Es gab keine Vorgruppe.
Bewertet man die Größe einer Band nach der Größe des Nightliners, mit dem sie durch die Lande gondelt, dann zählen Moke zu den ganz großen. Ein solches Gefährt sieht man selten auf dem Hof des Gebäudes 9.
Das es aber eben hier steht, und nicht ein paar Meter weiter vor der Kölnarena, verrät dann doch die wahren Machtverhältnisse. Moke sind (noch) nicht das, was sie auf den Autobahnen scheinen zu sein. Wenigstens nicht in Deutschland. In den Niederlanden mag das anders sein. Genau weiß ich es nicht, aber wer im Champions League TV läuft, und Kategorie ‘Best Alternative Rock Band’ bei den 3FM Awards des niederländischen öffentlich-rechtlichen Radiosender gewinnt, der kann dort nicht vor 200 Leuten spielen.
Auch bei uns kennen Moke die größeren Hallen. Sie waren im letzten Jahr Vorband vor Paul Weller, Keane und vor ein paar Tagen Opener vor Amy MacDonald. Somit haben sie die Mainstreammasse kennengelernt, und die Mainstreammasse kennt Moke. Die halbstündigen „Vorband- Moke“ scheint dem Gelegenheitskonzertgänger aber zu genügen, denn im Gebäude 9 unterhielten die Niederländer gerade mal geschätzte 200 Menschen. Das klingt nicht nach viel, ist in meinen Augen aber beachtlich, wenn man bedenkt, dass Moke radiotechnisch überhaupt nicht existieren und auch in den Musikzeitschriften eher Mitläufer als Headliner sind. (Da fällt mir ein und auf: warum machte 1live After-Show Interviews bei einer Band, die bis dato null Airplaysekunden bekommen hat? Egal.)
Vielleicht hat jemand in der Radioredaktion Bildzeitung gelesen, dort diese Schlagzeile entdeckt und sich gedacht, „Mhh, interessant, da schauen wir mal vorbei.“
Also, ein nicht allzu leerer Konzertsaal wartete geduldig bis die fünf stilsicher gekleideten jungen Männer die Bühne betraten.
Mit „Bygone“ und „Last chance“ hauen Moke zum ersten Mal in die Vollen. Gitarrist Phil Tilli, rechts außen am Rand der zu klein wirkenden Gebäude 9 Bühne platziert, reißt erstmals seine Gitarre in die Luft. Alles klar, die Band ist angekommen. Die nächsten Songs gehen ihnen zügig von der Leber. Somit ist die Hälfte des Sets schon rum, als das erste aha Erlebnis aufkommt. Diesen Synthieanfang, den kenn ich doch! Ach ne, sie covern Depeche Mode. Sehr schön. Der anfangs gewebte Synthieteppich (Musikzeitschriftenjargon) weicht im Verlauf des Songs mehr und mehr den Gitarren. „Enjoy the silence“ ist ein gut gewähltes Cover, es passt wunderbar in den Moke Kontext und harmoniert schön zu Felix Maginns Stimmlage. Mehr als ein Highlight! Dieses Stück sollte nicht auf einer B-Seite verschimmeln!
Moke beweisen musikalische Stilsicherheit. Genau wie auf der Bühne. In der Hauptsache dunkles Bühnenlicht schafft eine altmodisch wirkende Konzertatmosphäre. Die Verstärkerboxen sind orange umkleidet, die Band trägt schwarz. Gerade erst haben die Mods aus den Niederlanden einen Ausrüstervertrag mit dem Modemann Lagerfeld unterzeichnet. Das Outfit in Slimfit Hemden sieht gut aussieht, keine Frage.
All das wirkt sehr stimmig und durchdacht. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass die Moke-Propagandamaschine bis ins kleinste durchkonzeptioniert ist. Am Nachmittag ein kleiner Auftritt im Normal Plattenladen, Moke Sticker schon beim Amy MacDonald Konzert an jeder Tür, die durchgestylte Webseite und eben die perfekt passende Bühnenkomposition. Hier will niemand etwas dem Zufall überlassen. Das Management plant großes!
Mit „This plan“ und „Summer“ endet nach einer Stunde das reguläre Set. Vor „Summer“, das mich bei jedem Hördurchgang mehr und mehr an The Mission erinnert) spielen sie als quasi Intro ein gothic- und ebm-geschwängertes Stück mit starken Keyboards und Drums, das nahtlos in eben jenes „Summer“ übergeht. Wer oder was hier gecovert wird, muss ich noch herausfinden, aber wiederum gilt: sehr passende Anleihe an den so tollen britischen Indiesound der Endachtziger.
Mit „Terrible End“ haben Moke den idealen finalen Konzertsong, doch das zweite Lied der Zugabe ist nicht das Ende des Konzertes. Den Abschluss bildet, wie schon im Amy Vorprogramm, das live sehr wuchtige „The Long Way“.“My favorite song at the moment“, bemerkte Sänger Felix Maginn. Meiner auch.
So ziehen die 75 Minuten Moke ins Land wie geschnitten Brot. Das war kurzweilige Unterhaltung der gehobenen Art.
Die wahren Indienerds bevorzugten gestern vielleicht das „School of seven Bells“ Konzert im Kölner Stadtgarten. Da ich traditionell mehr den britischen Popperlen zugeneigt bin und von einem Nerd weit, weit entfernt, verschlug es mich ins Gebäude 9. Ich erlebte einen soliden Abend mit feinsten Popperlen. Natürlich noch nicht so klar wie bei The Verve oder Paul Weller, aber schon ziemlich nah dran.
Moke haben mit Shorland erst ein Album veröffentlicht, dem Set merkte man dies in keiner Sekunde an. Und, was mir schon bei Amy und Paul im Vorprogramm aufgefallen ist, bemerkte ich auch hier. Live entwickeln die Songs mehr Dynamik, werden rauer und dramatischer interpretiert.
Als ich die CD das erste Mal hörte, musste ich bei den Klängen von „This plan“ an die Editors denken. Live ist das anders. Moke haben vielmehr von den endachtziger U2, von The Mission, von Duran Duran und all den anderen Bands dieser Generation.
Die Editors oder Interpol, mit denen sie gerne in einem Atemzug genannt werden, hörte ich gestern nicht.
„Moke ist die Rückkehr des 80er-Jahre-Gitarren-Rock“, schreibt der Musikexpress. Recht so!

Setlist:
01. Emigration song
02. Bygone
03. Last dance
04. Cupar Street Riot
05. Rule the world
06. Song that you sing
07. Heart without a home
08. Enjoy the Silence (Depeche Mode Cover)
09. Only one I had
10. This plan
11. Here comes the Summer
Zugabe:
12. This life
13. Terrible End
14. Long way

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Multimedia:
Fotos: frank@ipernity
Archiv: Amy MacDonald – Bochum, 26.02.2009
Archiv: Paul Weller – Köln, 06.10.2008

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. andrea

    Ich bin mir doch sehr sicher, dass der vorletzte Song Terrible End heißt.

    1. frank

      Du hast natürlich vollkommen recht. Ich verbessere es. Danke für den Hinweis!!

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