Ort: Luxor, Köln
Vorband: Herrek
Mal wieder: Von den Minor Alps kenne ich nur einen halben Song, alle Nada Surf Platten und das Lemonheads Album.
Was die Lemonheads und Nada Surf mit den Minor Alps zu tun haben, ist schnell erläutert: Hauptprotagonisten der Band sind Juliana Hatfield (unter anderem Teilzeitbassistin bei den Lemonheads) und Matthew Caws, Sänger und Kopf von Nada Surf. Zusammen bilden die beiden Minor Alps und haben im vergangene Jahr mit ‚Get there‘ ihr Debütalbum veröffentlicht. Das die Fakten.
Als ich mir die samstägliche Abendgestaltung überlegte, war ich lange unsicher, wie ich mich entscheiden solle. Zwei durchaus interessante Bands gastierten in der Stadt, Messer und eben die Minor Alps. Für die ebenfalls auftretenden Markus Wiebusch und Peter Gabriel interessierte ich mich im Vorhinein weniger, was aber, wie ich am Morgen in der Tageszeitung las, ein Fehler war. Peter Gabriel spielte das komplette ‚So‘ Album, das durchaus seine Stärken hat und auch ein schönes Liveerlebnis gewesen wäre.
Dass ich mich dann für die Band entschied, von der ich nur einen halben Song kannte und gegen die sehr guten Messer, deren Album ich derzeit rauf und runter höre, entbehrt sicher jeglicher Logik. Nun, manchmal entscheide ich komisch. Und ist Unberechenbarkeit nicht viel spannender?
Nein, ist sie nicht, aber da ich das Messer Album ja bereits kenne, sollte es an diesem Abend an der Zeit, die Minor Alps näher kennenzulernen. (Und nebenbei bemerkt war ich 1992 ein kleiner Juliana Hatfield Fan, als sie damals die süße Zweitstimme in „Great big No“ oder den Anheizerpart in „Bit part“ gab (I wanna bit part in your life, I just wanna bit part in your life)).
Vor 20 Jahren oder so sei sie das letzte Mal in Köln gewesen, auf der anderen Straßensite. Wie hieße der laden noch gleich? An die Brücke und den Kiosk an der Ecke könne sie sich erinnern. Es müssen starke Erinnerungen gewesen sein, die Juliana Hatfield über die Jahre mit sich herumtrug. Und was war seitdem mit ihr? Über Matthew Caws muss ich diese Frage nicht stellen, seine Band habe ich in den 00er Jahren oft gesehen und seine Platten oft gehört, aber Juliana Hatfield war von meinem Musikradar verschwunden.
So lese ich etwas überrascht, dass sie seit 2010 vier Soloalben veröffentlicht und davor auch immer mal wieder Platten an den Start brachte. Das wusste ich nicht. Das ging genauso an mir vorbei wie die Veröffentlichung des Minor Alps Albums im letzten Jahr. Ich kann nicht überall meine Ohren haben.
Minor Alps finde ich übrigens einen schönen und gelungenen Bandnamen. Manchmal, wenn ich meinem Musikfreund einen neuen Song oder eine Band empfehle, kommt es schonungslos per Post zurück: „Gefällt mir nicht. Und der Bandname klingt auch doof.“ Da frage ich mich, ob es einen Zusammenhang zwischen guter Musik und Bandnamen gibt? Sicher gibt es den nicht, allerdings ist es genauso sicher, dass es bei mir manchmal eine Band aufgrund ihres Namens schwerer hat als andere Bands, zu mir durchzudringen. Und das nicht nur bei mir, wie es scheint.
Preston School of Industry finde ich auch sehr gelungen, das klingt schon im Namen nach Indie. Cocktail twins dagegen schreit förmlich nach Coverband, auch wenn es keine ist. Ich könnte noch weitere Beispiele nennen, doch Namedropping hin oder her, so wichtig ist das nun wirklich nicht.
Zurück zu den Minor Alps, die mit diesem Namen schon mal ein Stein im Brett haben, der an diesem Abend musikalisch auch nicht herausgebohrt wurde. Im Gegenteil!
Das Konzert war sehr reduziert: 2 Instrumente, Gitarre und Keyboard, und zwei sehr gut miteinander harmonierende und funktionierende Stimmen. Mehr brauchte es nicht, um diesen Abend sehr kurzweilig zu gestalten. Matthew Caws und Juliana Hatfield reisten allein, ohne Band, ohne großen Schnickschnack.
Oft gefallen mir derart minimalistische Konzerte nicht so, mir wird bei zu viel Eintönigkeit (im Sinn von klanglicher Abwechslung) schnell langweilig und Konzert somit langatmig. Daher sind auch reine SingerSongwriter Konzerte nicht so mein Ding. Da bedarf es schon sehr guter Stücke, um mich auch länger als 20 Minuten zu begeistern.
Die Minor Alps haben das irgendwie geschafft. Zwar hatte das Konzert auch eine kleine Länge, aber durch ein wohlgesetztes Nada Surf Cover „Inside of love“ war dieser Moment schnell passee. Und da ‚Get there‘ auch selbst gute Stücke hat, war genug schönes Material beisammen, um es im Weiteren unterhaltsam sein zu lassen. „I don’t know what to do with my hands“, ist ohne Zweifel ein Hit, und auch „Waiting for you“ oder „Maxon“ (von Caws mit den Worten: „M-a-x-o-n. It’s a country. No, it’s not a country. It’s a kind of bird. No, it’s not a kind of bird“ angekündigt) gehören in die Sparte Hit.
Im Gegensatz zum Album, auf dem die Songs mit voller Instrumentierung und Band eingespielt wurden, präsentieren sich Hatfield und Caws im Luxor als Alleinreisende. Somit klingen die Stücke live komplett anders. Wer schon einmal ein Nada Surf Akustikset gehört hat, der hat jetzt eine grobe Vorstellung. Denn nur mit Gitarrenbegleitung gespielt haben Minor Alps Songs sehr viel von Nada Surf. Was ich nicht schlimm finde. Und so perfekt Matthew Caws Stimme zu den weichen Melodien passt, so gut passt Juliana Hatfields Gesang zu Matthew Caws Stimme. Beide ergänzen sich perfekt, wobei mir Juliana Hatfields Gesang etwas rebellischer erscheint. Ihre Solosongs, das Set bestand neben Minor Alps und Nada Surf Sachen auch aus Hatfield Musik, klangen lauter und wütender, auch wenn sie es nicht waren.
Wenn ich es richtig behalten habe, spielten die beiden zwei Hatfield Songs, vier Nada Surf Stücke und in der Zugabe eine sehr gelungene „Bette Davis eyes“ Version. Viel besser kann ein ein-Album Konzert nicht aufgebaut sein. Hut ab vor dem großen musikalischen Wissen und dem Gespür für zueinander passende Songs. So ist das also, wenn sich alte Musikerhasen zusammentun und Konzerte geben.
Die Vorband Herrek aus den Niederlanden spielte Folkpop. Ein idealer Soundtrack zu einem 60, 70er Jahre Film, nichts spektakuläres, aber auch nichts Herausragendes. Also für mich. Ich mag weder 70er Jahre Filme (außer Die drei Tage des Condors) noch diesen Mumford Sons und Fleet Foxes Kram sonderlich. Und da die Rotterdamer davon nicht so weit entfernt sind, trifft das auch auf ihre Musik zu. Nachdem sie die Bühne geleert hatte, standen nur noch zwei Mikrofonständer, ein Hocker und ein Keyboard bereit. Links und rechts der Bühne postierten sich Juliana Hatfield und Matthew Caws, um ihre Musik zu spielen.
Zu Beginn wechselte sich Juliana Hatfield mit ihren beiden Instrumenten ab. Keyboard und Gitarre, immer schön im eins nach dem anderen, wobei mir nach dem dritten Wechsel auffiel, dass mir die Keyboardsongs besser gefielen. Zur Mitte hin, und wie ich schon berichtete, genau zum richtigen Zeitpunkt, gab es mit „Inside of love“ den ersten Nada Surf Hit. Ich hatte das Stück schon einmal in einer Akustikversion gehört, ich glaube beim Rolling Stone Weekender. Er funktioniert so wahnsinnig gut und viel besser, als in Bandbesetzung. Das war toll, wie eigentlich das gesamte Konzert!
So zwischen Abendessen und samstäglichen Ausgehvergnügen hätten die Minor Alps durchaus mehr Publikum verdient gehabt. Für mich war es die richtige Entscheidung, ins Luxor zu fahren. An das Messer Konzert dachte ich keine Sekunde lang. Und ich habe eine Band näher kennengelernt, die es verdient, näher kennengelernt zu werden.
Kontextkonzerte:
Nada Surf – Rolling Stone Weekender, 12.11.2011 / Weissenhäuser Strand