Ort: Kulturzentrum Alter Schlachthof, Eupen
Vorband: Tin Fingers

Untereinander ist man sich auf der Bühne nicht sicher, wann die Whispering Sons das letzte Mal in Eupen zu Gast waren. Vor 2 Jahren, vor 4 Jahren? Oder ist es gar noch länger her? Nun, ich möchte lösen; ich war dabei. Das letzte und bisher einzige Mal spielten die Whispering Sons im September 2021 im Alten Schlachthof zu Eupen. Es war eines der ersten post-Covid Konzerte ohne Covid Ticket, sprich ohne Impfnachweis. Knapp vier Jahre später sind sie nun erneut in Eupen, dies ist ihr zweiter Streich. Seinerzeit waren keine 200 Besucher in der größeren Halle des Schlachthofs (das Kulturzentrum hat zwei Veranstaltungsräume unterschiedlicher Größe), an diesem Abend sind es deutlich mehr. Aber dieses erste Konzert der Whispering Sons Frühjahrstour ist nicht ausverkauft. (Im Gegensatz zu den nächsten beiden in Hasselt und Gent).
Eupen hat mit dem Meakusma Festival eines der weltweit renommiertesten und anerkanntesten Electronic Festivals überhaupt. Im mittlerweile Zweijahresrhythmus findet an vier Tagen rund um und in Eupen das Meakusma Festival statt. ‚Vier Tage unklassierbare Musik‘ nennt es die Meakusma Homepage. Die Stadt hat also eine musikalische Affinität. Verstärkt wird diese durch das Kulturzentrum Alter Schlachthof, das seit 2015 viele kulturelle Veranstaltungen durchführt und zuletzt auch Veranstaltungsort einiger Meakusma Konzerte war. Es gibt hier immer so zwei, drei Konzerte pro Jahr, die mich interessieren und ganz viele andere Veranstaltungen und Konzerte, die mich weniger interessieren. Ich sah hier schon Spain, Girls in Hawaii, Die Nerven oder Shitney Beers. Und an diesem Abend zum zweiten Mal die Whispering Sons.
Mein Plan war es, sehr pünktlich zu den Whispering Sons in Eupen zu sein. Nachdem ich nachmittags kurz in Songs der Vorband Tin Fingers hineingehört hatte, fand ich das nicht so spannend, als dass ich ihr Konzert am Abend unbedingt mitnehmen müsste. So kam ich um kurz vor neun Uhr in den Saal, der logischerweise zu diesem Zeitpunkt schon gut gefüllt war. Tin Fingers sind gerade mitten in ihrem Set und nach dem zweiten Song, den ich in voller Länge mitbekomme, bin ich dabei, meine Nachmittagsmeinung etwas zu revidieren. Live klingt die Band aus Antwerpen slightly different, die Songs entwickeln so eine Art eigene Dynamik, die mir gefällt. Und mir aber nach zwei weiteren Songs wieder zu eintönig wird. Denn die Muster im Songaufbau klingen für mich immer gleich: ein ruhiger, getragener Songbeginn führt zu einem wilden und lauten Finale. Auf Strecke ist das arg durchschaubar, wie ich finde. Mit ihrem vorletzten Song, die Tin Fingers spielen übrigens gute 45 Minuten und damit für meinen Geschmack einen Ticken zu lang, covern sie die Hauptband: „Golden City“, ein Whispering Sons Song vom aktuellen Album The great calm. Lustigerweise spielen ihn die Songschreiber später selbst noch einmal und so wird „Golden City“ der meistgespielte Song des Abends.
In der Umbaupausen laufen Ought. Länger nicht gehört, eine gute Sache. Später höre ich noch die Stone Roses vom Band und ich denke, der Anfang von „I wanna be adored“ wäre auch ein gutes Konzertintro. Ich sollte das denen von Oasis für ihre Sommergigs vorschlagen.
Die Whispering Sons haben kein Intro. Sie kommen einfach so auf die Bühne. Es ist der Start in die Frühjahrskonzertsaison der zweitbesten belgischen Indieband. Konzerte in Belgien und andere europäische Länder folgen in den nächsten Wochen. Deutschland bespielen sie aber nicht, die nächste Möglichkeit, die Whispering Sons zu sehen, ist Ende März im niederländischen Heerlen (bei Aachen). Ursprünglich war das Konzert dort für den übernächsten Tag angesetzt, wurde dann aber verschoben. Wahrscheinlich wären zwei Whispering Sons Konzerte innerhalb von drei Tagen in einem 20 km Radius auch zu viel des Guten gewesen.
Am Setup hat die Band nichts verändert. Es sind nach wie vor die gleichen Protagonisten (Fenne Kuppens, Tuur Vandeborne, Kobe Lijnen, Bert Vliegen, Sander Pelsmaekers) und die gleichen Instrumente (Gitarre, Bass, Saxophon, Keyboard). Ich hatte ein bisschen auf vielleicht einen neuen Song gehofft, aber hier sind sie noch nicht so weit. neues Material soll wohl erst im nächsten Jahr erscheinen, bis dahin – also zumindest in diesem Frühjahr – sind die Konzerte und das Setup im Prinzip annähernd identisch zu denen im den letzten Jahr. Was um Gottes Willen nicht schlimm ist. Überhaupt nicht. Es ist vielmehr Jammern auf hohem Niveau. Whispering Sons Konzerte funktionieren nämlich unverändert gut. Ist Fenne Kuppens auch nur annähernd in Form entwickelt sie eine Energie und eine Bühnenpräsenz, die alles andere weghaut.
An diesem Abend ist sie so semi-gut in Form. Tonprobleme schleichen sich den ganzen Abend durch das Set und immer wieder muss die Sängerin ihre Ohrhörer während der Songs nachjustieren. Die Boxen dröhnen und wummern, der Sound scheint – laienhaft gesprochen – nicht richtig ausgesteuert. Während des Konzertes bekommen sie das etwas in den Griff, aber die Soundschwierigkeiten gingen nie ganz weg. Vor dem finalen „Waste“ – dem letzten Song der Zugabe – streikt gar die Technik komplett, so dass das System erst neu gestartet werden muss, bevor die Whispering Sons den Song performen können. Das hilft so lala, wie man bei meinem Video hören kann. Der Sound bei „Waste“ ist unterirdisch. Aber sie retten sich irgendwie durch das Stück. Und damit auch durch den Abend.
Setlist:
01: Balm (After violence)
02: Something good
03: Surface
04: Satantango
05: The talker
06: Hollow
07: Poor girl
08: Cold City
09: Still, disappearing
10: Standstill
11: Dragging
12: Heat
13: Alone
14: Walking, flying
15: Try me again
Zugabe:
16: Stalemate
17: Waste
Kontextkonzerte:
Whispering Sons – Maastricht, 21.03.2024 / Muziekgieterij
Whispering Sons – Köln, 07.03.2024 / Helios37
Whispering Sons – Köln, 20.09.2022 / Yard Club
Whispering Sons – Maastricht, 26.05.2022 / Muziekgieterij
Whispering Sons – Eupen, 15.09.2021 / Alter Schlachthof
Whispering Sons – Sonic City Festival Kortrijk, 09. u. 10.11.2019
Whispering Sons – Little Waves Festival Genk, 13.04.2019