Ort: Palladium, Köln
Vorband: Citizens!

Franz Ferdinand
Franz Ferdinand sind durch. Also für mich. Da mag mir ihr neues Album Right words, Right thoughts, Right action noch so sehr ans Herz gelegt werden, ich fürchte, ich möchte es mir nicht bewusst anhören. Gehört habe ich es natürlich, im Hintergrund lief es ein-, vielleicht zweimal. Aber es hinterließ keinen Eindruck, es weckte null Neugierde auf mehr.
Überhaupt ist es eine merkwürdige Situation zwischen mir und den Bands der britischen Klasse von 2005. Maxïmo Park, Editors und Block Party sind mir schon länger nicht mehr wichtig und mit Franz Ferdinand – obwohl mit Abstand die Klassenbesten – scheint es ähnlich zu laufen. Diese Musikphase habe ich unbewusst zu den Akten gelegt, mit den Bands irgendwie abgeschlossen. Selbstverständlich mag ich noch den ein oder andere Song, Lieblinge verschwinden nicht, Bloc Partys „Waiting for the 7 a. m.“ finde ich immer noch großartig, aber in Summe ist die 2005er Generation nicht mehr spannend. Da verbindet mich schon mehr mit den Brit-Jahrgängen 93 bis 95. Pulp, Cast, Bluetones, Oasis und Blur.
Wie kommt das? Hat das was mit dem Alter zu tun und mit dem Eintrittszeitpunkt einer Band in ein Leben? Hängt man eher einer Band nach, die einem in jüngeren Jahren wichtig war als einer, die man erst im mittleren Alter entdeckt? Oder anders gefragt, wieso begeistern mich heute die Bluetones viel mehr als es Franz Ferdinand tun, obwohl ich beiden Bands ein gleich großen Enthusiasmus entgegen gebracht habe, als ich sie entdeckt habe. Das Argument, ich mag die einen mehr als die anderen, sticht also nicht. Also warum kommen mir Hits wie „Michael“ und „Matinee“ viel überspielter vor als „Slight return“ oder „Cut some rug“?
Ich finde bisher keine Antworten.
Entsprechend gleichgültig beschloss ich am Nachmittag sehr spontan, mir ein Ticket für das Franz Ferdinand Konzert im Palladium zu kaufen. Ich hatte diesen Konzertbesuch nicht lange im Voraus geplant, ich hätte mich auch nicht geärgert, wenn das Konzert ausverkauft gewesen wäre. Ich machte meine Entscheidung, hinzugehen oder nicht, vom Ticketkauf abhängig. Gibt es noch eins, bin ich dabei, wenn nicht, dann nicht.
Es gab noch eins, und ich fuhr mit wenig Erwartungshaltung in die Schanzenstrasse. Unterhaltsam wird es schon werden, dass geht bei der Hitdichte und den tanzbaren Songs der Glasgower gar nicht anders, aber umhauen wird es mich sicherlich nicht. Ich weiß, das ist keine optimale Grundhaltung für einen Konzertbesuch, aber nach einigen erlebten Franz Ferdinand Auftritten konnte ich mir ziemlich genau zusammenreimen, was mich erwarten würde: Feiersongs, gute Laune und Hits, Hits, Hits.
Allein das Debütalbum Franz Ferdinand hat elf Welthits, You could have it so much better ist keinen Deut schlechter und den Elektroausflug der Band finde ich, im Gegensatz zu vielen anderen, auch nicht so verkehrt und durchaus hitlastig. Das ein Konzert bei so einer Fülle an guten Songs nicht schlecht werden kann, dieser Ansatz stellt sich überhaupt nicht.
Bisher hatte ich Franz Ferdinand hauptsächlich bei Festivalauftritten erlebt: Rock am Ring, Rock a field und Primavera. Ein Klubkonzert steht dem entgegen, wobei der Klub 2009 schon Palladium hieß. Und immer waren ihre Auftritte unterhaltsam.
Das war auch an diesem Abend der Fall, auch wenn Franz Ferdinand für mich durch sind. Als Schwerpunkt des Konzertes und Hauptteil der Setlist empfand ich den Block um „Can’t stop feeling” bis “Lucid dreams“, der sich gefühlt eine halbe Ewigkeit hinzog.
Das war der quasi ruhigere Part abseits der großen Abifeier-Fetenhits und er gefiel mir am besten. Hier konnte ich etwas wegdösen und meinen Gedanken nachhängen. Kurz davor oder danach, so genau hab ich es nicht mehr in petto, entdeckte ich als schönstes Lied der neuen Platte „Fresh strawberries“. Ein wirklich sehr gutes Stück Musik und live wundervoll.
Die übrigen Momente waren dem großen Tanzen überlassen: „Take me out“, „Michael“, „No you girls“, „This fire“, „The dark of the Matinée“ sind immer noch wunderschön anzuhören. Allerdings bekamen sie im Laufe der Jahre für meine Ohren einen kleinen Unwichtigkeitsstatus und schaffen es nicht mehr, mich richtig zu begeistern oder gar vom Hocker zu hauen.
Auch nicht an diesem Abend und just kommt mir der irritierte Gesichtsausdruck des vor uns stehenden Mädchens wieder ins Gedächtnis, die sich erschreckt zu uns umdrehte, als mein Konzertnachbar mich ironisch-vorwurfsvoll fragte „warum biste eigentlich hier, wenn Franz Ferdinand für dich durch sind.“ Nun, er weiß wie ich es meine, aber vielleicht sollten wir uns in zukünftigen Umbaupausen nicht mehr zu laut unterhalten oder aber nur über Themen wie das Wetter sprechen.

Durch sein bedeutet ja nicht, nicht mehr mögen. Eine Übersetzung mit ‚weniger wichtig‘ ist die passendere Wahl. Und so ist die Antwort auf die Frage, warum ich hier sei, relativ einfach. Franz Ferdinand sind eine exzellente Liveband. Nur weil sich einige Songs im Laufe der Zeit zu Tode gespielt haben, muss ich ja nicht gleich einen Konzertabend auslassen.
Als Ausnahme vom Unwichtigkeitsstatus lasse ich übrigens nur „Walk away“ (wurde gespielt) und „Eleanor put your boots on“ (wurde leider leider nicht gespielt) gelten. Das sind auch für mich immer noch begeistert gehörte Songs, die nichts von ihrer Schönheit einbüßen und nie einbüßen werden. Beides sind Songs in feinster Beattradition und als im Palladium die letzten Takte von „Walk away“ dahin wehten, sagte ich, es wäre doch toll, wenn Franz Ferdinand in der Zugabe „Sie liebt dich“ von den Beatles covern würden. Das taten sie aber, sondern verfielen in das Zugabenmuster, was ich – wie ich glaube – schon mal so gesehen hatte.
Ein Trommelinferno zum Ausklang von „Outsiders“ (alle Bandmitglieder versammelten sich um das Schlagzeug und kloppten ordentlich drauf) war vor 5 Jahren noch schön – weil rasanter – und bemerkenswert. An diesem Abend fand ich es eher unnötig und langweilig. Generell hatte ich während der Zugabe gemischte Gefühle. Irgendwie fand ich den Block schwach, „Darts of Pleasure“ wäre doch ein viel besseres Finale gewesen als „Right action“ und „Treason! Animals!“

Bis zur Zugabe gab es dagegen wenig zu mäkeln. Die gute Laune Hitdichte war so enorm hoch, dass es schon eines sehr miesepetrigen Tages bedurfte, um das Konzert nicht schnell unterhaltsam und gut zu finden. Durch das Opener-Trio “The dark of the Matinée”, “Tell her Tonight” und “Do you want to” war die Stimmung sehr schnell hergestellt. Die typischen FF-Stakkato-Gitarren preschten in bekannter Manier nach vorn und die Stimmung wurde zügig sehr ausgelassen. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich zum letzten Mal Bier unfreiwillig in den Haaren hatte. Hier dauerte es genau zwei Lieder.
Dass das Stimmungsniveau die guten 100 Minuten Konzertlänge gleichbleibend hoch blieb, ist einzig das Verdienst von Franz Ferdinand. Die Band zeigte sich in großer Spiellaune und überzeugte live vollauf. 100 Minuten Hits schaffen nicht viele.

In diesem Sinn also ein gutes Konzert, trotzdem sind sie für mich irgendwie durch.

Kontextkonzerte:
Rock am Ring – Nürburgring, 04.05.2006
Franz Ferdinand – Köln, 14.03.2009  Palladium
Rock a Field – Luxemburg, 28.06.2009
Primavera Sound Festval – Barcelona, 31.05.2012

Fotos:

und auf Flickr.

Video:

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