestimmt zu groß. Was ist mit der Live Music Hall?’ Ich war sehr überzeugt, dass das Carlswerk eine Nummer zu groß für The Notwist sein würde. Doch ich irrte. Der Laden war voll.
Es herrscht viel Betrieb rund um die ehemalige Viva Musikzentrale an der Schanzenstrasse, als wir um kurz vor halb acht auf das Carlswerk Gelände gehen. ‘Gibt es eigentlich eine Vorband?’ Informationen darüber sind im Vorfeld natürlich rar gesät. Aber weder die The Notwist Homepage noch die Facebook Eventseite noch das Carlswerk selbst geben darüber Auskunft. Was erwarte ich auch, Vorabkonzertinformationen haben doch bei uns keine Tradition. Wir sind schließlich nicht in Belgien oder Luxemburg, wo man als Ticketkäufer per E-Mail über die letzten Details wie Timetable, bestmögliche Anreise, etc. informiert wird. Langsam sollte ich mich wirklich damit abfinden. Auch wenn es schwerfällt. Es gibt dann keine Vorband und The Notwist starten zeitig.

Nach meinem letzten The Notwist Konzert im Rahmen des Le Guess Who Festivals in Utrecht schrieb ich, dass ich über The Notwist nichts mehr erzählen muss, weil ich eigentlich schon alles gesagt habe. Weil ich die Band schon, wie oft?, 14 mal gesehen habe und weil sie seit ca. 10 Jahren eigentlich sehr ähnliche Konzerte spielen: ein Grundgerüst von Songs taucht immer auf, es gibt dieses DJ Ding von Markus Acher und es gibt diese Kombination aus „Different cars and trains“ und „Pilot“.
Aber ich schrieb eigentlich, denn es gibt noch ein zweites, ein anderes eigentlich. Denn eigentlich ist jedes The Notwist Konzert komplett anders. In Utrecht zum Beispiel war es ein extrem rockiges Set, davor hatte ich auch schon The Notwist Konzerte gesehen, die sehr stark in den Elektronikbereich abdrifteten. Manche Konzerte beinhalten wiederum etwas mehr Free Jazz artige Improvisation als andere.
Konstant bleibt nur der gute Laune Gesichtsausdruck von Karl Ivar Refseth, dem Mann hinter dem Vibraphon. Ich habe ihn wirklich noch nie missmutig gucken sehen. Egal ob sich sein Zopf löst, ein Klöppel runterfällt oder etwas mit der Technik nicht funzt, Karl Ivar Refseth teilt zu jeder Sekunde eines Konzerts die Freude und den Spaß an seinem Job mit. Ich freue mich immer, wenn ich ihn musizieren sehe. Sein Grinsen färbt irgendwie ab.

Und an diesem Abend ist es auch wiederum anders. Musikalisch, nicht die gute Laune von Karl Ivar Refseth. Die ist natürlich da. Schnell merke ich, dass es an diesem Abend sicherlich weniger lärmig und rockig zugehen wird als im Ronda Saal vor knapp 2 Jahren. Ich höre etwas mehr hypnotisierenden Drum’n’Bass, mehr ruhige Pluckersounds und – ich glaube erstmals – auch sowas wie Krautrockgitarren. Einen zügigen Indierockhit wie „Kong“ spielen sie relativ leise. An diesem Abend bringt der Song keine zu wilde Explosion und geht eher gemächlich in „Pick up the phone“ über. Auch die mittlerweile traditionell im Programm eingebaute Reminiszenz an die frühe The Notwist Zeit mit – an diesem Abend und in Dreierbesetzung gespielt – „Puzzle“ und „Agenda“ lärmt zwar gut, ist aber nicht ganz so wild.
Dazu passt dann auch gut, dass „Pilot“ mit „Different cars and trains“ wieder in der Setlist auftaucht. Bei meinem letzten und ich glaube auch bei meinem vorletzten The Notwist Konzerthaben sie es nicht gespielt. Und ehrlich gesagt, es gab eine Zeit, da hatte ich mich an dieser Kombi sattgehört. Da konnte ich das live nicht mehr hören. Doch an diesem Abend freue ich mich regelrecht, als ich „Pilot“ nach den ersten Tönen erkenne. Und ich freue mich auch über „Gravity“ und „Good lies“, die ich ebenso länger nicht mehr live gehört habe.
Der Abend verfliegt, das Set geht durch wie geschnitten Brot. Es ist ein schönes Konzert, ein stimmungsvolles.
Am Ende des Abends stehen dann das immer schöne „Consequence“ und das instrumentelle „0-4“. Es ist ein eher bedächtiges Finale.

Gibt es schlechte The Notwist Konzerte? Ich habe noch keines erlebt, daher wäre meine Antwort auf die Frage ein glattes ‘nein’. Ein The Notwist Konzert ist ein The Notwist Konzert ist ein The Notwist Konzert. In vielerlei Hinsicht unberechenbar gut und es macht immer großen Spaß.

Setlist:
01: Into love / Stars
02: Exit strategy to myself
03: Kong
04: Pick up the phone
05: Where you find me
06: Ship
07: Day 7
08: Into the Ice Age
09: Who we used to be
10: One with the freaks
11: This room
12: Puzzle
13: Agenda
14: Night’s too dark
15: Into another tune
16: Loose ends
Zugabe:
17: Good lies
18: Pilot
19: Gravity
Zugabe 2:
20: My faults
21: Consequence
22: 0-4

Kontextkonzerte:
The Notwist – Le Guess Who? Festival Utrecht, 10.11.2022
The Notwist – Düsseldorf, 13.12.2021 / zakk
The Notwist – Dortmund, 31.07.2021 / Westfalenpark
The Notwist – Düsseldorf, 12.12.2016 / zakk
The Notwist – Le Guess Who? Utrecht, 19.11.2015
The Notwist – Bochum, 15.08.2015 / Jahrhunderthalle
The Notwist – Köln, 25.03.2014 / E-Werk
The Notwist – Lüften! Festival Frankfurt, 22.06.2012
The Notwist – Nijmegen, 22.01.2012 / Doornroosje
The Notwist – Rolling Stone Weekender Weissenhäuser Strand, 11.11.2011
The Notwist – Juicy Beats Dortmund, 30.07.2011
The Notwist & Andromeda Mega Express – Köln, 14.08.2009 / Philharmonie
The Notwist – Köln, 14.04.2009 / E-Werk
The Notwist – Melt!, 19.07.2008

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