Ort: Stadtgarten, Köln
Vorband: Alex Henry Foster and the long shadows

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Was soll ich noch über Trail of Dead erzählen? Neun Mal habe ich die Band aus Austin nun schon gesehen, neun Mal habe ich meine Konzerteindrücke wiedergegeben. Ich habe das Gefühl, in meinen Berichten alles gesagt zu haben, was ich über Trail of Dead zu sagen habe. Als Fazit nach jedem Konzertbesuch bleibt dabei immer der gleiche Gedanke: was für eine tolle Liveband sie doch sind und wann es die nächste Gelegenheit geben wird, sie wiederzusehen. Das war 2006 so, das ist 2020 so. In dieser Zeit habe ich Trail of dead in der ausverkauften Live Music Hall gesehen, in einer nicht vollen Bonner Harmonie und in vielen Klubs zwischen diesen Größenkategorien. Ich habe quasi alles mitgemacht.

Die nächste Gelegenheit sollte im September letzten Jahres sein. Zum aktuellen Album X: The Godless Void and other stories, es ist ihr 10., war eine Tour geplant. Doch das Album wurde später fertig geworden als gedacht, so dass sie ihre für den letzten Herbst angesetzte Albumtour um 5 Monate nach hinten verschieben mussten. Aus dem 19.09.2019 wurde so der 12.02.2010.

Der Stadtgarten ist voll und ich stolpere in den Auftritt von Alex Henry Foster. Kenn‘ ich nicht; vor der Abfahrt lese ich noch schnell bei Wikipedia folgendes: schwierige Jugendzeit; erstes Album ging auf Platz 3 in den kanadischen Charts. Was auch immer das für mich heißen mag. Der Sänger der kanadischen Alternative Band Your favorite enemies ist mit seiner Begleitband The long shadows im Stadtgarten und sorgt für allerlei Stimmung. Mir scheint, es gibt da eine Fangemeinde. Und was Platz 3 in den kanadischen Charts für eine Rockband bedeutet, höre ich spätestens nach 10 Minuten deutlich heraus: pathosgetragener Mainstreamrock mit Emo und ein bisschen Darkrock Einflüssen. So weichgespülte Nine Inch nails. Ihr letzter Song heißt „The hunter“ und er klingt so, wie es der Name befürchtet lässt. Es ist wohl ihr großes Epos, ihr „Bohemian Rhapsody“. Ich finde ihn nicht ganz so doll. Auf über 10 Minuten dehnen sie „The hunter“ aus, phasenweise spielen sie mit zwei Schlagzeugen. Der Song hat einige schmalzige Augenblicke und mehrmals denke ich, kommt endlich zum Punkt. Aber dann kommt immer noch eine Schleife, noch eine laute Gitarre nach einem leisen Keyboardmoment. Dazu steht Alex Henry Foster sehr oft auf den Monitorboxen. Ich habe das Gefühl, der Band ist die Bühne im Stadtgarten viel zu klein. In Kanada sind sie wahrscheinlich groß und füllen Hallen. In Köln spielen sie im Sommer ein Konzert im Yard Club.

Der Bassist steht etwas abseits am linken Bühnenrand. Aber das ist nicht der Bassist, den ich von den letzten Trail of Dead Konzerten kenne. Ich muss länger überlegen bis ich mir sicher bin. Auf die Distanz ist eine kleine Ähnlichkeit mit Autry Fulbright II nicht zu leugnen. Himmel, fast hätte ich Trail of Dead nicht erkannt. Neue Musiker und Conrad Keely trägt Zottelfrisur und Bart. Nur Jason Reece sieht aus wie eh und je. Aber der kommt als letzter auf die Bühne, und da ist das Licht schon gedimmt.
Sie haben also mal wieder durchgetauscht, oder durchtauschen müssen. Viel Musiker kamen und gingen in den letzten Jahren. Trail of Dead hatten ja einige Umbesetzungen. Als Mitte der 2000er Jahre Neil Busch ging, dachte ich, man würde das merken. Doch ich merkte es nicht. Der lange Schlaks Autry Fulbright II ersetzte ihn zwar nicht perfekt, aber sehr gut. Und mittlerweile ist auch dieser Posten wieder neu besetzt.
Zusammengefasst sieht’s jetzt so bei Trail of Dead aus: neuer Bassist, neuer Gitarrist und neuer Keyboarder. Es verbleiben Conrad Keely und Jason Reece als konstante Elemente in Trail of dead. Neben mir ist man am Diskutieren. Der Gitarrist könnte auch der Sohnemann sein. Ist er aber nicht. Altersmäßig spielen Ben Redman und der Keyboarder AJ Vincent zwar in dieser Liga, mehr ist da aber nicht. Oh ja, gerade die letztgenannten wirken noch sehr jung. Jamie Miller und Autry Fulbright II gehören nicht mehr zur Band. Okay. Später lese ich, dass Conrad Keely und Jason Reece wieder zu zweit …and you will know us by the trail of dead managen. So wie 1994, als sie in Austin die Band gründeten.

Ihr Set ist gut ausgewählt, sie spielen aus fast jedem Album etwas, inklusiver ein paar neuer Sachen. „It was there that I saw you“ kommt früh, von da an wird es minütlich spürbar wärmer im Stadtgarten. „Isis unveiled“, „How near how far“, “Worlds apart“, „Cauterwal“, „Will you smile again”, “Another morning stoner”. Es sind natürlich die großen Hits, die für die meiste Bewegung im Publikum sorgen. Und ja klar, es macht immer Spaß, diese Songs live zu hören. Für mich sind das Evergreens, die mich auch live noch nie enttäuscht haben.

Mit am beeindruckendsten bei Trail of Dead finde ich das Schlagzeugspiel. Es hat so viel Wucht und so viel Antrieb wie ich es bei kaum einer anderen Band kenne. Also selbstverständlich gibt es da welche, aber bei Trail of Dead fällte es mir bei jedem Hören direkt auf. Der Beginn von „Will you smile again“ zum Beispiel ist so ein Moment, bei dem ich auch nach dem 100sten Durchlauf immer noch denke: wow, wie großartig. Ich sah schon einige Schlagzeuger und ich frage mich, was wohl im Bewerberprofil für diesen Job steht.

Du bist Gitarrist? Du hast keine Angst davor, Schlagzeug zu spielen? Dann komm zu uns.

Aber hey, du musst wirklich Schlagzeug spielen können. Am besten so wie Grobi, mit vollem Körpereinsatz und so laut wie möglich. Der Job ist eine 50/50 Sache. Jason Reece – aus der Erinnerung an die Trail of Dead Vergangenheit behaupte ich, er ist im Hauptberuf Schlagzeuger – wechselt sehr oft an die Gitarre. Und immer, wenn er das macht, wechselt der Gitarrist an die Trommeln. Das war früher Jamie Miller, das ist auf dieser Tour Ben Redman. Und der pumpt ordentlich nach seinen Einsätzen. Oh ja, Schlagzeuger bei Trail of Dead ist ein enorm anstrengender Job. Aber ich denke, auch das steht im Bewerberprofil.
Neben dem Schlagzeug mag ich diese Gitarre, die wie eine Schaukel im Wind hin- und herpendelt. Man kann sie sehr oft in Trail of dead Songs hören. Hier ein Beispiel. (Es ist nicht das stärkste Beispiel, ein anderes Video habe ich leider gerade nicht zur Hand. Doch ich glaube man merkt, was ich meine):

Es gibt kaum etwas Schöneres in der Musik.
Was ich an diesem Abend noch feststellen darf ist, dass die Hannover Phase der Band (2012 haben sie hier ein paar Songs aufgenommen) sprachliche Spuren hinterlassen. Es sind nicht nur die Wörtchen ‘Danke‘ und ‘Guten Abend‘, die Conrad Keely drauf hat. Auch in landestypischen Trinksprüchen kennt er sich aus:

Nicht lang schnacken, Kopp in Nacken.

In diesem Sinn, es war ein feuchtfröhlicher Konzertabend. Bekanntermaßen nutzen Ü40 Gelegenheitskonzertgänger in Pennywise und anderen ollen Band T-Shirts jede Gelegenheit zur Trinkpause.

Das gute Gefühl nach einem Trail of Dead Konzert, berechenbare Konzertzuschauer; einige Dinge ändern sich nie.

Setlist:
01: The opening crescendo
02: All who wander
03: It was there that I saw you
04: Into the godless void
05: Isis unveiled
06: Don’t look down
07: Children of the sky
08: How near how far
09: Bells of creation
10: Weight of the sun
11: Ebb away
12: Worlds Apart
13: Homage
14: Clair de Lune
15: Caterwaul
16: Will you smile again?
17: Relative ways
18: Mistakes & Regrets
Zugabe:
19: Another morning stoner
20: Aged dolls
21: A perfect teenhood

Kontextkonzerte:
…and you will know us by the trail of dead – Köln, 13.06.2018 / Gebäude 9
…and you will know us by the trail of dead – Bonn, 23.03.2013 / Harmonie
…and you will know us by the trail of dead – Köln, 18.10.2012 / Gebäude 9
…and you will know us by the trail of dead – Duisburg, 05.10.2012 / Grammatikoff
…and you will know us by the trail of dead – Esch-Alzette, 13.04.2011 / Rockhal
…and you will know us by the trail of dead- Düsseldorf, 27.03.2011 / Zakk
…and you will know us by the trail of dead – Bochum, 11.07.2009 / Zeche
…and you will know us by the trail of dead – Köln, 14.05.2009 / Live Music Hall
…and you will know us by the trail of dead – New York, 12.11.2006 / Irving Plaza

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