Ort: Studio 672, Köln
Vorband: Suburbian Rex
Der Abschluss des Wochenendes. Cymbals eat guitars entdeckte ich vor vielen Jahren mit ihrem Album Why there are mountains und ihren feinen Indiegitarren, die keine weitere Beschreibung benötigen. Das klang, gerade auch wegen der stoisch langweilig wirkenden Gesangsstimme von Joseph D’Agostino nach Pavement und anderen 1990er Jahre do-it-yourself Indierockbands. Also ohrenschmeichelnd.
Also Cymbals eat guitars. Ich ging auf eines ihrer Konzerte, kaufte ihr zweites Album Lenses Alien und war von beidem sehr angetan. Doch dann wurde es ruhig. Die letzte Tour – auch da plante ich, hinzugehen – wurde abgesagt oder verschoben, ich weiß es nicht mehr genau. Ein mögliches drittes Album, sofern es denn eines gibt, ging an mir vorbei. Als im Dezember das diesjährige Primavera Lineup bekanntgegeben wurde, tauchten Cymbals eat guitars darin auf und waren wieder in meinem Gedächtnis. „…and the hazy sea“ kramte ich sofort heraus und hörte es viermal hintereinander. Kurze Zeit später, ist das nun ein dummer Zufall oder nicht, stolperte ich über Konzertankündigungen von Cymbals eat guitars im Februar. Bähm! Gebongt war der Termin im Stadtgarten, denn gegen einen lauschigen Abend mit Indiegitarren spricht nur ein anderer Indieabend mit lauschigen Indiegitarren.
Und den gab es doch tatsächlich blöderweise. Motorama sollten zeitgleich im Gebäude 9 auftreten. Aber diesen lauschigen Indieabend mit der russischen Band hatte ich schon öfters, also entschied ich mich für Cymbals eat guitars.
Als ich das aktuelle Album hörte, war ich überrascht. Die Band hatte sich mehr dem Pop geöffnet, ich hörte mehr Keyboards als ich es in ihrem Sound in Erinnerung hatte. Ah, dachte ich, sie klingen jetzt anders. Aber nicht schlechter.
Cymbals eat guitars sind tatsächlich poppiger geworden. Ich stehe im Studio 672 und gerade läuft der zweite Song des Abends, „Warning“, vom zweiten Album Lenses Alien. Das Konzert nimmt so langsam Fahrt auf, und trotz meiner Feststellung bin ich schon mittendrin und eingenommen vom Popsound der Amis. „…and the hazy sea“ ist kurze Zeit später der erste Höhepunkt. Ein Spitzenhit, der mir – sofern es denn nötig wäre – die Klasse der Band ins Gedächtnis zurückruft: Indiegitarren bester Couleur und ein wunderbar fahriger Gesang. Spätestens jetzt war das Konzert auf der Gewinnerseite. Und da blieb es nicht nur mit den nachfolgenden „Wish“ und „Have a heart“. Auch wenn bei letzterem das Saxophon an diesem Abend nicht mit dabei war. Nein, Cymbals eat guitars schafften es, nicht nur mich in kürzester Zeit zu begeistern. Auch die übrigen 50,60 Leutchen scheinen angetan. Vorne links wurde intensiv mit dem Kopf genickt, vor mir ausgiebig getanzt.
Es tut gut, dem diy-Sound zuzuhören. Die kleinen Keyboards, die nicht zu aufdringliche Gitarre, das ruhige Schlagzeug. Es entwickelt sich ein tolles Indiekonzert, das so unaufgeregt amerikanisch rüberkommt, dass ich an die Lemonheads, Car Seat Headrest oder +/- oder Pompeii denken muss. Es sind perfekte Indiepopsongs, die so umwerfend unprätentiös vorgetragen werden, dass ich alles andere vergesse. So schön andere Musik auch ist, diese hier ist mir die allerliebste. Warum vergesse ich das bloß immer wieder.
Die neuen Songs kenne ich nicht, aber ich fühle mich beim ersten Hören direkt heimisch. Sowas ist stets ein gutes Zeichen dafür, dass mir ein Konzert gefällt. Das neue Album heißt übrigens Pretty years, und es muss gut sein.
Der Abend verschlingt die Minuten im Sekundentakt. Ruckzuck sind Cymbals eat guitars durch. Zum Abschluss kommt Joseph D’Agostino nochmals alleine zurück, schnappt sich die Gitarre und spielt einen Song, der – falls er je für einen Film- oder Seriensoundtrack entdeckt werden sollte – die Band auf das nächste Level heben könnte. Er war großartig, auch objektiv betrachtet. Und hey, ein bisschen mehr Bekanntheit als ein paar Duzend Besucher hätten Cymbals eat guitars allemal verdient.
Dieser Auftritt war so schön unspektakulär. Ganz im Gegensatz zur Vorband Suburbian Rex. Die Jungspunde aus Jülich hatten alle Schulkameraden mitgebracht und nutzten die Auftrittsgelegenheit, mal so alle Rockgesten, die sie von Rock am Ring Besuchen her kennen, selbst anzuwenden. Meine Hände wollten sie sehen, sie nötigten mich, meinen Handyakku auszupressen, nur um mit dem Kameralicht ein bisschen ‘Stimmung‘ herbeizuholen und sie zwangen mich, mich auf den Boden zu setzen um anschließend mit dem Bassisten im Innenraum rumzuhopsen. Aber nichts von dem haben sie von mir bekommen, all das überließ ich ihren drei Kumpels.
Dabei sind sie musikalisch nicht übel und zeigten Potential. Hätten sie doch nur mehr die Musik sprechen lassen, sie hätten vielleicht mehr Freunde gewonnen als die, die sie schon haben. Suburbian Rex waren immer dann am besten, wenn sie nicht zu sehr nach den Beatsteaks oder den Arctic Monkeys. Der Gesang gefiel mir gut, die längeren Gitarrenpassagen waren nicht verkehrt. Vielleicht schaffen sie es irgendwann bis ins Stadion, dann ist das alles okay mit dem Handy, dem hopsen und den Händen. Aber hier und jetzt irritiert mich sowas nur sehr.
Pretty years habe ich mir anschließend am Merchstand geholt. Ich mache das nicht oft, oder anders gesagt, ich kaufe mir oft nur Platten am Merchstand, wenn mich ein Konzert so richtig überrannt hat. Dieses Konzert hat mich überfahren!
Kontextkonzert:
Cymbals eat guitars – Köln, 12.01.2012 / MTC