Ein bisschen ist es eine Tradition geworden, über Ostern nach Skopje zu fahren. Familienbesuche und so. In der Hauptstadt Nordmazedoniens kenne ich mich mittlerweile ganz gut aus und ich habe die vielleicht wichtigsten Ausflugspunkte schon gesehen: den innerstädtischen Bereich mit Kirchen, Brutalismusbauten und Piratenschiffen, das Museum auf dem Hügel auf der anderen Seite der Vardar, den Radiotower, den alten Basar, das Mutter Theresa Haus. Auch am Matka Canyon und am Milleniumskreuz war ich schon. So kam die Idee, bei diesem Besuch einen längeren Ausflug zu machen. Irgendwann vor der Reise stolperte ich über das Bild eines Gebäudes, das den Abbildungen des Coronavirus auf eine bestimmte Art ähnlichsieht: das Ilinden-Denkmal im südlichen Teil Nordmazedoniens. Da ich interessante Gebäude interessant finde, wünschte ich mir, dass wir bei unserem nächsten Besuch mal hierhin fahren.
Gesagt, getan. Ein Tag in Kruševo.
Was ich nicht wusste: das Ilinden-Denkmal befindet sich rund 170 km südlich von Skopje. Was nicht weit klingt, ist gefühlt jedoch weit. Knapp drei Autofahrstunden benötigt man von Skopje aus, um nach Kruševo zu gelangen.
Kruševo ist die größte Stadt der Region Pelagonien. Am nördlichen Stadtrand des Ortes befindet sich das Ilinden-Denkmal. Kruševo war während des anti-osmanischen Aufstands 1903 Hauptstadt der kurzlebigen Republik Kruševo. Das Ilinden-Denkmal wurde in den 1970er Jahren zum Gedenken an diesen Aufstand errichtet.
Die Autofahrt führt uns erst über die Autobahn und ist somit ganz entspannt. Wir fahren an Veles vorbei und durch hügelige Landschaften. Bei Gradsko verlassen wir die Autobahn und von da ab geht es über eine Landstraße weiter. Bis Prilep ist diese noch ganz gut ausgebaut, wenige Baustellen stören die Fahrt. Ab Prilep wird das anders. In den Bergen gibt es mehrere Baustelle, die Straße ist teilweise unbefestigt und die Fahrt wird langsamer. Immer wieder passieren Baufahrzeuge unseren Weg und erbitten Vorfahrt. Doch je mehr wir uns Kruševo nähern, desto besser wird die Infrastruktur wieder. Wir schwingen uns die grün-gelblichen Hügel hinauf, bis in einem kleinen Tal die Stadt erscheint.
Kruševo liegt in den Bergen auf 1400 Metern Höhe. Es ist ein kleiner Ort mit kleinen 3000 Einwohner. Auf der Anfahrt schaut man etwas von oberhalb auf die Stadt, sie sieht aus wie ein einziger roter Fleck. Kleine, mit roten Ziegeln bedeckte Steinhäuser dominieren das Bild. Der Ort selbst schmiegt sich an die sanft steigenden Berge. Um zum Ilinden-Denkmal zu gelangen, müssen wir den Ort durchqueren. Enge Gassen, wenig Strassenbeschilderung. Ortskenntnisse oder ein Navi mit aktuellem Kartenmaterial sind von Vorteil, um sich nicht allzu oft zu verfahren. Unser Fahrer orientiert sich mit Google Maps, was gut funktioniert. Wir verfahren uns nur einmal. Für die Fahrt hierhin haben wir ein privates Taxi für einen Tag angemietet. Die einfachste und auch einzige Möglichkeit, Kruševo in akzeptabler Zeit zu erreichen. Die Alternative wäre, selbst ein Auto zu mieten und zu fahren. Eine Zugverbindung gibt es nicht.
Das Denkmal sieht interessant aus: eine weiße Kugel mit sechs Fensterausbuchtungen. Davor ist ein Amphitheater angelegt, in der Kugel befindet sich ein Museum. Es ist menschenleer am Denkmal, als wir bei schönstem Frühlingswetter den Weg vom Parkplatz zur Kugel empor gehen. Das Museum wird extra für uns geöffnet, der Pförtner gibt uns eine kleine Einführung und wir kaufen ein Ilinden-Denkmal aus Gips als Souvenir.
Vor der Rückfahrt wollen wir noch etwas essen. Wir entscheiden uns für das Restaurant im Hotel Montana Palace – was für ein Name! – auf der anderen Ortsseite etwas oberhalb von Kruševo. Nach einigem Zögern bekommen wir einen Tisch. Es ist zwar Mittagszeit, aber wir sind die einzigen Gäste weit und breit und die Küche nicht auf Kundschaft eingestellt. Wir sitzen auf der Terrasse, obwohl es trotz Sonnenschein ein bisschen frisch ist. Aber der Blick auf die Dächer der Stadt ist einfach zu schön, um ihn zu verpassen. Wir essen Kruševo Salat und Gravche Tavche, unser Fahrer wählt Pizza.
Zurück nehmen wir den gleichen Weg wie Stunden zuvor. Eine wirklich vernünftige Alternativroute bietet sich nicht an. Am späten Nachmittag sind wir wieder in Skopje. Rundum war es ein sehr gelungener und müheloser Ausflug in den Süden Nordmazedoniens. Es ist ohne weiteres machbar, von Skopje aus das Ilinden-Denkmal in einem Tagesausflug ohne Hatz zu besichtigen. Ich hatte nicht das Gefühl, irgendetwas in Kruševo nicht gesehen oder gar verpasst zu haben, weil die Zeit knapp wurde. Im Gegenteil, vielleicht hätten wir unterwegs öfter mal anhalten sollen. Die Landschaft auf dem Weg ist mitunter sehr sehenswert.
PS: Alle Fotos habe ich mit meiner Sony RX 100 gemacht.
Über Stock und Stein: