Ort: PSD Bank Dome, Düsseldorf
Vorband: DJ Tracy Young

Cyndi Lauper - Düsseldorf, 26.02.2025

Ehrlich gesagt, Cyndi Lauper war mir nie super wichtig. Damals, in den 1980er Jahren, als ich Musik für mich entdeckte, hatte ich andere Favoriten. Cyndi Lauper Songs fanden für mich außerhalb von Formel eins (Musikvideosendung in der ARD, dem damals hippsten ‘Musiksender‘ im Fernsehen; -> Rockpalast, Musikladen, Bananas) nicht statt. Tanzstunden, Klassenpartys, Kassettenüberspielungen, alles passierte ohne Cyndi Lauper Musik. Ich verbinde keine emotionalen Erinnerungen mit ihren Songs. Vielleicht kam She’s so unusual auch etwas zu früh. Das Album wurde 1983 veröffentlicht, also knapp vor meiner Teenagerzeit. True colors 1986 war dann mein erster richtiger Cyndi Lauper Moment, zusammen mit ihrem „We are the world” Beitrag. Den fand ich großartig. Und „True colors“ (der Song) war mit Madonnas „Live to tell“ die erste Popballade, die mir gefiel.

Als im Sommer letzten Jahres die Ankündigungen zu ihrer allerletzten Tour die Runde machten, war ich von Anfang an interessiert. Ich spekulierte sehr stark mit dem Gedanken, mir ihr Konzert im Düsseldorfer PSD Bank Dome (selten sperriger Name) anzusehen. Allerdings dauerte es bis Ende Januar, bis ich mir ein Ticket kaufte. Den Grund für mein langes Zögern kann ich nicht benennen. In den Tagen vor dem Konzert gab es immer noch vereinzelt Karten im Vorverkauf und ich fragte mich, warum das nicht längst ausverkauft ist. Neben Berlin war es das einzige Deutschlandkonzert und so groß ist der Dome nun auch nicht, ein Fassungsvermögen von um die 12000 bei Konzerten google ich. Als ich dann in der Halle stehe, ist es nicht nur nicht ausverkauft, auch der Oberrang ist überhaupt nicht geöffnet. Will denn nicht jeder die letzte Chance ergreifen, Cyndi Lauper noch einmal live zu sehen? Scheinbar nicht. Find‘ ich komisch.

Auf den sechs, sieben Videowänden, die wie ein Paravent angeordnet im hinteren Teil der Bühne stehen, laufen ihre Songtexte in Endlosschleife. Ununterbrochen. Das wirkt angenehm unaufgeregt. Dazu kommen Songs von Regina Spektor, Florence + the machine und Ähnliches in angenehmer Lautstärke vom Band. Bis zum Konzert ist es noch Zeit. Voll ist es jetzt noch nicht, und auch später ist meine Komfortzone noch sehr groß. Voll ist es auch später nicht. Einfach und ohne Gedränge kann ich im Verlauf des Abends meine Stehplatzposition wechseln. Ich möchte das machen, weil der Bühnenaufbau ein kleines Gimmick verspricht. In der Mitte der Halle ist eine kleine Rundbühne installiert, ein Laufweg verbindet sie mit der Hauptbühne. Dort würde ich dann schon gerne stehen, wenn Cyndi Lauper von hier aus ein paar Songs singt. Welche das sind und wann, ist für mich im Vorfeld nicht eindeutig recherchierbar. Ich tippe aber auf die Zugabe.

Die Setlist ist natürlich standardisiert. Cyndi Lauper ist seit Wochen in Europa und seit Monaten in Übersee mit ihrer ‘Girls just wanna have fun farewell’ Tour unterwegs, im Programm sind immer die gleichen 16 Songs. Es ist immer der gleiche Ablauf, sicher auch mit meist denselben Ansprachen und Erzählungen. In Berlin und Düsseldorf jedoch spielt(e) sie zwei Songs weniger als auf dem Rest der Tour. „The Goonies ‚r‘ good enough“ vom The Goonies Soundtrack und „Change of heart“ fehlen. Warum nur? Nun, vielleicht muss sie den Anstrengungen Tribut zollen und ist körperlich nicht ganz auf der Höhe und skippt als Konseuqenz daraus zwei Songs. Düsseldorf ist innerhalb von 3 Wochen immerhin die 10. europäische Station der Tour. Eine Menge Holz. Das zehrt. Das würde auch an mir zehren. Und ich bin jünger als Cyndi Lauper. Eine kleine Erkältung reicht da, um groggy zu werden. Im PSD Bank Dome merke ich dann auch, wie ihre Stimme sehr oft und sehr viel Unterstützung von den beiden Backgroundsänger*innen erhält. 

Der Abend beginnt zäh. Um kurz nach 20 Uhr betritt DJ Tracy Young hinter ihre Turntables und macht das, was bei großen Hallenkonzerten oft der Fall ist: sie versucht mit einem geschickt arrangierten und musikalisch unbestimmten DJ-Set ein bisschen die Zeit zu verkürzen. Das gelingt manchmal ganz gut, in diesem Fall leider überhaupt nicht. Tracy Young spielt nämlich Rumpeltechno. Gefällt das allen? Ich glaube nicht. Die Damenclique links von mir tanzt leicht, die Paare rechts schauen skeptisch. Mixed Emotions. Das Publikum ist zum größten Teil Ü50, da passt das nicht so wirklich. Auch ich weiß nicht so genau, was ich damit anfangen soll. Der Stampfbass nervt mich schon nach kurzer Zeit. Würde Tracy Young doch nur die 1980s Hits nicht im Techno-Mashup spielen, sondern durchlaufen lassen, sie würde mehr Menschen Freude bereiten. „Forever young“ im David Guetta / Ava Max Remix zieht hier eben nicht so wie das Original. Und so versickert die anfängliche Mitsingstimmung wie z. B. bei „Sweet dreams“ oder „What’s up“ schnell, sobald der Eurodisco Beat drübergemixt wird. Da helfen auch andere Animationsversuche wenig, die Stimmung in der Halle steigt während des DJ-Sets nur um µ-Bereiche. Und ist anschliessend schnell wieder weg. Denn nach dem DJ-Set passiert lange nichts. Um kurz nach neun machen sich erste Buhs und ‘Anfangen’ Rufe breit. Dabei reicht doch eine kurze Internetrecherche um zu erfahren, dass Cyndi Lauper frühestens um viertel nach neun die Bühne betritt. Das war in Berlin tags zuvor so, das ist auch an diesem Abend so.

Nachdem Blondie’s „One way or another“ von Band quasi den Startschuss gibt und eine Videoanimation mit Cyndi Lauper Meilensteinen über die Videoleinwände flackert, kommt die Band auf die Bühne. Wohlgemerkt, die Band. Cyndi Lauper folgt ein paar Minuten später. Es regnet Konfetti, Cyndi Lauper singt „She bop“ mit Blockflöten-Solo. Ein guter Start. Ein Hauch von Karneval.
Übrigens, die Tourmusiker*innen sind stark in die Show mit einbezogen. Bei manchen dieser Solokünstlergrosskonzerte spielen die Livemusiker keine bis gar keine Rolle und werden gar am Bühnenrand abseits der Scheinwerfer platziert. Cyndi Lauper handhabt das anders. Am Bass z. B. spielt William Wittman. Der war schon bei ihrem Debütalbum She’s so unusual mit dabei. Im Laufe des Konzertes kommen sie immer wieder nach vorne, spielen als Gruppe „Iko Iko“ (für mich der schwächste Song des Abends) oder begleiten Cyndi Lauper offensiv bei ihren Showelementen. Davon gibt es ein paar. Und immer wieder Kostümwechsel. Gefühlt verschwindet sie nach jedem 2. Song hinter der Bühne. Vor „Fearless“ zieht sie sich gar auf der Bühne um. Ein Einspielfilm, der kurz vor dem Konzertfinale über die Leinwände flimmert, erzählt augenzwinkernd das, was hinter der Bühne im dressing room passiert. Auch das ist Cyndi Lauper, sich nicht ganz so ernst nehmen. Spaß haben.

Fünf Songs von She’s so unusal stehen auf der Setlist. Aber leider nicht „All through the night“. Das finde ich schade, ich mag den Song sehr. Dazu kommen drei weitere Coverversionen, die Hits „True colors“ und „I drove all night“ sowie Songs von den Alben Shine, Sisters of Avalon und Hat full of stars. Alles in allem eine gute Retrospektive über 20 Jahre Cyndi Lauper. „I drove all night“, „Time after time“, „Money changes everything“ sowie „True colors“ und der Rausschmeißer „Girls just wanna have fun“ sind erwartungsgemäß die großen Konsens-Hits im Set. Das ist wenig überraschend. Aber auch „Fearless“ (hatte ich nicht so direkt auf dem Schirm) oder das Prince Cover „When you were mine“ zünden gut.
Cyndi Lauper erzählt viel. Für meinen Geschmack manchmal etwas zu viel und zu ausführlich. Das nimmt teilweise etwas Fahrt aus dem Konzert und lässt mit den Zwischenspielen und Instrumentalparts bei mir das Gefühl aufkommen, dass eigentlich wenig Musik gemacht wird. 14 Songs in 90 Minuten geben da vielleicht einen Hinweis. Aber es ist egal, der Abend ist gut. Cyndi Lauper sehe ich nicht noch einmal live, dass alleine lohnt schon den Besuch. Und gilt nicht auch eher Klasse statt Masse? Eben.
Wie gedacht kommt zur Zugabe die kleine Rundbühne in der Mitte der Arena ins Spiel. Hier singt Cyndi Lauper „Shine“ und ein zauberhaftes „True colors“. Der Song ist verdammt gut gealtert und lässt mir immer noch eine kleine Gänsehaut über die Arme laufen. Das sich anschliessende „Girls just wanna have fun“ interessiert mich danach nur noch wenig. Gedanklich klebe ich noch bei „True colors“. Was für ein schöner Abend!

Cyndi Lauper, wir werden uns nicht mehr. Daher: Thank you for the music.

Setlist:
01: She bop
02: When you were mine
03: I drove all night
04: Who let in the rain
05: Iko Iko
06: Funnel of love
07: Sally’s pigeons
08: Fearless
09: Sisters of Avalon
10: Time after time
11: Money changes everything
Zugabe:
12: Shine
13: True colors
14: Girls just want to have fun

Kontextkonzerte:

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