Ort: Bumann & SOHN, Köln
Vorband:

Courting - Köln, 17.04.2024

Kenne ich den Bassspieler? Ich bin nicht sicher, aber zumindest kommt er mir bekannt vor. Minutenlang quält mich dieser Gedanke. Woher könnte ich ihn schon einmal gesehen haben. Ich suche in meinem Kopf nach einer Antwort, finde jedoch keine. Vielleicht hat Connor McCann nur ein Allerweltsgesicht, vielleicht spielte er aber auch den Bass bei irgendeiner weiteren dieser jungen britischen Post-Punk Rockbands, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Googlen zumindest bleibt zwecklos; es gibt zwei weitere Gitarristen, einen Sänger, einen Rugby- sowie einen Basketballspieler namens Connor McCann. Ich will da jetzt nicht alles durchklickern. Die Frage bleibt somit vorerst unbeantwortet.
Wie so oft bin ich etwas zu spät im Bumann & SOHN. Es ist jedoch nicht voll und ich finde tatsächlich noch einen Platz relativ nah an der Bühne. Gut so, und auch gut, dass ich mich gegen einen Platz in der Saalmitte entscheiden habe. (Abgesehen von allem: in der Saalmitte steh ich eh‘ nicht gerne. Das vermeide ich, wenn irgendwie möglich.) Eine Kölner Band bestreitet das Vorprogramm. Den Namen bekomme ich nicht mit. Anfangs erinnerten sie mich an Fugazi, später an Isolation Berlin. Sicher liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Ich kann es nach wenigen Minuten nicht wirklich beurteilen.

Courting. Vier Jungs aus Liverpool. Schlagzeug (Sean Thomas), Gitarre (Joshua Cope), Bass (Connor McCann), Gesang (Sean Murphy-O’Neill). Zwei Alben gibt es bisher, Guitar Music aus dem Jahr 2022 und die brandneue Platte New Last Name. Ich entdeckte Courting über ihre Songs „Football“ und „Tennis“. Beide gehören für mich in die Kategorie New British Post-Punk. Die Zeit schreibt über die Band:

Courting heißt nun eine Band aus Liverpool, mit der vielleicht alles anders gekommen wäre, hätte sie ihr Debütalbum Guitar Music nicht erst jetzt veröffentlicht, sondern schon im Januar. Die Gruppe ist nicht zu schlau für Popsongs und nicht zu blöd für deren Dekonstruktion. Ihr Sänger Sean Murphy-O’Neill textet klug, aber nicht neunmalklug über sein alterstypisch verschwendetes Großstadtleben. Ihre Songs sind voller Dellen und Macken, ohne jemals irreparabel kaputtzugehen.

zeit.de

Okay. Was ich an diesem Abend feststelle ist, dass Courting nicht die nächsten Yard Act, Squid, Death Letter oder Fontaines D.C.. Nicht, weil ihre Songs nicht gut sind, sondern weil sie so gar nicht in die musikalische Schublade der genannten Bands passen. Bis auf die beiden Sportlieder sind Courting eher Pop-Rock als Post-Punk, wie ich finde. Aufgefallen ist mir das so ab Song 4, der mich sehr stark an die Band Wheatus denken ließ.
Und das überraschte mich dann doch. Und zwar positiv. Ihre Songs klingen gut, sind mitreißend und würden jeder Indiedisco gut zu Gesicht stehen. Von daher alles richtig gemacht. Allerdings empfinde ich sie auch als sehr vorhersehbar. Würde ich die Songs einzeln hören, würde ich das wahrscheinlich gar nicht sonderlich merken; im Konzert allerdings ist das anders. Nach einer guten halben Stunde verliere ich daher etwas die Konzentration. Courting spielen nun ein paar – wie ich finde – schwächere Songs und die Gitarre fängt tatasächlich an, ein bisschen zu nerven. Dafür wird das Setting interessanter: immer wieder verschwinden einzelne Musiker im Zuschauerraum und es wird versucht, ein Moshpit zu initiieren (der Versuch scheitert eher kläglich). Den braucht es eigentlich nicht, die Stimmung ist zu diesem Zeitpunkt nämlich schon stark am kochen und überragend gut. Denn Vorhersehbarkeiten hin oder her, das Bumann & SOHN geht gut ab und zeigt sich jugendlich ausgelassen. Das sehe ich hier nicht so oft gesehen. Courting haben die Sache im Griff. Offensichtlich haben Publikum und Band sehr viel Spaß an diesem Band, die Band sogar so viel, dass sie nach einem Wunschsong fragen. „Tennis“ lehnen sie allerdings ab. Zurecht, den haben sie ja auch schon gespielt, und entscheiden dann, „Uncanny valley forever“ eine Chance zu geben.
Nach sehr unterhaltsamen 70 Minuten beenden Courting mit einem sehr guten „Football“ das Konzert. Holla, dieses Konzert hat mich begeistert. Es war ein schönes, grundsolides Rockkonzert.

Setlist:
01: Battle
02: Tennis
03: Crass / We are young
04: Jumper
05: Emily G
06: Happy endings
07: Grand National
08: Popshop!
09: After you
10: Slow burner
11: Uncanny valley forever
12: Famous
13: Loaded
14: Flex
15: Football

Kontextkonzerte:

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