Ort: Theater Heerlen, Heerlen
Vorband: Nicole Atkins

eels

Mark O. Everett. Immer wenn ich sein Gesicht vor Augen habe und seine Songs höre, muss ich an Physik denken. Und ich hasse Physik. In der Schule war es eines meiner noch weniger geliebten Fächer, was Wechselstrom ist und wie ein Fernseher funktioniert, werde ich nie begreifen, mal ganz abgesehen von diesem Teilchenkram und Einstein. Manchmal frage ich mich schon verwundert, wie ich es geschafft habe, Ingenieur zu werden und warum. All das ganze Technikgedöns hinterfrage ich nicht, verstehe ich nicht. Aber sagt man das nicht Ingenieuren nach: Technikaffinität und ein Gespür für das naturwissenschaftliche. Wenn dem so sein sollte, bin ich ein falscher Ingenieur, einer, der sich für all das nicht begeistern kann. Da halfen auch zwei Vorlesungsstunden bei Mr. E nicht. Leider. Aber etwas blieb immerhin hängen: ein Zustand wird durch den Beobachter Realität. Das tut gut zu wissen.
Die Vorlesungsstunden bekam ich 2008. Zweimal. Mark Everetts Vater Hugh Everett III. war ein berühmter Physiker und Wissenschaftler. Er hat in den 50ern Wichtiges in der Quantenphysik entdeckt und im Rahmen der 2008er Tour gab es die BBC Dokumentation über Hugh Everett III. als Vorprogramm zum Konzert. Es waren zwei tolle und interessante Abende. Auch mein letztes Eels Konzert war interessant. Es war genau wie heute im Theater in Heerlen, allerdings in einem größeren Saal. Seinerzeit gab es im Vorprogramm einen Clown, der Luftballons verteilte und weitere kindergeburtstagsartige Späße aufführte. Ihn fanden wir nur bedingt lustig, sein Auftritt brachte überdies den Zeitplan soweit nach hinten, dass wir erst gegen Mitternacht aus der Grenzstadt loskamen.
An diesem Abend war mir so ziemlich alles egal. Ich hatte Zeit, ich freute mich auf die Eels und auf die Fahrt nach Heerlen. Endlich mal wieder in aller Ruhe CDs hören. Also zwei, eine pro Weg. Nach Heerlen fahre ich sehr gerne, ich finde die Stadt schön und ansehnlich. Genau wie das Theater. Insgesamt drei Säle beherbergt das Parkstad Limburg Theaters. Das Eels Konzert findet im Limburgzaal statt, dem zweitgrößten Veranstaltungsraum mit knappen 1500 Plätzen. „Uitverkocht“ steht auf einem Schild neben dem Eingang, darüber hängt digital der Zeitplan:
20.30 – 22.45 Uhr Eels.
Das ist doch planbar. Nicht eingeplant war ein erneutes Clowngastspiel vor dem Konzert. Anders als im Internet angekündigt spielte nicht Nicole Atkins gegen 19.30 Uhr auf, sondern ein Clown bot verschiedenste Clownereien an. Fand ich nicht unterhaltsam, ich hätte mich also nicht so abhetzen müssen. Also nochmal raus an die Luft. Am Merchstand begegne ich Eels Unterwäsche mit Eingriff. Kauft die wirklich jemand?
Nicole Atkins ist eine amerikanische Songwriterin aus New Jersey. Wie schon beim letzten Mal begleitet die Eels Band somit eine Singer/Songwriterin im Vorprogramm. Gut, passt. Die Frau gefiel mir recht gut. Normalerweise stehe ich eher nicht so auf Solofrauen mit Gitarre, Nicole Atkins könnte eine Ausnahme werden. Eine gute halbe Stunde spielte sie Songs aus ihrem aktuellen Album Mondo Amore und liegt damit irgendwo zwischen Roy Orbison und Wilco. Da ich vorher noch nichts von ihr gehört hatte blieb mir eine Coverversion am stärksten im Gedächtnis (der Titel natürlich nicht). Die war toll und passte vortrefflich. Auf der Rückfahrt dachte ich noch, das muss ich morgen mal googlen. Leider stelle ich dann heute fest, dass Nicole Atkins unendlich viele Songs gecovert hat. Von Can bis Nada Surf ist alles dabei.
Auch die Eels spielten Coverversionen. Eigentlich unglaublich, wenn ich bedenke, dass die Band mittlerweile zwei Hände voll Alben veröffentlicht hat. „Itchycoo Park“ von den Small Faces ist eines, „Oh Well“ von Fleetwood Mac ein anderes. Ohh Mr E., beide sind so passend und vortrefflich gewählt, wunderbarst! Dass Eels Konzerte immer auch ein bisschen Show sind, da verrate ich nichts neues. Beim letzten Mal roch alles sehr nach zzTop, davor traten er und sein Kumpel The Chet in feister Boxermanier in den Konzertring ihrer kleinen 2-Mann-Eels-Akustik Tour und mimten Muhammad Ali und George Foreman. Oder vor Jahren, als die Eels mit einem ganzen, kleinen Orchester die Bühne der Live Music Hall sprengten und Mark O. Everett mit Krückstock, Frack und Zylinder das Konzert bestritt..
Dieses Mal sah alles etwas ’normaler‘ aus. Kein Eröffnungsgetöse, nur die ganz normalen Bühnenanimositäten. Umarmungen zwischen den Bandmitgliedern nach jedem Song, einer Heiratsszene zwischen E. und Chet zum zehnjährigen gemeinsamen Touren („Möchtest du Chet, das E. dein Sänger werde bis in alle Ewigkeit?“ „Ick will.“ „Möchtest du E., dass Chet dein Bassspieler sein werde bis in alle Ewigkeit?“ „Ick will.“ Dazu sang er Schlagzeuger Knuckles Bette Midlers „Wind Beneath My Wings“) und einer ewig langen Bandvorstellung mit zahlreichen Kalauern. Ja, die Eels verstehen es, ihr Publikum zu unterhalten.
Zum Großteil gehörte das Konzert dem neuen Album Wonderful, Glorious. Alles sehr rockig, alles sehr erdig. „Kinda Fuzzy“, „Open My Present“, „Peach Blossom“ sind nur drei Songs, die das sehr klar rüberbrachten. Die Eels machen da weiter, wo sie mit „Tomorrow morning“ aufgehört haben, sie schauen auf den Rock der 70er Jahre. Nicht im Programm sind Songs aus der Krisenzeit Everetts. „Electro Shock Blues” und “Blinking Lights and other Revelations” blieben komplett außen vor. Sein Bart ist ab, die blöde turbulente Zeit scheint vorbei. Da ist kein Platz mehr für die sehr autobiografischen Stücke. Muss auch nicht, ist schon besser so, auch wenn ich “It’s a Motherfucker” oder “Woman Driving, Man Sleeping” gerne gehört hätte. Dafür gab es die guten „The Sound of Fear“ und „Fresh feeling“.
Um viertel nach zehn verkündete E. seinen Abschied. Gut, es wird Zugaben geben, bis 22.45 war die Spielzeit ausgewiesen. Und richtig, die Eels kamen zurück. ‚Sie hätten hinter der Bühne mit den ‚städtischen Brandmeistern‘ verhandelt. Eigentlich würden sie gerne drei Songs spielen, man hätte ihnen aber nur ein, oder zwei zugestanden.‘ E. Show again. Schon während der letzten Songs sah man die zwei ‚Brandmeister‘ mit Taschenlampen über die Bühne laufen und an Scheinwerfern, Nebelmaschinen und Verstärkern rumdoktern. ‚Aber kein Problem‘, so E., mache man eben aus zwei Songs einen. Und so gab es als letzte Zugabe ein famoses mash-up aus “My beloved monster“ und „Mr E’s beautiful Blues“. Ein gutes Ende, das jedoch noch nicht das Ende war. Also nicht für alle.
Nachdem das Saallicht anging lungerte ich noch etwas vor der Bühne herum, so wie viele andere auch. Als die „Bühnenmenschen“ schon mit dem Abbau begannen, kam die Eels Band nochmal zurück. „Dog faced boy“, schnell, knackig, rasant. Passend zum Dresscode der Eels Band. Der hieß nämlich: schwarzer Adidas Trainingsanzugs. Und drumherum wurde weiter munter abgebaut. Part of the show, die Eels Konzerte so sehenswert machen!

Die Dokumentation über Photonen, Schrödingers Katze und Mark O. Everett gibt’s noch hier. Sehr sehenswert, sehr lehrreich, sehr nachvollziehbar.

Mulimedia (anderes Konzert, gleiche Tour):

Kontextkonzerte:
Eels – New York, 20.06.2011
Eels – Köln, 20.02.2008
Eels – Washington DC, 29.03.2008

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