Ort: Bahnhof Langendreer, Bochum
Vorband: Mylets
TTNG.
Als ich den Namen im Frühjahr zum ersten Mal bewusst hörte und las, habe ich ihn zugegebenermaßen nicht direkt mit „This town needs guns“ in Verbindung gebracht. Warum auch? Das aktuelle Album 13.0.0.0.0 der Engländer ist noch mit „This town needs guns“ bezeichnet. Also warum hat die Band ihren Namen geändert? Waren es kleine pazifistische Gründe, die sie dazu bewogen haben oder gefiel er ihnen nur nicht mehr?
Auf ihrer tumblr Seite entdeckte ich dazu folgendes Statement:
“I’d also like you to know that my personal want to move away from the full name is completely abstract from any current events or social pressures of political correctness. When the boys asked me if I would consider joining the band, the name made it very difficult for me. I eventually got perspective and realised that the opportunity to work with such amazing musicians was way more important than my dislike of a silly band name. It wasn’t until in the band that the gravity of the name became more obvious, and that it wasn’t just a silly band name. With stories of people being on the receiving end of abuse for wearing the band’s t-shirts, the importance of context on the name was clear – without the knowledge that it was the name of a band, the statement ‘this town needs guns’ is left to be taken literally. As we continue promoting the bands music, the name is going to find itself in more and more places without this qualifying context to excuse it.
I am an adamant pacifist and the idea of guns and indeed any form of violence turns my stomach. The idea of attaching myself to such a statement, that can so readily be taken out of context, and irony overlooked, has felt like a real compromise on my integrity.
Anyways, we are not violent people, we don’t make violent music, why should we have a violent name? I often wonder how many people have been put off listening to the band assuming that the music is really heavy.
So why not change to a completely new name all together? Because we’re still the same band. We still play old songs and want to continue doing so. Sure the band’s evolved since the last release, but TTNG has always been in a state of flux throughout the bands history. In fact, on the album ‘Animals’, for which the band is most known, Stu was the only original member. So that’s it, we’re still the same band, we’re just moving forwards. Changing the name all together would sever the link between the old material and the new and remove it from being seen as the progression that it is as a whole body of work.”
TTNG dann also.
Das Trio aus Oxford macht das, was man gemeinhin als Math Rock bezeichnet. Ihr Sänger ist neu, lese ich heute Morgen, seit einem knappen jahr ist Henry Tremain erst mit dabei. Überdies erfuhr die Band in letzter Zeit einige Umbesetzungen, so dass sich zum aktuellen Album 13.0.0.0.0 quasi eine ganz neue Band formierte. TTNG selbst merkte ich das nicht wirklich an, sie wirkten so, als ob sie schon ewig zusammen seinen. Henry Tremain führte launisch witzig durch den Abend und schaffte es immer wieder, seine Kollegen und den viel zu wenigen Leuten im Bahnhof Langendreer, ein Lächeln und Grinsen abzuringen. Grundsympathisch scheint dieser Kerl. Wie die anderen TTNG’s beiden übrigens auch. Tim und Chris Collins sind dabei so unscheinbar präsent, dass ihr famoses Instrumentenspiel überhaupt nicht auffällt. Es wirkt so beiläufig, aber es ist so perfekt, wie es die Genrerichtung Mathrock benötigt. Die 90 Grad Kurven im Gitarrenspiel, der dezent treibende Schlagzeugwumms. Alles sitzt und passt. Und immer schwingt ein bisschen Selbstironie mit. Das ist gut, Menschen sollten sich eh nicht für zu wichtig nehmen. Musikalisch konnte für mich nichts mehr schiefgehen, als sie im zweiten Song direkt „Chinchilla“ von ihrem Tieralbum „Animals“ spielten. Es ist einer meiner Lieblingssongs des Albums, passte. So machte sich sehr schnell eine schöne Gemütlichkeit und Aufgehoben breit, die nicht wirklich jeder Konzertabend mit sich bringt. Und das lag vor allem an TTNG. Aber auch an Mylets, dem Vorgruppenkünstler und dem gemütlichen Studio im Bahnhof Langendreer.
Als ich gegen 19 Uhr nach Bochum fuhr, hatte ich eigentlich gar keine Lust. So kam ich denn auch so spät wie möglich los, um bloß nicht zu lange rumstehen und auf TTNG warten zu müssen. Für 20 Uhr war das Vorprogramm angesetzt, um halb neun war ich am Opelwerk in Langendreer. Perfekt, dachte ich, als ich den Fußweg herab zum Kulturbahnhof stiefelte. Die Vorgruppe, die mir nichts sagte, und die ich mir vorher nicht angehört hatte, sollte fast durch sein“.
Als ich dann den Saal betrat, fing Mylets jedoch gerade erst an. Warum ich mich jedoch darüber keine Sekunde geärgert habe, ist schnell erklärt. Der Solokünstler, der jede Tonspur mit Loopskrams und feinen Fussfertigkeiten selbst einspielte, war grandios. „Meine drummaschine ist gestern kaputt gegangen, ich muss also heute etwas improvisieren.“ Aha, und wie sieht es dann aus, wenn du nicht improvisieren musst, dachte ich nach einer halben Stunde. Henry Kohen, so sein bürgerlicher Name, hatte mich da mit seiner Mischung aus Ben Lee und Kleenax Girl Wonder bereits voll gepackt. 3 EPs hat er bisher veröffentlicht, ich brauch sie alle. Mensch, dieser Kerl hat es drauf, nur mit seiner Gitarre und ein paar Pedalen eine Atmosphäre zu schaffen, die einen völlig vereinnahmt. Da kann die drummachine noch so kaputt sein.
Manchmal denke ich ja, dieses Loop Ding sei vorbei. Nachdem ich Liam Finn vor einigen Jahren gesehen hatte, dachte ich alles in Sachen Loop gesehen zu haben. Aber dieser Mylets legte nochmals eine Schüppe drauf. Das war famos und Mylets einer der besten Abenderöffner des Jahres.
Die Show von TTNG verfolgte er am Rand stehend. Als er vor der Zugabe gefragt wurde, welches TTNG Lied er den spielen können, zählte er erst „26 is dancier than 4“ und anschließend „und natürlich dieses nananadüdüdü auf.“ Beide Songs passten TTNG aber nicht ins Konzept („Das eine haben wir schon gespielt, Henry.“). Nach kurzer Diskussion einigte man sich auf ein lautes Finale. Sie beugten sich damit dem Druck der dritten Reihe (die ersten beiden waren leer), die lieber das laute Stück hören wollte als das gemütlich-sanft ruhige. Mit viel unnötiger Bescheidenheit erklärte Henry Tremain, dass sie es lange nicht geübt hätten und ob wir wirklich mit einem desolaten Sounderlebnis das Konzert verlassen wollten. Wir wollten. Es war aber nicht so schlimm wie angedeutet. Natürlich nicht.
Ein schöner, verhuschter Abend in einem angenehmen Studio 108 in Bochum Langendreer.