Oder: Vier Tage in Belgien.
Bisher kannte ich zwei Arten von Croque: Croque Monsieur und Croque Madame. Und egal ob mit Spiegelei (Croque Madame) oder ohne, beides sind leckere Sandwich Variationen. Doch dass das nicht das Ende der Croque Variationen ist, lernte ich auf einem verlängerten Wochenendtrip nach Leuven und Gent.
Aber der Reihe nach. Natürlich spielt Musik eine Rolle. Ende Juli bot es sich an, die beiden belgischen Städte mit einem Kurztrip zu verbinden. In Leuven fand das M-IDZOMER Festival statt, das den Startpunkt der kleinen Fahrt markieren sollte. Da es sich aber nunmal nicht lohnt, nur eine Stadt zu besichtigen, ….. ne Quatsch.
Während der Recherche zur Anreise, die der Einfachheit halber mit der Bahn stattfinden sollte, entdeckten wir das sogenannte Duo Ticket der belgischen Bahngesellschaft. Zwei Personen zum Preis von einer Person, den ganzen Sommer lang. Egal wohin, Hauptsache der Zielort liegt in Belgien. Ein Spitzenangebot, wie sich nach einer willkürlichen Preisrecherche herausstellte. Schnell war klar, dass wir den ICE von Köln aus nur bis Lüttich buchen, um von Lüttich-Guilleme mit dem belgischen IC weiter nach Leuven zu fahren (für 11 Euro im Duo Pack) und nicht mit dem ICE nach Brüssel und dann weiter nach Leuven. Zeitlich ist das einerlei und bedarf keiner großen Anschlussrecherche. IC-Züge in Belgien fahren im Halbstundentakt. Doch wie dann weiter? Brüssel kenne ich schon zu genüge und für einen Kurztrip wäre eine etwas kleinere Stadt auch viel geeigneter. Brügge und die Ostsee fallen aus, aber Gent, hey Gent, das kenne ich noch nicht. Zwar war ich vor Jahren beim Gent Jazz Festival, aber das war irgendwo am Stadtrand. Die Innenstadt mit allen Sehenswürdigkeiten sah ich seinerzeit nicht. Leuven kenne ich bisher vom Vorbeifahren und von einer kurzen Stippvisite. Die zählt aber nicht, weil ich nur fünf Tageslichtstunden in der Stadt war und davon zwei im Het Depot verbracht habe. Vom Stadtkern habe ich damals nichts gesehen, erst recht nicht vom alten Stella Artois Gelände, dem zweiten Leuven Hotspot für Touristen.
Also Leuven, also Gent.
Von Leuven nach Gent bezahlen wir dann am Sonntag 14 Euro im Duo Pack. Wie gesagt, ein unschlagbares Angebot! Und da die Wagen durchgängig aus Doppelstockwagen bestehen (und dazu elendig lang), gibt es auch keinerlei Platzprobleme. Will sagen: Guck mal, deutsche Bahn.
Beide Städte sind alte flandrische Städte. Gotische und flämische Bauten zieren die Innenstädte und definieren das Stadtbild. Das sieht in beiden Städten sehr schön aus und vermittelt den Eindruck, dass man hier wie da bestimmt gut wohnen kann. Das alte Kopfsteinpflaster der Straßen und Wege sowie die Giebelhäuser wirken entschleunigend. In dieser Hinsicht tun sich Leuven und Gent nichts. Die Stadtbilder beider Städte sehen zum Verwechseln ähnlich aus. Gent erscheint mir allerdings um einiges größer als Leuven. Der Bahnhof – aktuell eine große Baustelle – liegt etwas außerhalb und ist wuchtiger, die Straßen sind breiter und voller. Leuven dagegen hat das Flair einer kleinen Universitätsstadt. Überschaubar, jünger, dynamischer.
Am Freitagabend kommen wir in Leuven an. Unser Hotel liegt zentral und direkt am Bahnhof. Also perfekt für die Anreise und Weiterfahrt per Zug. Da am Bahnhof die Leuvener Innenstadt anfängt, ist auch der Weg zum Rathaus, Oude Markt, Grote Markt und anderen schönen Orten nicht weit. Günstiger Nebeneffekt: man ist nicht auf das Hotelfrühstück angewiesen, im Bahnhof gibt es die üblichen Bäckereien und Sandwichbuden. Der erste Abend gehört dem M-IDZOMER Festival und dem Innenhof des Museums M Leuven. Auf dem Weg zum Museum und zum wunderschönen Buffalo Tom Konzert laufen wir bereits an einigen Leuven-Landmarks vorbei, denen wir uns aber am Samstag ausführlich widmen wollen.
Am Samstag steht die Innenstadtbesichtigung an. Da ich es immer schöner finde, ohne strikten Plan einen neuen Ort zu erkunden, laufen wir erstmal ziellos in Richtung der must-see Punkte: Oude und Grote Markt, Universitätsbibliothek, Rathaus. Soweit, so schön. Nachdem diese Punkte abgearbeitet wurden, geht es ziellos weiter. Die Straße hoch, grob in Richtung der Abtei Keizersberg und dem alten Brauereigelände, das sich in unmittelbarer Nähe der Abtei befindet. Ganz nebenbei und eher zufällig finden wir auf dem Weg den feinen Plattenladen Bilbo Records, den Klein Begijnhof und das nette Cafe Entrepot im Kunstzentrum OPEK in der Vaartkom. Das Croque Monsieur Duo ist eine uneingeschränkte Empfehlung! Duo steht für die doppelte Version mit vier Toastscheiben anstelle von zweien.
Leuven ist gemütlich an einem Tag zu erwandern. Ich habe am Abend nicht den Eindruck, dass ich etwas Wesentliches bei unserem Stadtrundgang übersehen oder nicht gesehen habe. Aber wer weiß, irgendwas verpasst man ja immer.
Am Sonntag kommen wir nach einer gut einstündigen Zugfahrt nach Gent. Der Bahnhof liegt ein gutes Stück außerhalb der Innenstadt. Da wir uns ein Hotel im Zentrum gesucht haben, mussten wir ein gutes Stück zu Fuß laufen. Das macht so semi Spaß. Denn spätestens, wenn man den inneren Bereich Gents erreicht und die Straßen ein schönes Kopfsteinpflaster zieren, ist das mit einem Rollkoffer nicht wirklich angenehm. Alternativ hätten wir auch die Straßenbahn der Linie 4 nehmen können. Hätten wir den Weg und den Straßenbelag am Anreisetag nicht unterschätzt, hätten wir das auch getan. So sparten wir uns das für den Rückweg auf, bzw. planten das 100% ein.
Gent ist um einiges größer als Leuven. Dreimal so groß in der Fläche, doppelt so hoch die Einwohnerzahl. Da ist es natürlich schwierig, alles an einem Tag abzulaufen. Das schafft man in aller Ruhe und Gemütlichkeit nicht wirklich. Und durch eine Stadt zu hetzen, nur um alles zu sehen, macht nun auch wirklich keinen Sinn. Also heißt es Mut zur Lücke und auszuwählen.
Zum Beispiel den Besuch der sogenannten drei Türme – inklusive der Besteigung des Belfort, die sich nicht gelohnt hat – und die Altstadt. Das passt gut in einen Vormittag, da die drei Türme nah beieinander liegen und morgens noch nicht touristisch überlaufen sind. Oder am Nachmittag den Süden der Stadt erkunden: die Uni, das Kulturzentrum Vorrut und die angrenzenden Viertel.
Im Bistro der Uni Bibliothek gibt es Croque Bolognese und im Kulturzentrum Vorrut neben einem schönen Ambiente leckeren Käsekuchen. Das Cafe dort ist sehr zu empfehlen.
Auf die nächste Croque Variation! Ich freue mich schon.
Kontextkonzerte:
Buffalo Tom – M-IDZOMER Festival, 29.07.2022
Tindersticks – M-IDZOMER Festival, 30.07.2022
PS: Alle Fotos habe ich mit einem Google Pixel 3a gemacht.
Über Stock und Stein: