Ort: Artheater, Köln
Vorband: Bored at my Grandmas house

Soccer Mommy - Köln, 04.05.2025

Eigentlich bin ich völlig kaputt von den letzten Tagen. Eigentlich nervt es mich zu sehr, dass wieder Schienenersatzverkehr angesagt ist. Eigentlich habe ich keine Lust, mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Eigentlich würde ich viel lieber auf der Couch sitzen bleiben und den Polizeiruf 110 schauen.

Um kurz vor acht stehe ich im Artheater. Es ist gar nicht so voll wie gedacht. Ein paar Minuten bleiben mir noch, um mich etwas umzuschauen. Dann steigen zwei junge Menschen in – wie ich dachte – Deutschland-Trikots (Fußball) auf die Bühne, schnappen sich Gitarren und legen los. ‘Oh’, denke ich, ‚passend zum Auftrittsland gleich Trikots gekauft? Wie nett. Und sogar einmal die Auswärts- und einmal die Heimspielvariante. Kann man machen.’ Doch Amber Strawbridge trägt ein Trikot der Portland Timbers, wie ich später aus Gesprächen erfahre. Amber Strawbridge ist Bored at my Grandmas house, die mit leichtem, süßem, schönen, unspektakulären Indiepop den Abend eröffnen. Zusammen mit einem weiteren Gitarristen spielen sie Songs aus dem Bored at my Grandmas house Debüt Show & tell, das Amber Strawbridge beiden Ende letzten Jahres herausgebracht hat. Die Single “Show & tell” ist ein veritabler Indiepophit, die anderen Songs laufen in ähnlichen Dreampop/Indie Pop Sphären, überzeugen mich aber nicht ganz so. Nach 20 Minuten schleichen sie bereits wieder von der Bühne. War das der kürzeste Vorbandslot in 2025, den ich gesehen habe? Ich glaube.

Sophie Allison a.k.a. Soccer Mommy entdeckte ich vor einigen Jahren mit dem Album Color Theory. 2020 erschien das Album, deren Songs in meinen Ohren sehr grungy und indierockmäßig daherkommen. Ich höre Color Theory sehr gerne, es ist für mich ein guter Jogging-Soundtrack. Mehr kenne ich von Soccer Mommy nicht. Sowohl das aktuelle Album Evergreen als auch sein Vorgänger gingen etwas an mir vorbei. Und so stehe ich mal wieder etwas unbedarft im Artheater und harre der Dinge, die da kommen. Erstmal kommt die Band relativ früh um halb neun auf die Bühne. ‘Uii, früher Beginn gleich frühes Ende. Das passt mir an diesem Sonntagabend sehr.’ Doch die vier Musiker*innen soundchecken nur und nehmen dann tatsächlich nochmal den Weg durch den Saal auf sich, um im Backstage noch etwas zu erledigen.

Soccer Mommy beginnen dann doch erst pünktlich um 21 Uhr. Neben Sophie Allison erblicke ich drei weitere Musiker auf der Bühne. Mit “Abigail” starten sie überraschend poppig in den Abend. überraschend, weil die meisten Soccer Mommy Songs textlich und musikalisch moll-tönig daherkommen. Ihre Songs wirkend mehr nachdenklich, zeterend, anklagend und melancholisch denn aufmunternd, fröhlich oder luftig leicht indiepoppig.„Abigail“ jedoch ist so ein Song, der einen leicht und unbeschwert mitnimmt, der catchy klingt und nicht weh tut.
So wie eigentlich der gesamte Abend relativ wenig weh-tuend abläuft. Soccer Mommy spielen 1990er Indierock zwischen Juliana Hatfield und Avril Lavigne. Ihr Hole T-Shirt passt da gut ins Bild. Musikalisch klingt alles sehr ähnlich, Ausreißer in Form von extremen Balladen oder losrockenden Songs haben Soccer Mommy nicht. Ihr Indierock besitzt klare Intervallgrenzen, die er nicht überschreitet. Da nicht jeder Song ein potentieller großer Hit ist, komme ich zur Hälfte des Sets etwas schwere Beine. Das Konzert fängt an, sich zu ziehen, und ich überlege, ob ich nicht eher gehen soll. So richtig reißen mich die Songs in diesen Momenten nicht mehr mit, die Begeisterung ist ein wenig der Langeweile gewichen. Nichtsdestotrotz harre ich aus und sehe so noch das solo gespielte „Still clean“ (ihre Kollegen warten derweil einen Song lang am Bühnenrand) und verpasse auch nicht die schönen „Your dog“ und „Don’t ask me“.

Alles in allem war es ein gutes, unterhaltsames und schönes Konzert. Allerdings auch ein unspektakuläres, an das ich mich wahrscheinlich nicht länger erinnern werde. Und ich fürchte, ich verwechsle Soccer Mommy oft mit Snail Mail.

Setlist:
01: Abigail
02: Circle the drain
03: Driver
04: Bones
05: Shotgun
06: Dreaming of falling
07: Cool
08: Thinking of you
09: Some sunny day
10: M
11: Lost
12: Still clean
13: Royal screw up
14: Salt in wound
15: Your Dog
Zugabe
16: Don’t ask me

Kontextkonzerte:
Soccer Mommy – Primavera Sound Festival Barcelona, 30.05.2019

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