Draußen rieselt der Schnee. Es ist einer dieser typischen lazy Sonntagnachmittage im November. Zum kurzfristig abgesprochenen Brunch hören wir „Lambchop“ und „Get well soon“, definieren „Mudhoney“ als die besseren „Nirvana“ und glauben, dass Acer mit dem Acer Aspire One das derzeit beste Netbook auf den Markt geworfen hat.
Gegen Abend ist der Suppentopf leer, die Brötchen vertilgt und der Koffeinhaushalt mehr als ausgeglichen, so dass wir uns langsam auf den Weg ins ausverkaufte Luxor machten. Dort stand mit „Cut off your Hands“, „Friendly Fires“ und den „Foals“ ein ganz besonderes Bandtriple auf dem Abendprogramm.

Foals 23112008

Die Welt sieht aus wie ein Cafe Latte. Eine feine, dünne Schneeschicht hat sich auf die Natur und Kultur gelegt. Der Weg nach Köln geht dennoch problemlos vonstatten. Gegen 20.30 Uhr erreichen wir das Luxor und kommen gerade rechtzeitig zur ersten Band des Abends. Cut off your Hands, von denen ich einiges an Positivem gehört hatte, eröffnen den Reigen. Der Saal ist schon gut gefüllt, obwohl der eigentliche Beginn überall mit 21 Uhr angepriesen wurde. Also glücklich derjenige, der etwas zu früh dran war. Und sei es auch nur, weil er aufgrund des Wetters ein bisschen mehr Zeit einkalkuliert hat. Nun wurde er mit dem vollen Genuss des Cut off your Hands Programms belohnt. Obwohl, war es eine Belohnung?
Ich hätte gut drauf verzichten können. Was sich gut anließ, wurde im Laufe des halbstündigen Sets doch sehr schwerfällig und anstrengend. „The Strokes“, dachte ich mehrmals, zum Ende hin auch öfter „The Strokes und Blink 182“. Zwischendurch auch kurzzeitig Cop Shoot Cop, nämlich genau in dem Moment, als Sänger Nick Johnston zwei Sticks durch übermotiviertes Schlagen aufs Schlagzeugbecken zerstörte.
Was sonst noch hängenblieb waren zwei klägliche Stagedive Versuche Nick Johnstons, die aber mangels Auffangbereitschaft der vorderen Reihen kläglich scheitern und das zweimalige Spucken an die Decke. Ob der Rotz wieder heruntergekommen ist, oder heute noch dort verharrt, ist mir relativ egal. „Cut off your Hands“ irgendwie auch.
Nach einer guten halbstündigen Pause folgte der Abend zweiter Teil. Mittlerweile war es proppenvoll und das junge Publikum in Feierlaune. Friendly Fires waren sowas wie der erste Hauptact des Abends. Die Band hat, genau wie die später auftretenden Foals gerade ihr erstes Album veröffentlicht und wurde in diesem Sommer schon mit einigen Lorbeeren ausgestattet. Von den Konzertveranstaltern ein guter Schachzug, zwei Newcomer gemeinsam auf Tour zu schicken. Gerade auch, wenn sie musikalisch nicht sie weit auseinanderliegen wie die beiden F-Bands von der Insel.
Warum geschieht dies eigentlich nicht öfter? Gerade in den letzten Monaten, bei dem Überangebot von Konzerten, bei der sich einschleichenden Idee, auch ohne neues Album auf Tour zu gehen um Geld zu verdienen, bei den doch teilweise nicht ganz billigen Tickets, warum schnürt man nicht häufiger Bandpakete mit ein, zwei Bands, die sich ergänzen oder nicht, die aber gemeinsam mehr Leute in die Clubs ziehen als sie das alleine tun würden. Wären dann nicht alle glücklicher? Wir, die wir nicht nur eine Band für 45 Minuten sehen (weil nach einem herausgebrachten Album das Material nicht mehr Spielzeit hergibt), die Clubs, weil sie mehr Umsatz machen und die Veranstalter, weil mehr Karten verkauft werden. Es kann für Bands wie Ra Ra Riot nicht schön sein, vor 30 Leuten zu spielen. Warum sie also nicht gemeinsam mit, z. B. Liam Finn, der morgen im Blue Shell spielt, oder The Audience, die in den nächsten Tagen in Köln gastieren, durch die Lande schicken. Mit dem entsprechend angepassten Ticketpreis würden zu diesem Triple bestimmt mehr Leute hingehen als zu den Einzelshows. Und jede wenn jeder Act seine 45 Minuten abreißt, ist der Abend eine runde Sache.
Vielleicht ist das ein Weg, den die Veranstalter öfter gehen sollten. Oder denke ich zu naiv?
Gestern jedenfalls ging diese Paketstrategie auf.
Aber zurück zu den Friendly Fires. (Die ich mir solo im Übrigen nicht angeschaut hätte)
Arte.tv schreibt über die Band aus England:
„Zwar hört man bei den Friendly Fires eindeutig den Einfluss elektronischer Musik heraus, allerdings immer mit einem Gespür für echten Brit-Pop im Stil der Klaxons und Hot Chip. Ihr energiegeladener Elektro-Disco-Rock geht direkt in die Beine. Das Erfolgsrezept ist eine trendige Mischung zwischen Rock aus den 80ern, Disco-Punk und Pop.“
Indieelektro nennt man das neudeutsch. Ich hab schon viel drüber gelesen, aber wenig gehört. Die Klaxons gingen voll an mir vorbei, und auch Friendly Fires kenne ich nur von ihrem wunderbaren Lykke Li Cover „I‘m good, i’m gone“
Als die Band die Bühne betrat, die ersten Mädels anfingen dezent zu schreien und ich blaue und grüne Neonarmbänchen entdeckte, war der Friendly Fires Drops schon halb gelutscht. Nach den ersten drei Songs war er weg. Indieelektro ist nicht mein Ding! Ein, zwei Stücke sind okay, aber auf Konzertlänge, nee, tut mir Leid.
Dafür hatte erstmals das Luxor seine große Freude. Dichtes Gedränge vor der Bühne. Hüpf- und Tanzstimmung! Leider haben sie das tolle Lykke Li Cover nicht gespielt. Auch Friendly Fires durften eine halbe Stunde ran, und brachten mit dem abschließenden Paris das Luxor zu richtig auf Betriebstemperatur.
Die Temperatur war immer noch kurz vor dem Siedepunkt, als die Foals unter großen Jubel die Bühne betraten. Vergessen war die doch sehr lange Wartezeit bis kurz nach Elf, der Moshpit war nicht zu bremsen, als French Open sofort alle Dämme brechen ließ, und der Security-Mann mehr als einmal grimmig von der Bühne schauen musste.
Ich war froh, dass mit Cassius nicht gleich ein weiterer Kracher nachgelegt wurde, sondern die fünf Freunde aus Oxford erst mal das Tempo ein wenig rausnahmen.
So blieb Zeit, um sich das Bühnenbild näher anzuschauen. Hingucker eins: Steht da TAFKAP (zu der Zeit mit Kurzhaarfrisur und Dreitagebart) auf der Bühne? Eine Ähnlichkeit mit dem amerikanischen Wunderkünstler der Endachtziger Jahre ist in Nuancen durchaus gegeben.
Hingucker zwei: Ich hatte mir die Foals total anders vorgestellt. Irgendwie cooler, mehr mit kurz unter dem Kinn hängenden Gitarren wie bei Albert Hammond jr., irgendwie reservierter, bewegungsärmer. Die stagediving Einlage von Yannis Philippakis oder sein abtauchen in die Zuschauermenge – weil er nicht gerade groß ist hab ich gar nicht mitbekommen, wie er plötzlich gitarrespielend hinter mir stand – waren Überraschungen für mich.
Ebenso hatte ich erwartet, dass die Songs live schneller gespielt werden. Noch ein Irrtum! Stattdessen wurden die einzelnen Stücke gekonnt ausgedehnt und sie konnten so ihre brachiale Wucht voll ausleben. Toll! Eh einmal von den eingängigen und sehr tanzbaren Foals- Sounds angefixt, kommt man so schnell nicht mehr von ihnen los. Punk, Rock, dazu zackige Beats und nicht ganz soviel Elektroschwerpunkte wie bei den Friendly Fires. Das gefiel mir sehr. Eine gute Mischung. Live legen die Foals noch eine Schüppe drauf mutieren zu wahren Bühnenbestien. „The lighthouse is an accident.“
So wurde es ein Abend voller Überraschungen. Da war der schwache Auftakt schnell vergessen und die Freude am Ende sehr groß.
Wenn es den Foals gelingt, ein ungefähr gleichgutes zweites Album nachzulegen, dann sind sie endgültig die Zukunft des Indierock.

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Fotos: frank@ipernity
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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Micha

    Hallo Frank,
    schöner Bericht! So ähnlich hab ich die Foals (nur in größer) auch beim Haldern wahrgenommen :-)

    Liebe Grüße
    Micha

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