Ort: Den Atelier, Luxemburg
Vorband:

The Jesus and Mary Chain - Luxemburg, 26.04.2024

Mein drittes Konzert in fünf Tagen. Es ist so ein bisschen wie 2014, als diese Taktung keine große Besonderheit war. Erst nachmittags und kurz entschlossen kaufte ich ein Ticket. The Jesus and Mary Chain im Luxemburger den Atelier. Warum eigentlich nicht, Ticketswap hatte ein unschlagbares Angebot und ich brauchte eh’ noch Kaffeepads und hatte einige CDs, die ich in Ruhe auf der Fahrt hören wollte.

Ich bin zwar kein The Jesus and Mary Chain Ultra, aber für einen schönen Konzertabend inklusive längerer Konzertfahrt reicht mein Fantum. Und ich wollte doch den eher missratenen Abend beim letzten Primavera Weekender in Benidorm ein bisschen korrigieren. Damals hatten sie, oder besser gesagt Sänger Jim Reid, andauernd etwas zu nörgeln. Die Monitorbox zu leise, die Monitorbox zu laut, die Gitarren zu schwach ausgesteuert, die Gitarren zu stark ausgesteuert, das Schlagzeug nicht hörbar, undsoweiterundsofort. Gefühlt stand das Headlinerkonzert am Freitagabend mehrfach kurz vor dem Abbruch. In diesem ganzen Dilemma ging auch beinahe der Gastauftritt von Kazu Makino (Blonde Redhead – die auch beim Primavera Weekender auftraten) unter, die für zwei Songs („Just Like Honey“ und „Sometimes always“) auf die Bühne kam. Das war ein wirklich schlechtes und unmotiviertes Konzert der Reid Brüder und Band. Ich habe selten einen so arrogant wirkenden Auftritt erlebt.

Ob es an diesem Abend motivierter sein wird, ich hatte Zweifel. Der Vorverkauf ging wohl eher schleppend und das den Atelier zeigt sich an diesem Abend auch schwach gefüllt. Die Galerie blieb komplett leer und auch unten sind einige Lücken im Publikum auszumachen. Ich finde das ganz angenehm, es bleibt genug Platz zum gemütlichen Stehen und ich kann kurz vor Konzertbeginn sogar nochmal kurz in den Vorraum, um den Merch zu checken. Es geht entspannt zu, unaufgeregt. Auch der Zeitplan verspricht einen entspannten Abend: keine Vorband, Beginn 20.30 Uhr, Ende 22.15 Uhr. All das erfahre ich vorab per Mail und über die Facebook Event Seite. Auch diese guten Rahmenbedingungen sind für mich ein Grund, den Weg nach Luxemburg in Angriff zu nehmen. Durch das relativ frühe Ende sollte ich noch einigermaßen in-time wieder zuhause sein. Obwohl, wenn es anders gewesen wäre, wäre es auch okay. Arbeitstag hin oder her. Soviel Ehrlichkeit muss sein.

The Jesus and Mary Chain beginnen pünktlich um 20:30 Uhr. Wenig Licht und viel Bühnennebel (allerdings viel weniger als in früheren Jahren) lässt die Band nur undeutlich erkennen. Wie gehabt steht Jim Reid in gebückter Haltung etwas vor der Band nahezu am Bühnenrand. Gut für den Rücken kann diese Körperhaltung nicht sein. Sein Bruder William hat – wie gehabt – den Platz vor den Lautsprechern inne. Ein Schlagzeuger und zwei weitere Gitarristen komplettieren die Band.
Zu meiner Überraschung spielen The Jesus and Mary Chain an diesem Abend besser gelaunt als letztes Jahr beim Primavera Weekender in Benidorm. Grumpy cat Jim Reid ist im den Atelier guter Dinge. Ich hatte ernsthafte Bedenken, dass das nicht so sein wird. Ich meine, wenig Zuschauer, das Ende einer langen Tour erreicht, da kann man schon mal ins Business-as-usual verfallen und nur das Nötigste aus sich herausholen. Tun sie aber nicht, The Jesus and Mary Chain überzeugen mich mit ihrem Auftritt. Die Setlist ist okay, zwei oder drei Songs von ihrem neuen Album haben sie draufgesetzt. Der Schwerpunkt liegt allerdings auf altem 1980er und 1990er Kram. 
Ich weiß nicht, wann The Jesus and Mary Chain das letzte Mal in Europa auf Tour waren, ich denke aber, es ist schon eine Weile her. Also lechzt die Publikumsseele nach den alten Gassenhauern, nach „Happy when it“, nach „Some candy talking“, nach „Blues from a gun“. Und das Lechzen muss gestillt werden, wenn man es sich mit dem Publikum nicht verscherzen möchte. Auch The Jesus and Mary Chain wissen das, und sie wissen auch, was zu tun ist. Und machen das auch, das den Atelier, mag es noch so schwach gefüllt sein, zahlt mit lautem Applaus. Und mein Eindruck ist, alle sind zufrieden. „Just Like Honey“ spielen The Jesus and Mary Chain auch an diesem Abend. Allerdings ohne weibliche Co-Sängerin. Der Part bleibt in Luxemburg unbesetzt. In anderen Städten der Tour hatten sie sich – so wie in Benidorm –  immer mal wieder eine Gastsängerin dazugeholt. In Malmö z. B. Nina Persson. Hach, warum wohne ich nicht in Malmö!
Schade, dass die luxemburgische Nina Persson an diesem Abend keine Zeit hatte. So ein kleiner Gastauftritt wäre das Tüpfelchen auf dem i gewesen. Es war ein unterhaltsamer Abend, der durchaus ein paar mehr Zuschauer verdient hätte.

Setlist:
01: jamcod
02: Happy when it rains
03: Far gone and out
04: All things pass
05: Chemical animal
06: The Eagles and the Beatles
07: Amputation
08: Cracking up
09: Some candy talking
10: In a hole
11: Sidewalking
12: Pure poor
13: Blues from a gun
14: Nine million rainy days
15: Venal joy
16: I Love Rock ’n‘ Roll
17: Just like honey
Zugabe:
18: Taste of Cindy
19: I hate Rock ’n‘ Roll
20: Reverence

Kontextkonzerte:
The Jesus and Mary Chain – Primavera Weekender Benidorm, 17.11./18.11.2023
The Jesus and Mary Chain – Köln, 25.04.2017 / Live Music Hall
The Jesus and Mary Chain – Primavera Sound Festival Barcelona, 24.05.2013

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