Ort: Bumann & SOHN, Köln
Vorband: The Klittens
‘This is new Bodega song’. Als ich die New Yorker Gruppe Bodega vor Jahren erstmals sah, eröffneten sie nahezu jeden Song mit einem kleinen Computersample, das genau diesen einen Satz enthielt. ‘This is new Bodega song’. Vielleicht stimmte das sogar, denn ich glaube, seinerzeit war ihre Debütplatte Endless scroll gerade erst veröffentlicht worden.
Bodega platzten für mich in eine Phase, in der ganz viel Post-Punk aufkam und mir große Freude bereitete. Da machte es natürlich Sinn, auch Bodega toll zu finden. Ihre sperrigen Sounds, ihre mitunter wilde Performance, die ganzen Mid-90s Computersample gefielen mir gut und bei Konzerten erinnerte mich die Band an die frühen Arcade Fire. Art-Rock, Post-Punk, Indie-Rock. „Jack In Titanic“ war der erste kleinere Hit der Band. Es folgt Broken Equipment und eine personell auf drei Positionen veränderte Bodega Band, einzig die Sänger/Songwriter*innen Ben Hozie und Nikki Belfiglio bleiben der Band erhalten. Nach dem Minialbum Shiny New Model ist nun Our brand could be yr life auf dem Plattenmarkt gelandet. Und das ist anders. Es hat weniger Gang of Four Post-Punk, es ist mehr Indierock mit harmonischeren Sounds.
Ben Hozie und Nikki Belfiglio, die treibenden Kräfte hinter den Art-Punks aus dem Big Apple, haben eine Zeitkapsel ausgegraben und sich über zehn Jahre alte Kompositionen ihres ersten gemeinsamen Projekts Bodega Bay vorgenommen, die sie nun als drittes Bodega-Album Our brand could be yr life neu auflegen. Wie sehr sie sich damals an den großen Helden des Neunziger-Indie- und College-Rocks orientiert haben, ist sympathisch und auch ein bisschen niedlich. 2024 und als etablierte Band lässt es sich zuvorderst als gelungene Hommage betrachten.
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Oh, das wusste ich gar nicht, dass sie hier älteres Material neu aufgelegt haben. Das erklärt natürlich den etwas anderen Sound.
Der Abend startet mit der niederländischen Band The Klittens. Die fünf Mädchen spielen typischen Indiepop mit Janglegitarren. Ich sehe sie nur aus der Ferne, das Bumann & SOHN erreiche ich an diesem Abend erst, während Yaël Dekker, Katja Kahana, Michelle Geraerts, Winnie Conradi und Laurie Zantinge schon ein paar Songs gespielt haben. Die Band stammt aus Herkenbosch, im gleichnamigen Song erzählen sie ein bisschen darüber. Es ist eine beschwingte schöne halbe Stunde, die The Klittens abliefern. Aktuelle Musik liefert die Butter EP, ihr Debütalbum Citrus wurde vor zwei Jahren veröffentlicht.
Bodega. Es ist etwas voller geworden auf der Bühne des Bumann. Der markante Deckenleuchtstab über der Bühne muss der Projektionswand weichen und wird flux abgehangen, das Stehschlagzeug vom immer grinsenden Adam Shumski, zwei Keyboards, Air Drums und die Effektgeräte vor Nikki Belfiglio belegen weiteren Platz. Doch die Gitarristen Dan Ryan, Adam See (der am Bass Adam Clayton immer ähnlicher wird) und Sänger Ben Hozie kommen zurecht. Computeransagen und andere Sample höre ich an diesem Abend wenig. Einzig zu Beginn und noch einmal irgendwann zwischendurch führen Bodega einen Song mit diesen kleinen, netten, lustigen Wortschnipseln ein. Mein Lieblingsschnipsel ist da nach wie vor ‘I use my computer for everything / Heaven knows I’m miserable now.’ vom Album Endless scroll.
Dafür gibt es an diesem Abend mehr Indiegitarren. „Tarkovski“ vom neuen Album zum Beispiel wird zu einem riesigen Biest a la Arcade Fire meets alles aus dem Indierock. Sie verdoppeln seine Plattenspielzeit von 4 Minuten locker. „Tarkovski“ wird mein Lieblingssong an diesem Abend. Er groovt ordentlich und steht beispielhaft für den neuen Bodega Sound. Ordentlich gegroovt wird auch im Saal, es wird minütlich wärmer. Gefühlt kommt mir das Bumann an diesem Abend nahezu voll vor, bei dem ein oder anderen Blick nach hinten stelle ich jedoch fest, dass das nicht so ist. Ich kann nach zwei, drei Metern einige Lücken ausmachen. Verstehe ich nicht, zu einem Bodega Konzert gibt es an diesem Abend keine Alternative. Wissen die denn nicht, wie groß die Livequalitäten dieser Band sind? Nun, offensichtlich nicht.
Zugabe.
‘Any requests‘ ist da eine gern genommene Frage an die ersten Reihen im Saal. So auch an diesem Abend. Ein alter Fugazi Fan wünscht sich ihr Fugazi Cover „Provisional“. ‘Really? A cover? Okay, we do’, die überraschende und erschrockene Reaktion Nikki Belfiglios. Damit hatten sie wohl nicht gerechnet, und man merkte, dass einige der Fünf den Song nicht mehr so richtig auf der Pfanne haben. Der zweite Wunsch war mit „Doers“ weniger ausgefallen. Die Umsetzung klappte besser, den spielen sie scheinbar öfter. Sehr sinnbildlich für den gesamten Bodega Abend ist die anschliessende kurze Unterhaltung zwischen Nikki Belfiglio und Ben Hozie vor dem letzten Song der Zugabe.
‘Wir haben noch eine Minute Spielzeit.‘
‚Dann lass uns doch unseren neuen Song spielen, der ist nur 30 Sekunden lang.’
‘Ja, aber dann spielen wir ihn zweimal.’
Also spielen sie ihn zweimal. Warum auch nicht. Sehr sympathisch. Sehr sympathisch.
Setlist:
01: Network
02: Margot
03: Warhol
04: Pillar on the yridge of you
05: Comatose chameleon
06: Myrtle Parade
07: Set the controls for the heart of the drum
08: Territorial call of the female
09: N.A.S.S.
10: Name escape
11: Shiny new model
12: GND Deity
13: Bodega bait
14: Tarkovski
15: How did this happen?!
16: Cultural Consumer I
17: Cultural Consumer II
18: Cultural Consumer III
19: Webster Hall
20: Thrown
21: Statuette on the console
22: No blade of grass
Zugabe:
23: Provisional
24: Doers
25: Monthly follower
26: Monthly follower
Kontextkonzerte:
Bodega – Out of the crowd Festival Esch-sur-Alzette, 30.04.2022
Bodega – Luxemburg, 19.08.2019 / Rotondes