Ort: Parc del Forum, Barcelona
Bands: Yuck, Warpaint, Dean & Britta, Mercury Rev, Dean Wareham

Warpaint - Barcelona, 28.05.2011

Das Fazit eines Festivals. Der dritte Tag.
Warpaint! Warpaint! Warpaint!
Es herrscht eine rege Betriebsamkeit rund um das Festivalgelände. Aber wir waren ja auch schon so früh auf dem Gelände, warum sollten es uns die anderen nicht gleichtun. Es gab auch einen guten Grund.
Um 18 Uhr spielten Yuck, die neuen Lieblinge aller Blogger von heute und den Ausgaben der Musikmagazine von morgen, und eine dreiviertel Stunde später die vier Mädels von Warpaint.
Yuck lagen auf dem Weg zur Llevant Bühne. Daher plante ich den Abstecher ein. An diesem Samstag wollte ich alles richtig machen, und auf keinen Fall zu spät zur Llevant Bühne kommen. Warpaint wollte ich mir unbedingt von Anfang an und aus nächster Nähe anschauen. Ohne Wenn und Aber. Also setzten wir uns nicht weit vom Ausgang auf die Tribüne an der ATP-Bühne.
Yuck, eine vierköpfige Band aus London. Obwohl ich sehr viele Artikelüberschriften in diversen Musikblogs über und mit ihrem Namen gelesen hatte, kannte ich ihre Musik nicht. Die Tage vor Barcelona waren mit lauter anderem Kram so zu, dass ich es vorher nicht geschafft habe, mir die ein oder andere Festivalband anzuhören. Schlechte Vorbereitung? Vielleicht.
Die ersten Songs waren toll. Ich war angenehm überrascht von der klassischen altmodischen Herangehensweise der Band. Ihre Songs waren so konsequent 90er Indierockpop, es machte Spaß ihnen zuzuhören. Zwischendurch fragte ich mich, welche 90er band ich nach einer halben Stunde nicht gehört hatte. Nach der ersten Anfangseurophorie um „Holing out“, „The wall“ und „Georgia“ flachte die Begeisterung ein wenig ab. Yuck konnten qualitativ nicht mehr nachlegen, ihr Pulver schien nach einer Viertelstunde verschossen. Also blieb Zeit, sich den Auftritt näher anzuschauen. Und da kam mir immer wieder ein Name in den Sinn: Robert Smith.
Nicht nur in Sachen Frisur hatte der Yuck Sänger Daniel Blumberg große Ähnlichkeit mit dem Cure Frontmann. Auch seine Körperhaltung, das Tragen der Gitarre, seine verdrehten Beine, all das hätte bei einem „Robert Smith in concert“ look-a-like Wettbewerb sehr gute Aussichten auf den ersten Platz.
Dass sie auch ab und an eine Cure Gitarre in ihren Songs hatten, passte gut. Während sie „Get away“ spielten überlegte ich kurz, welche 90er Jahre Band ich bisher noch nicht herausgehört hatte. Mir fiel spontan nur eine ein: die Lemonheads.
Nach einer guten halben Stunde verließen wir aber die Band, um uns den anderen Cure an diesem Abend zuzuwenden.
Warpaint. Die Mädels waren relativ früh auf der zweitgrößten Festivalbühne angesetzt. Wie groß sind die Amis in Spanien? Ist die frühe Uhrzeit gerechtfertigt oder die große Bühne? Passt beides überhaupt überein? Fragen über Fragen, die wir uns in der Metrofahrt zum Parc del Forum an diesem Nachmittag gestellt hatten. Die Antworten waren einfach: groß, beides, ja.
Warpaint hatten keine Mühe, die große Bühne für sich zu vereinnahmen.
Anders als James Blake am Vortag wirkte ihr Auftreten auf der Llevant wie eine Selbstverständlichkeit, wie eine Normalität: Hey, wir sind Warpaint, wir haben ein klasse Album gemacht, natürlich müssen wir auf einer großen Bühne ran. Selbstsicherheit ohne eine Spur von Arroganz. Die sah ich ihnen nicht an, stattdessen sah ich vier gut gelaunte Musikerinnen, denen dieser Auftritt sichtlichen Spaß bereitete.
Und 3000 Leute vor der Bühne hatten den auch. Ich glaube, Warpaint spielten das Konzert ihres Lebens, zumindest fühlte es sich so an. Viel besser kann ich sie mir nicht vorstellen. Sie legten eine irre Spiellaune an den Tag und genossen zwischendurch immer wieder den Blick aufs Meer.
Jemand sagte, er hielte Warpaint für die beste Band der Welt. Nun, nach diesem Auftritt möchte ich ihm nicht widersprechen. Das war schon grandios. Bis zu diesem Samstagabend dachte ich, Sufjan Stevens könne von keiner anderen Band getoppt werden. Warpaint schafften es. Sie lieferten mein Konzert des Festivals. Diesen Eindruck darf ich mir eigentlich verwässern, von nun an sollte ich keine Warpaint mehr sehen. Sie würden mich nur enttäuschen.
Aber ich überdenke dies noch. Warpaint nicht noch einmal live sehen wäre ja auch blöd!

Mercury Rev - Barcelona, 28.05.2011
Es war also ein gelungener Start in den letzten Tag, der noch die eine oder andere Überraschung parat halten sollte.
Ist es eigentlich mutig, PJ Harvey nicht zu sehen? Oder ist es stattdessen mutiger, sich im Auditori eine Band anzusehen, von der man in ihrer Hochphase Ende den 90ern nichts übrig hatte und deren gestenreichen Ausdrucksgesangstil des Sängers ich nie möchte?
Mercury Rev perform Deserter’s Songs, so wurde das Konzert angekündigt. Wem das nicht so viel sagt. Deserter’s Songs ist Mercury Rev viertes Studioalbum, das der NME 1998 zum „album of the year“ kürte.
Nachdem wir uns Dean Wearham und seine Frau Britta im kleinen Zelt zu einer unplugged Session angeguckt hatten, beschlossen wir spontan, das Auditori der großen Bühne vorzuziehen. Ob das eine gute Idee war, dessen schienen wir uns zwar nicht ganz sicher, wir wollten es aber drauf ankommen lassen.
Reserviert, wie zwei Tage zuvor für die Sufjan Stevens Show, hatten wir diesmal nicht. Also stellten wir uns in die lange Reihe der nicht reservierten und hofften, rechtzeitig in den Konzertsaal zu gelangen.
Es klappte so gerade. Zu den ersten Klängen von „Holes“ (sowohl Album- als auch Konzerteröffnungssong) fanden wir Sitzplätze im gut besuchten, aber bei weitem nicht vollem Konzertsaal. Der erste Eindruck: der Ausdrucksgesang von Frontmann Jonathan Donahue war noch da. Zweiter Eindruck: wow, da sind ja ein paar ganz gute Sachen auf Deserter’s Songs.
Ergänzt durch ein paar instrumentale Krümel spielten Mercury Rev das komplette Album. In Albumreihenfolge. Also auch die ein, zwei schwächeren Stücke, die wirklich langweilig waren. Aber wer außer Nirvana und Oasis schreibt schon ein Album voller Hits?!). Als Zugabe gab es Peter Gabriel‘s Solsbury Hill sowie einen weiteren Song.
Es war ein lustiger Abend im Musiksaal. Mercury Rev lieferten eine eins a 90er Jahre Rockshow: viel Nebel, viel Pathos, viel Gepose. Immer hart am Rand des Kitsch. Gewöhnungsbedürftig. Aber die richtige Wahl und was zum erzählen.

Dean & Britta - Barcelona, 28.05.2011
Dean Wareham hatte ich bereits vor drei Stunden vor der kleinen unplugged Bühne stehen sehen. Er und seine Frau Britta unterhielten sich mit anderen Leuten, bevor sie ein kurzes Stelldichein im Ray-Ban Zelt geben sollten, in dem sie drei, vier Songs spielten (darunter das tolle „Snowstorm“) und abschließend einige Fragen beantworteten.
Nun also ihr reguläres Konzert auf der ATP-Bühne. Ich gestehe ein, dass ich Galaxy 500 vor Jahren vollständig verpasst habe, aber es ist ja nie zu spät, Dinge nachzuholen. Und so wurden Dean Wareham bzw. Galaxy 500 zu meiner persönlichen Barcelonaentdeckung. „Blue thunder“ oder das schon erwähnte “Snowstorm”, im Intervall von Guided by voices bis Yo la tengo passt Dean Wareham perfekt in meinen Musikkosmos. Schönster, klassischer amerikanischer Indie. Sanft, weich, melodiös. Es war ein tolles Konzert, ein guter Festivalabschluss.
Nachdem wir unser restliches Prepaidkartenguthaben wieder gegen Bargeld eingetauscht hatten und noch eine gute halbe Stunde Swans genossen, beschlossen wir, das Primavera Sound 2011 für uns gemütlich ausklingen zu lassen. Für heute hatten wir genügend gute Konzerte erlebt.
Und wer kommt nächstes Jahr? Radiohead, Ash, und eine Sleater Kinney Reunion wären doch was.

Multimedia:
Fotos: frank@flickr

Kontextkonzerte:
Das Fazit eines Festivals. Der erste Tag. Der zweite Tag.

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