Ort: Blue Shell, Köln
Vorband: Aoife Nessa Frances

The weather station - Köln, 05.04.2022

The Weather Station. Nie gehört. Aber das erinnert mich an Fleetwood Mac. Das ist mein Gedanke, als ich „Parking lot“ zum ersten Mal höre. Ich sitze vor dem Computer und schaue YouTube Videos. Irgendwann wird mir in der seitlichen Vorschlagsliste „Parking lot“ von The Weather Station angezeigt. Songs mit ‘parking lot’ im Titel erwecken pauschal meine Aufmerksamkeit, daher klicke ich auf das Vorschaubild und starte das Video.

Der Song gefiel mir und ich klicke mich durch weitere The Weather Station Songs. ‘Oh, das Saxophon ist großartig’; und ‘oh, „Atlantic“ ist ja auch klasse.’ Ich lese etwas über eine Tour, die dieser Tage stattfindet. Oder stattfinden soll. Im Coronazeitalter ist das mit Tourankündigungen ja so eine Sache. Da The Weather Station aus Kanada kommen (‘oh, die kommen aus Kanada,’ so der Spontanausruf während meiner YouTube Recherche), vermute ich veraltete Konzertdaten auf einer nicht aktualisierten Webseite. Die Tour ist bestimmt verschoben worden, das Risiko aus Übersee anzureisen ist doch viel zu hoch. Gleichzeitig finde ich aber keine anderen Tourdaten oder einen Hinweis auf einen Tourausfall. Finden die Konzerte doch statt? Sie finden doch statt! Ich bin überrascht und kaufe umgehend ein Ticket für das Kölner Konzert im Blue Shell.
Die Videos zeigen eine mehrköpfige Band und eine reiche Instrumentalisierung. Ganz schön viel für die kleine Blue Shell Bühne. Ich bin gespannt, wie das läuft. Und wie voll es überhaupt werden wird. Über die Präsenz von The Weather Station in der heimischen Konzertgeherlandschaft bin ich extremst unsicher. Um die Gedanken zu beantworten: auf der Bühne ist in der Tat während des Konzertes nur wenig Platz und ja, es ist voll.

Da ich während der Pandemie vergessen hatte, dass es nicht gut ist, erst während der Vorband ins Blue Shell zu kommen, stehe ich anfangs direkt neben der Eingangstür. Natürlich bekomme ich hier überhaupt nichts von der Vorband mit. Steht Aoife Nessa Frances alleine auf der Bühne, spielt sie Gitarre, etc.. All das kann ich von hinten null einsehen. Ihr Auftritt geht komplett an mir vorbei, bin ich doch mehr damit beschäftigt, die Augen nach einer besseren Stehmöglichkeit suchen zu lassen und permanent zu überlegen, ob ich diesen Platz verlassen soll oder nicht. Denn immerhin stehe ich einigermaßen bequem. Die Sache mit dem Spatzen in der Hand…. Während der Umbaupause entscheide ich mich für die Taube und gehe etwas nach vorne. Es tun sich ein paar Lücken auf und ich kann tatsächlich noch einen besseren Platz finden. Meine Konzertvoraussetzungen sind jetzt besser.
15 Minuten später läuft die Band an mir vorbei und besteigt die Bühne.

The Weather Station sind das Projekt der Sängerin Tamara Lindeman. In den letzten 14 Jahren hat sie, mit unterschiedlichen Musiker*innen, sechs Alben veröffentlicht. Das aktuelle How is it that I should look at the stars erschien vor guten vier Wochen. Interessanterweise spielen The weather station an diesem Abend mit „Stars“ nur einen Song von How is it that I should look at the stars. Bis auf „Wear“ und „Trust“ spielen sie dagegen alles vom Vorgänger Ignorance.
Ignorance ist laut Internet eines der besseren Alben des letzten Jahres, was für mich bedeutet, ich sollte es mir zulegen. Aufgrund der Songauswahl vermute ich, dass die Tour, die The Weather Station aktuell durch Europa führt, eine vom letzten Jahr verschobene Tour ist. Und da die Verträge gemacht sind, stehen neben Tamara Lindeman weitere fünf Musiker*innen samt Ausrüstung auf der zu kleinen Bühne des Blue Shell.

Jazz, Pop. Wer sich ein Bild von The Weather Station machen möchte, dem empfehle ich das Livevideo zu „Robber“ aus der Danford Music Hall in Toronto. Die sechs Minuten beschreiben so ziemlich alles von dem, was ich an diesem Abend höre. Ob das beispielhaft für alle The Weather Station Platten ist, weiß ich gar nicht. Ich kenne durch meine YouTube Suche nur die Ignorance Sachen. Und die sind durch die Bank schön. Und genauso schön ist das Konzert. Ja, ich bin schon etwas überrascht, wie durchgängig toll das Konzert ist. Und dass, obwohl an diesem Abend nicht alles perfekt für mich läuft. Erst das Zuspätkommen, dann der suboptimale erste Stehplatz, dann der nur etwas bessere zweite. Denn wie ich eher ruhige und melodiöse Konzerte erlebe, ist stark von meiner Umgebungsatmosphäre abhängig. Und die definiert einzig über den Punkt, ob ich das Konzert genießen und konzentriert zuhören kann oder nicht. Habe ich ein unruhiges Umfeld, gelingt mir das nicht immer.

Im Blue Shell ist es an diesem Abend schwierig für mich, aufmerksam dem Konzert zu folgen. Während vorne ein Song über den Weltschmerz leise angestimmt wird („To talk about“), werden hinter mir an der Theke die Gläser gespült und das Spülwasser gewechselt.

Tamara Lindeman erzählt zwischendurch, dass ihr letztes Kölner Konzert im King Georg stattfand. Es hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen, weil die ‘Bühne’ mitten im Raum platziert sei und man so extrem dicht am Publikum spiele. Ja, das stimmt, denke ich, und: oh, da haben sie ja jeweils in den zuschauerunfreundlichsten Konzertclubs gespielt.

Ich war echt lange nicht mehr im Blue Shell. Und ich habe es nicht vermisst. Es ist und bleibt einfach eine ungünstige Konzertlocation. Dummerweise spielen hier immer mal wieder feine Bands, die ich einfach sehen muss. Ein Dilemma. Ich finde, Konzertsäle sollten immer nahezu quadratisch sein, zumindest aber ein Seitenverhältnis von kleiner gleich Wurzel 2 aufweisen.

Setlist:
01: Wear the World
02: Loss
03: Separated
04: You and I (on the other side of the world)
05: Way it is, way it could be
06: Stars
07: Magpie
08: Look
09: Tried to tell you
10: Better now
11: Heart
12: Robber
13: Atlantic
14: Parking Lot
Zugabe 1:
15: To talk about
16: Thirty
Zugabe 2:
17: Subdivisions

Kontextkonzerte:

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar