Ort: Muziekgieterij, Maastricht
Vorband:

bdrmm - Maastricht, 14.10.2021

Die kleine Muziekgieterij in Maastricht hat mitunter ein sehr spannendes und interessantes Konzertprogramm im Angebot. Swervedriver, Squid, Sophia und Buffalo Tom habe ich in der ehemaligen Fabrik schon sehen dürfen, teils vor der endgültigen Renovierung hin zum Jetztzustand, teils nach der Fertigstellung. Daher schaue ich ab und an in ihr Konzertprogramm, begutachte Bands und lasse mich angenehm überraschen. Gerne auch direkt vor Ort bei einem Konzert, nachdem ich nur ein zwei Songs einer Band gehört habe: Just Mustard war solches Überraschungskonzert, Michael Nau mit Abstrichen auch. Meist lohnte also der Kurzausflug. Mal ganz abgesehen vom Ambiente. Das ist toll, der kleine Konzertsaal ein wahres Schmuckkästchen.

Zurück zu bdrmm. Und um mit dem Fazit zu beginnen: auch an diesem Abend lohnte sich der Kurzausflug. Wie oben erwähnt stolperte ich vor einigen Wochen beim scrollen durch das Konzertprogramm über den Namen. Bdrmm, ein Bandname ohne Vokale. Ist sowas nicht schon längst aus der Mode? Prompt war meine Neugierde geweckt und ich suchte nach Songmaterial. Bei YouTube gibt es diese Rubrik, die mir bisher nicht aufgefallen war. Sucht man nach einem Begriff, werden einem nach den Suchergebnissen unter der Überschrift ‘Ähnliche Suchanfragen’ Namen und Begriffe angezeigt, die der Algorithmus mit dem eigentlichen Suchbegriff in Verbindung bringt. Als ich nach bdrmm suchte, ein paar Livevideos und das aktuelle Album Bedroom fand, lauteten die YouTube Vorschläge: Andy Bell, The Smith, The Radio Dept., Ringo Deathstarr und The pains of being pure at heart.
Okay, why not YouTube.

Die ersten Songs, die ich höre, bestätigen diese Assoziationen. teilweise und im weitesten Sinn. Bei bdrmm sind viele Gitarren im Spiel, laut-leise Kombinationen oder allgemein gesagt das, was man unter Shoegaze und/oder Dreampop versteht. Bdrmm haben keine Vokale im Namen, aber Gitarren. Viel Gitarre. Die Band kommt in der klassischen Shoegaze-Ausrichtung mit Gitarre, Gitarre, Bass/Keyboard, Schlagzeug. Das sind die Gitarristen Ryan Smith und Jordan Smith, Joe Vickers sowie am Schlagzeug Luke Irvin. Was auffällt: die vier aus Hull sind eine verdammt junge Band.
Ihr Debütalbum Bedroom erschien im letzten Sommer. Wie bei vielen anderen Bands wurde die anschließende Albumtour immer und immer wieder verschoben. Dieser Maastricht Termin flutschte dann irgendwie dazwischen. An diesem Wochenende spielen bdrmm das Left of the dial Festival in Rotterdam, die Muziekgieterij in Maastricht liegt da quasi auf halbem Weg. Und so kommt es, dass bdrmm ihr Festlanddebüt in Maastricht geben.

Es gibt keine Vorband. Es wird ein kurzer Abend und mit ein bisschen Glück kann ich später daheim noch Markus Lanz sehen. Während des Lockdowns ist Markus Lanz sowas wie meine Konzertersatzdroge geworden. So ganz bin ich jetzt noch nicht davon ab, ein bis zweimal die Woche ist das abends ein Pflichttermin.

Es ist laut. Vereinzelte Gitarrensequenzen erinnern mich an Ride aus der Nowhere Phase, der Gesang kommt mit viel Hall, einige Songs sind krawalliger. Die aktuelle Single “Port” gar synthielastig und klingt anfangs nach Blade Runner Soundtrack. Aber nach einem Break in der Mitte des Songs ist alles eher wieder vorher. Verzerrte Gitarre, spärlicher Gesang und laut/leise Sequenz gegen Ende. Damit habe ich auch ganz unbewusst die bdrmm Koordinaten festgesetzt: irgendwo zwischen My bloody Valentine, Ride und Health (in weniger wild). Also eigentlich Shoegaze, aber nicht nur Shoegaze oder nicht so wie der klassische Shoegaze. Und live, das weiß ich jetzt, komplett irrer und lauter als auf Platte. Nur mit Gitarrenlärm beginnt das Konzert. „Momo“ ist instrumental. Lange Zeit hatte ich eh gedacht, bdrmm seien ähnlich wie Mogwai rein instrumental unterwegs. Die Videos und Videosequenzen, die ich sah, waren immer rein instrumental. Scheinbar ein Zufall. Aber grundsätzlich dauert es immer einen Moment, bis in den Songs der Gesang einsetzt, und dann ist er auch nicht unbedingt im Mittelpunkt, sondern fungiert eher als weiteres Instrument. In der Muziekgieterij ist er mit einigem Hall unterlegt und dadurch noch schwerer zu hören und zu verstehen ist. So höre ich in einigen Momenten nichts anderes als Gitarren, die Abmischung scheint nicht ganz optimal. Schlagzeug und Gesang gehen oft komplett unter. Vielleicht war nachmittags nicht klar, wieviel Leute zum Konzert kommen. Man weiß ja um § 1 des Soundcheckgesetzes: wenn Leute da sind, klingt es anders. Am Abend sind ca. 50 Leute im kleinen Saal der Muziekgieterij und der Sound ist immerhin noch so gut, dass die beiden ‘ruhigeren’ Songs „Push/Pull“ und „A reason to celebrate“ (erinnert mich stark an die späten Ride) nicht komplett absaufen. Reicht doch auch für ein Rockkonzert.

Ein Album, ein paar andere Songs, da kann die Konzertdauer nicht allzu lang sein. Richtig, nach einer guten Stunde ist das kurzweilige und unterhaltsame Konzert vorbei. Sänger und Gitarrist Ryan Smith hat da schon länger seine Schuhe ausgezogen. Das war es mit Shoegaze. Ihr Bühnenfinale ist der klassische My bloody Valentine Abgang: die eingestöpselte Gitarre an den Verstärker gelehnt, die Bühne verlassen und hoffen, dass jemand die Gitarre ausstöpselt und das Feedbackding beendet. Bei My bloody Valentine dauerte das schon mal 25 Minuten. Bei bdrmm ist das natürlich weniger spektakulär schneller geschehen. Und das ist gut so.

An diesem Abend sitzt Kevin Kühnert bei Markus Lanz und spricht über seine (im Übrigen sehr sehenswerte) Dokureihe. Der Abend bleibt unterhaltsam.

Setlist:
01: Momo
02: Push/Pull
03: Gush
04: Port
05: Shame
06: Be careful
07: If….
08: Is that what you wanted to hear?
09: Happy/unhappy
10: Picknick new
11: Drug
12: A reason to celebrate
Zugabe:
13: Forget The Credits

Kontextkonzerte:

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