Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband: Precious Few
Eine meine-Generationen-Gitarrenband. Aber ich muss gestehen, ich kenne sie nicht näher, zumindest nicht bewusst. The Wedding Present. Klar, der Name ist mir bekannt, ich kann auch ungefähr ihren Musikstil benennen, aber weder ihre Singles noch Alben tummeln sich in meinem Musikregal.
Ihr erstes reguläres Album stammt aus dem Jahr 1987, seitdem gibt es 23 Veröffentlichungen. Das nur der Vollständigkeit halber.
Am Freitagmorgen überkam mich der Gedanke, ihr Konzert zu besuchen. Langeweile? Der trübe Ausblick auf eher konzertarme Tage? Vielleicht, egal. Wahrscheinlich war es Neugierde, die mich zu dieser Idee verleitete, endlich mal was von dieser Band zu hören. Da ich mich jedoch zeittechnisch nicht mehr mit den Engländern befassen konnte, sollte eine kurze sms Anfrage bzw. die Antwort darauf letzte Zweifel aus dem Weg räumen. „Wedding Present spielen heute Abend im G9. Können die was?“ so die Frage. „Die können sehr viel.“ Die Antwort war eindeutig und jegliche Überzeugungsarbeit war getan.
The Wedding Present sollten an diesem Abend ihr zweites offizielles Album präsentieren. Das erfuhr ich, als ich mein Onlineticket ausdruckte und es nach ausführlicher Faltanweisung zweimal faltete. „The Wedding Present playing Bizarro“ stand dort geschrieben. 21 Jahre nach der Veröffentlichung, das runde Jubiläum hatten sie knapp verpasst. Ein Blick in die Diskografie der Band bestätigte mir, ich kenne ihre Alben tatsächlich nicht, die Namen weckten keine vergessenen Erinnerungen. Eine sehr zu hinterfragende Tatsache, heißt ihr Debüt doch wundervoll „George Best“. Allein der Titel wäre ein Grund gewesen, es zu kaufen.
Konzerte, in deren die Künstler komplette Alben spielen, sind meistens toll. Überraschenderweise fallen an so einem Abend die schwächeren Songs – und jedes noch so gute Album hat schwächere Songs – wenig ins Gewicht. Und da neben den Albumtracks meist noch ein, zwei, drei weitere mehr oder weniger große Hits gespeilt werden, macht die Sache überdies lohnenswert.
Die Charlatans zeigten dies mit „Some friendly“, die Pixies („Doolittle“) ebenso. Übrigens alles 20 Jahresfeierlichkeiten.
Und so sollte es auch dieses mal sein. Schönstes Endachtziger Gitarrengeschrammel, wenn ihr wisst, was ich meine. (Für die jüngeren: so wie TPOBPAH.) Oh ja, diese Zeit brachte schon tolle Gitarrenbands hervor: Ride, Slowdive, Kitchens of Distinction, My bloddy Valentine, Chapterhouse. Und eben The Wedding Present, wie ich heute feststellen durfte.
Von der ersten Minute an fühlte ich mich heimisch. Das vermeintlich Unbekannte kam mir so vertraut vor. David Gedge beackerte die Gitarren (immer zwei im Wechsel), dass bereits nach dem zweiten Song die erste Saite riss. Insgesamt verschließ er an diesem Abend zwei Hände voll Gitarrensaiten. Immer wieder musste die zwei-Song Bassistin neben der Bühne sitzend die Gitarren flicken. Sie hatte ihre musikalischen Einsätze zu Beginn des Abends, als sie die sechs bis sieben stücke spielten, die noch nicht zum Bizarro teil gehörten. In dieser Phase gab es auf der Bühne muntere Wechselspielchen. David Gedge setzte sich mal für ein Stück ans zweite Schlagzeug, Bassistin Terry de Castro rotierte von links nach rechts, um die zweite Gitarre zu übernehmen, die Zweitbassistin spielte mit oder Gitarrist Graeme Ramsay übernahm den Bass. Aber mit dem Bizarro Showteil, der mit einem Digitalsample eingeläutet wurde, kehrte Ruhe ein. Nun waren die Instrumente klar verteilt, jeder hatte seins und gut.
Ach, diese altmodischen Gitarrenstrukturen, diese typischen Endachtziger Sounds sind einfach fabelhaft. Und sehr zeitlos. Spontanlieblinge wurden folgerichtig „Kennedy“ und zehnminütige „Take Me!“ The Wedding Present spielten das Album wurde in der Originalfolge. Gehört sich konsequenterweise auch so. Dabei packten sie immer zwei Songs zusammen, bevor David Gedge seine Gitarre wechseln musste und Zeit und Gelegenheit war, kleine Geschichten an das Publikum zu richten. Was er offensichtlich sehr gerne macht.
So wurde es eine sehr schöne Indie-Oldie-Night. Mit allem, was dazugehörte: alten Menschen vor der Bühne, ausgelassen mitsingende und tanzende erste-Stunde-Fans, jeder Menge strahlender Augen und einer gut aufgelegten Band.
Dr Martens war übrigens nur auf der Bühne Pflichtschuhwerk. Und wer mal in Santa Monica Urlaub machen möchte und ein Appartement sucht, sollte sich dieses Angebot mal anschauen.
Zuvor überzeugte das Bonner Duo Precious Few mit einem schönen, unspektakulären Akustik Set. Ihren zweiten Song, irgendwas mit San Francisco im Refrain, kannte ich überraschenderweise. Folglich ließ mich den Rest ihres Sets der Gedanke nicht mehr los, woher ich dieses Stück kenne oder ob ich die beiden gar schon mal gesehen habe. Ich hätte später nachfragen können, lies es aber natürlich bleiben und bekam trotzdem meine Antwort. Auf ihrer Live@Luxor CD steht: recorded 25.01.2010. Na klar!
Setlist:
01: Heather
02: Once more
03: Go man go
04: Skin diving
05: You Jane
06: Cheers
07: Can you keep a secret
08: Brassneck
09: Crushed
10: No
11: Thanks
12: Kennedy
13: What have I said now?
14: Granadaland
15: Bewitched
16: Take me!
17: Be honest
Multimedia:
Fotos: frank@flickr
Kontextkonzerte:
The Charlatans – Barcelona, 29.05.2010
The Pixies – Frankfurt, 11.10.2009
Boah, ich bewundere Dein Gedächtnis was den Precious Few Song angeht!
Du weisst ja, ich kann mir doch sonst nix merken. Dann doch wenigstens diese unnützen Sachen ….