Ort: Stadtgarten, Köln
Vorband: Dearly Beloved

Sebadoh

Hoch die Hände, Wochenende.
Es ist die undankbarste Zeit für einen Konzertbesuch. Der Regionalzug spült die Partyjugend und andere Freitagabendausgeher (#VorglühenimZug) in die Stadt. Die Konzerte beginnen früh und enden früh, um nicht mit dem anschließenden Discotermin in Konflikt zu geraten, und ich bin oft sehr müde von einer langen Arbeitswoche.
Doch genug gejammert, die müden Knochen zusammengepackt und los. Der Zug ist überraschend leer und das Konzert beginnt standesgemäß um 20 Uhr und es muss nicht gehetzt abgerissen werden.

Sebadoh haben im Mai nach langer Zeit ihr achtes Album veröffentlicht. Act surprised bietet wenig überraschend Lo-Fi Indierock. Die nachfolgende Tour bringt sie auch in die Stadt und ich hatte relativ früh beschlossen, mir ein Ticket zu kaufen. Irgendwie ist mir mein letztes Sebadoh Konzert gut in Erinnerung geblieben. Daran, so hoffte ich wohl, sollte dieser Abend ansetzen. Er tat dies auch ohne jeden Zweifel und es war die richtige Entscheidung, nicht zu den Konzerten von Bono’s Sohnemann Band Inhaler ins MTC, Drahla in Oberhausen oder Amanda Palmer in Essen zu gehen. Nein, mein place to be war der Stadtgarten; die Vielzahl der anderen Konzerte wohl aber auch ein Grund dafür, dass der Saal nicht ausverkauft war.

Sebadoh. Bewusst wahrgenommen habe ich die Band, die Ende der 1980er Jahre erste Songs aufgenommen hat, was in der Folgen den Rausschmiß von Lou Barlow aus Dinosaur Jr. begründete, erst 1995. Im Abspann von Kids, den Film sah ich seinerzeit irritierend und fesselnd zugleich, lief der Song „Spoiled“ vom dritten Sebadoh Album Sebadoh III, das daraufhin den Weg in mein CD Regal fand. Bis auf „Spoiled“ und „The freed pig“ fand ich das Album schwach und höre es kaum. Ich konnte seinerzeit mit dem Lo-Fi Schrammelkram nichts anfangen.

Der Bass dröhnt fast bis zum Bahnhof-West. Die Vorband spielt laut, sehr laut. Und sie feuert Seifenblasen in den Saal. Ins Publikum wäre falsch, denn die zu diesem Zeitpunkt wenigen Zuschauer halten sich eher im Hintergrund auf. Sechs junge Menschen stehen auf der Bühne und machen das, was derzeit so enorm angesagt scheint: Post-Punk. Dearly Beloved nennen sie sich und ich finde sie nicht schlecht. Eine Mischung aus Japandroids und Arcade Fire. so denke ich, nachdem ich meine Ohrenstöpsel angelegt habe. Kann man so machen. 

Nach einer halben Stunde ist die Show vorbei. SebadohLou Barlow, Jason Loewenstein und Bob D’Amico – im Anschluß sind älter und ruhiger. Gitarre, Schlagzeug, Bass. Keine Seifenblasen. Lo-Fi-Indierock. Musik aus den 1990er Jahren, aber zeitlos schön. Die Drei spielen altes und neues Zeugs, aber nicht die hineingerufenen Songwünsche. Bei einem so riesigen Backkatalog ist es aber auch schwierig, alle großen und kleinen Hits auf der Pfanne zu haben. Und das Lächeln auf unseren Gesichtern ist ihnen auch so gewiss. „Gimme Indie Rock“ hin oder her.
Die neuen Songs klingen nicht mehr so überdreht. Wenn Jason Loewenstein das Mikrofon und die Gitarre übernimmt (Lou Barlow und er wechseln sich an den Instrumenten und beim Gesang ab), klingt es gar ein bisschen indiepoppig. Das Grundmuster Lo-Fi bleibt dabei jedoch bestehen. Einen besonderen Moment mag ich in diesem gleichmäßig schönen und gut hörbaren Konzert nicht ausmachen.
In der Zugabe werden die ganz alten Sachen ausgepackt. „Licence to confuse”, „Rebound“ und „Magnet’s coil” vom 1994er Bakesale sowie „Ocean“ vom 1996er Harmacy. Der letzte Song des Abends ist das noch ältere “Brand new love” aus dem Jahr 1986. Vielleicht doch ein Höhepunkt des Konzertes.
Keine zwei Minuten nach Konzertende steht die Band am Merchstand um Fan-Ware zu verkaufen. Tenor der Umstehenden: das ging aber schnell. Stimmt.
Hoch die Hände, Wochenende.

Multimedia:

Kontextkonzerte:
Sebadoh – Köln, 10.08.2011 / Gebäude 9

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