Ort: Bumann & SOHN, Köln

Als Kevin Morby sie im August 2017 fragt, ob sie mit ihm auf Tour gehen möchte, gibt sie ihren Nebenjob auf und wird Vollzeit-Musikerin. “August” heißt nun ihr Einstand bei Sub Pop Records, der Schatzkammer des US-Indie.

Es stürmt nur noch halb so stark wie tags zuvor. Dafür regnet es. Stark. Gibt es schlimmeres, als Regen, der vom Wind getrieben einem seitlich gegen die beine peitscht? Ich denke nein. Normalerweise ist das ein Abend zum zuhause zu bleiben. Normalerweise sollte ich auf der Couch sitzen und Bad Banks zuende schauen. Normalerweise. Aber ich war dieses Jahr noch nicht oft auf Konzerten und an diesem Abend finden gleich zwei interessante Sachen statt. Als Entscheidungshilfe entpuppte sich ein Ticketgewinn für das Bumann & SOHN. Shannon Lay und Mikal Cronin, ein Konzertdoppel, dass ich eh auf meiner Liste hatte. Also raus in den abflauenden Sturm. Überhaupt, ist Regen nicht das perfekte Indierock-Wetter? Unromantisch betrachtet nein, anders vielleicht ja. Prasselnder regen, leichte Nässe und dazu Indierock, für mich passt das sehr gut zusammen. Wer mag schon bei Sonnenschein und 30 Grad melancholische Gitarren hören?
Ich komme auf Indierock, weil ich nach ein paar Videoclips der Meinung bin, dass Shannon Lay Indierock macht. Ich höre da viel Waxahatchee heraus. Shannon Lays Album August wurde auf dem ex-Grunge Label Sub Pop veröffentlicht. Und da haben wir den Regen wieder; in Seattle regnet’s ja gefühlt immer. August ist ihr drittes Soloalbum. Zuvor hatte sie in einigen Bands mitgewirkt und Alben veröffentlicht. Die kenne ich jedoch nicht.

An diesem Abend tritt Shannon Lay ohne Begleitband auf. Es geht also etwas ruhiger zu, auch etwas melancholischer. Die Kalifornierin müht sich erst gar nicht, laut zu werden. Behutsam streichelt sie die Gitarrensaiten, es wirkt alles sehr bedächtig. Das lauteste Geräusch spielt sie am Ende ihres Konzertes, das sie mit einem kräftigen Saitenzupfer beendet. ‘Pläng‘.

Gut vierzig Minuten zuvor wirkt sie unschlüssig. Etwas hilflos irrt sie durch den Saal. Soll sie nun, darf sie nun anfangen, so deute ich die Szenerie die erst nach ein, zwei Minuten aufgelöst wird. Das licht konzentriert sich auf die Bühne und die Gespräche verstummen. Shannon Lay nimmt auf dem Hocker Platz, schnallt sich die E-Gitarre um und legt los. Von der ersten Sekunde fühle ich mich gut aufgehoben. Obwohl ich kaum einen Song kenne, bin ich direkt dabei. Das sollte mich nicht verwundern, denn mit meiner Vorliebe für gute Singersongwritermusik liege ich mit meinem Musikgeschmack genau im Focus. Und Shannon Lay macht sehr gute und sehr schöne Musik. Die Gedanken an die Crutchfield Schwestern und ähnliche kommen mir auch jetzt in den Sinn. Ja, das hängt irgendwie alles zusammen.
Nach dem zweiten Song erlischt der einzig leuchtende Deckenstrahler. ‘Now it‘s gonna be a good evening.‘ wird dies wohlwollend von ihr kommentiert. Ab jetzt ist es endgültig gemütlich im Bumann & SOHN. Die ersten setzen sich auf den Boden, die Lichter der Smartphones werden weniger. Nur das Dröhnen der Kaffeemaschine hinter der Theke stört zweimal kurz das Ambiente. Mir kommt Grant-Lee Phillips in den Sinn, der einmal eine Geschichte über eine Margarita-Maschine erzählte, die ihm während eines Auftritts in einer Bar in Texas permanent in die Parade fuhr. Nun, so schlimm ist der Kaffeeautomat im Bumann nicht. Ich denke, er wird nicht Teil einer immer und immer wieder vorgetragenen Bühnenstory.

Es macht Spaß, Shannon Lay zuzuhören. Wenn es nach mir ginge, könnte sie endlos weiterspielen. Doch alles hat ein Ende. ‘Should i play one or two more songs?’ fragt sie nach viel zu wenigen Minuten. ‘Ten!‘, lautet die schlaue Antwort aus dem Saal. Na schau, nicht nur ich bin begeistert. Natürlich wurden es keine 10 weiteren Songs, aber mehr als zwei und darunter das tolle Karen Dalton Cover „Something on your mind“.

‘Pläng‘. Zum Schluss wird es doch noch laut. Shannon Lay erhebt sich von ihrem Hocker. Das war’s. Ein wunderschönes Konzert ist vorbei.

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