Ort: DEPART, Kortrijk
Bands: Protomartyr, Destroyer

Destroyer - Sonic City Festival Kortrijk, 07.11.2025

Protomartyr, Destroyer: Namenstechnisch könnte das auch ein Line-up für einen Heavy Metal Abend sein. Ist es aber nicht. Es sind 50% der Bands, die an diesem Freitagabend das Sonic City Festival 2025 eröffnen. Die anderen 50% sind Sylvie Kreusch und Prostitute.

Kortrijk, mal wieder. Nachdem wir im letzten Jahr das Karate Konzert für einen Kurztrip durch die Wallonie und das franz./belg. Grenzgebiet an der Nordsee nutzten, sind in diesem Jahr alle drei Tage Sonic City Festival eingeplant. Das hatte ich noch nie, vor Jahren waren wir mal fuer einen Tag und für 2 Tage in Kortrijk, aber das volle Programm habe ich noch nie mitgenommen. Und, noch eine Premiere, die Anreise ging dieses Mal per Bahn. Das von King Hannah mit co-kuratierte Programm verspricht viele Höhepunkte und rechtfertigt damit den drei Tages-Trip. Allen voran Idaho, die ich nun endlich mal live sehen kann, waren ein wichtiger Grund für den Ticketkauf. Aber auch King Hannah, Destroyer, Protomartyr, Marissa Nadler, sowie mit Abstrichen Deadletter, Unwound und Tunde Adebimpe (Sänger von TV on the Radio) versprachen spannende und unterhaltsame Tage.
In den Tagen vor dem Festival gab es dann allerdings ein paar Programmänderungen. Erst verschwand still und leise Tunde Adebimpe von den Ankündigungsplakaten, später dann cancelten Unwound ihre komplette Europatour und damit auch den Kortrijk Gig. ‘Nun gut, dann sehe ich eben zwei Konzerte weniger’, dachte ich, ‘Hauptsache Idaho sind da und alles weitere ergibt sich.’

Mittlerweile hatte ich etwas in das Programm hineingehört und weitere interessante – sprich must-see – Sachen entdeckt: Index for working music, Joe Gideon und Grundeis. Es bildete sich also ein stattliches Programm, das über die drei Tage verteilt für mich eine gute Auslastung bedeutet. Sicherlich werde ich mich in einigen Jahren ärgern, warum ich nicht auch Pile, The New Eves und Part Chimp gesehen habe, aber mein Gott, dann ist das eben so.

Wir starten mit Protomartyr. Interessanterweise habe ich die Band bisher nur bei Festivals gesehen, aber das dafür schon mehrmals. (Edit: Okay, das stimmt so nicht: ich sah sie nur auf einem Festival, dafür aber zweimal mit regulären Konzerten!) Die Band um Sänger Joey Casey, der ein bisschen wie der junge Kommissar Borowski aussieht und sich auf der Bühne gibt wie Mark E. Smith, vereint sehr vieles von dem, was ich musikalisch mag. Zackige Gitarren, einen latenten Sprechgesang und durchaus einen Hang zum Rhythmus.

Protomartry - Sonic City Festival Kortrijk, 07.11.2025

Sechs Alben haben Protomartyr bisher veröffentlicht, in diesem Jahr feiert ihr Durchbruchalbum The agent intellect 10-jähriges Jubiläum. Die Band ist also eine Institution, entsprechend hoch ist der Zuschauerzuspruch im Depart. Der Freitag, an dem neben Protomartyr noch Prostitute, Destroyer und Sylvie Kreusch spielen, ist bis auf wenige Tickets ausverkauft. Sylvie Kreusch (mir aber ein bisschen zu arty) und Prostitute (mir aus Anreisegründen ein bisschen zu früh) sehe ich nicht, ich konzentriere mich auf Protomartyr und Destroyer.

Bereits zum Soundcheck leert Joey Casey ein großes Bier. Und auch später sieht man ihn nur mit Bierbecher in der Hand. Der Qualität des Auftritts nimmt das aber keinen Schaden, so ist er halt, der Joey. Neben dem Konzert beim Sonic City spielen sie eine Tour, die The agent intellect würdigt. Entsprechend besteht die Setlist auf dieser Tour – und damit auch beim Sonic City Festival – aus Songs aus dem Album. Da Protomartyr jedoch nur 40 Minuten Spielzeit haben, die Platte aber 44 Minuten lang ist, cutten sie den letzten Song „Feast of Stephen“ aus dem Programm. Leider cutten sie durch das Albumkonzert auch meine Protomartyr Lieblinge vom Nachfolgeralbum Relatives in descent, „A private understanding“, „Here is the thing“ und „Corpses in regalia“. Dafür höre ich eben ein Album, das ich bisher nicht so auf dem Schirm hatte. Auch nicht schlimm. Die Stimmung bleibt allerdings während des Konzerts eher reserviert, vielleicht hatte im Vorfeld nicht jeder mitbekommen, dass Protomartyr auf dieser Tour hauptsächlich ihr 2015er Album spielen.

Setlist Protomartyr:
01: The devil in his youth
02: Cowards starve
03: I forgive you
04: Boyce or Boice
05: Pontiac 87
06: Uncle mother’s
07: Dope cloud
08: The Hermit
09: Clandestine time
10: Why does it shake?
11: Ellen

Oder wie Iggy Pop sagt:

The best band we’ve got in America right now.

In der Umbaupause vorm Destroyer Auftritt gibt es dann nahezu einen kompletten Personenwechsel in den vorderen Reihen. Ja, der ‘European Blues’, wie Dan Bejar seine Musik bezeichnet, ist nur bedingt etwas für die hartgesottene Post-Punk Fraktion. Finde ich aber gut, denn damit verschwindet auch der nervig alkoholisierte mittelalte Mann aus meinem Blickfeld.

Destroyer. Sonic City Festival 2025.

Frank (@spiralstairs.bsky.social) 2025-11-13T22:40:48.320Z

Wir haben dieses Jahr Destroyer und ein paar Songs des neuen Albums bereits live gehört. Beim Primavera Sound Festival spielten sie spätnachmittags im Club Paral.lel 62 ein einstündiges Set. Dan’s Boogie erschien im Frühjahr/ Sommer des Jahres und Destroyer gehen in diesen Tagen mit diesem Album auf Tour. Und das, so sagt die Visions, sei immerhin das beste Destroyer Album seit Kaputt. Ich kann dazu nicht so viel sagen, ich habe Dan’s Boogie noch nicht so intensiv gehört. Auf die ersten drei, vier Durchläufe finde ich es jedoch schwächer als zum Beispiel Poison Season. Auf dessen 70er-Glam-Rock Anleihen stehe ich sehr. Daher finde ich es schön, dass „Time Square“ nach wie vor auf Destroyer Setlisten steht. Und dass sie „Kaputt“ spielen, den Song, mit dem ich Destroyer vor Jahren entdeckte.
Die Destroyer Band ist groß. Sechs Musiker zähle ich und auf der Bühne und so ganz nebenbei frage ich mich, wie sie und all ihr Equipment auf die kleine Bühne im Kölner Luxor passen soll. Dort spielen Destroyer am morgigen Samstag ein famoses Doppelheadlinerkonzert mit den wunderbaren The weather station. Ein bisschen bedauere ich es, dass ich morgen nichtdabei sein kann. Manchmal spielt dieses Ensemble sehr laut, was mich überrascht. War das im Sommer bei Primavera Sound Festival auch schon so? Ich kann mich nicht richtig erinnern, denke aber eher nein. Und irgendwie verbinde ich (in meiner verzerrten Wahrnehmung?) mit Destroyer auch eher melodiöse, harmonische Töne. Zumindest finde ich es ungewöhnlich, wenn das Saxophon und das Keyboard, das Schlagzeug und die Gitarren und die Rassel gefühlt unstrukturiert zusammen Lärm machen. Dabei erinnern sie mich zeitweise an Konzerte der The new Pornographers, und das nicht nur, weil deren Bassist John Collins weiterhin zur Destroyer Band gehört. Die anderen Verflechtungen beider Bands sind ja hinlänglich bekannt.

Es ist ein schöner Auftritt, ein gutes Konzert. überhaupt zeigt sich das Sonic City Festival an diesem ersten Freitagabend sehr einladend und herzlich. Auch abseits der Musik und Bühnen.

Setlist Destroyer:
01: The same thing as nothing at all
02: European oils
03: Tinseltown swimming in blood
04: It just doesn’t happen
05: Bologna
06: Sun meet snow
07: Painter in your pocket
08: Times Square
09: Kaputt
10: Looters‘ follies
11: Cataract time
12: Hydroplaning off the edge of the world
13: Suicide demo for Kara Walker

Kontextkonzerte:
Sonic City Festival – Kortrijk, 10.11.2023
Sonic City Festival 2019 – Kortrijk, 09.11/10.11.2019
Protomartyr – Primavera Weekender Benidorm, 17.11./18.11.2023
Protomartyr – Düsseldorf, 13.08.2018 / Zakk
Protomartyr – Köln, 22.04.2018 / Gebäude 9
Protomartyr – Primavera Sound Festival Barcelona, 02.06.2016
Destroyer – Primavera Sound Festival Barcelona, 07.06.2025
Destroyer – Köln, 28.08.2018 / Luxor
Destroyer – Düsseldorf, 19.11.2017 / Capitol Club
Destroyer – Primavera Sound Festival Barcelona, 02.06.2016
Destroyer – Le Guess Who? Festival Utrecht, 22.11.2015
Destroyer – Köln, 14.11.2015 / Luxor

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