Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband: BRNS
Girls in Hawaii.
Ich habe die belgische Band erst im letzten Jahr entdeckt, bzw. über sie gelesen. Zur Veröffentlichung ihres neuen Albums „Everest“ waren sie eine kurze Zeitlang in Musikmedien so präsent, dass ich neugierig wurde. Stärker wurde dann meine Neugierde, als sie auch im Aufgebot des im März stattfindenden belgischen Piasnite Festivals auftauchten. Da möchte ich nämlich hin, um – in der Hauptsache – endlich mal wieder dEUS live zu sehen. Dass die Girls in Hawaii dort als quasi Co-Headliner gesetzt sind, erstaunte mich ein wenig. Mittlerweile weiß ich aber, dass die Band um Antoine Wielemans und Lionel Vancauwenberghe in Belgien eine feste Größe sind.
Vor einigen Wochen las ich die Konzertankündigung von Girls in Hawaii in Gebäude 9. Nur kurz überlegte ich, ob ich sie mir bereits im Januar anschauen sollte, denn als ich den Zusatz Vorgruppe BRNS sah, war klar, dass ich die Belgier vorher sicher ausprobieren werde. Gerne sage ich in solchen Momenten, „ich gehe wegen der Vorband da hin“. Dieses Mal stimmte das zwar auch, aber eben nur ein bisschen. Zwar wollte ich BRNS, eine meiner Entdeckungen des letzten Jahres, unbedingt sehen, aber genauso stark war mittlerweile meine Neugierde auf Girls in Hawaii, dass ich mich sicher auch ohne den Vorgruppenbonus für dieses Konzert entschieden hätte. Was gibt es auch sonst an Donnerstagabenden zu erledigen? Und so versprach der belgische Abend im Gebäude 9 zum einen das Liveerlebnis der Beneluxmathematisten von BRNS und zum anderen das Bekanntmachen mit Girls in Hawaii zu werden.
Am Tag zuvor kaufte ich mir gar das aktuelle Girls in Hawaii Album. Es war mir also ernst! Diese Gruppe reizte mich und ich freute mich schon nachmittags auf das Konzert, denn im Schnelldurchlauf entdeckte ich auf „Everest“ mit „Wars“ , „We are the living“ und „Switzerland“ direkt drei wunderschöne Songs.
Aber wer sind denn nun diese Girls in Hawaii? Wer wie ich die Band bis dato noch nicht so gut kennt, die Kurzvorstellung der Band von der Webseite des Gebäudes 9:
2004 veröffentlichten Girls In Hawaii ein Album mit dem passenden Titel „From Here To There“, das zunächst in Europa und dann in den USA und Japan zu einem Erfolg wurde. Vier Jahre später folgte „Plan Your Escape“ und eine 150-tägige Tour. Was einst der verwunschene Garten von Lionel und Antoine, deren Brüdern und einigen Freunden gewesen war, hatte sich in etwas vollkommen anderes entwickelt.
Dann kam der 30. Mai 2010: Denis fuhr alleine von einem Gig nach Hause und verunglückte tödlich.
Für den Rest der Gruppe war dies ein Schock. Das eigene Leben schien plötzlich sinnlos. In den folgenden zwei Jahren konnte nichts und niemand die Band trösten. Doch gleichzeitig hatten Lionel und Antoine eine Songidee nach der anderen, sie konnten einfach nichts dagegen tun. Wenn man im Alter von 17 der Realität eine Absage erteilt, um in eine Traumwelt zu flüchten, macht es einen einerseits glücklich, sich Jahre später darin wiederzufinden, andererseits ist es traurig, das mit niemanden teilen zu können.
Die Demos stapelten sich und bald begannen die Dinge, sich wieder einzuspielen. Musik kann so schön sein. Girls in Hawaii sind ihre Karriere von Beginn an immer ruhig und behutsam angegangen.
So auch diesmal. Ihr lang erwartetes Comeback sollte nur einem Prinzip gehorchen: der Liebe zur Musik. Vom ersten Stück an hört man den vertrauten Sound der Girls in Hawaii, obwohl es bis dahin ein langer, gewundener und schwieriger Weg war. …
Das Konzert begann verheißungsvoll, viel lärmender als ich es erwartet hatte. Brice Vancauwenberghe, sein Bruder Lionel Vancauwenberghe, Antoine Wielemans, Christophe Léonard, Boris Gronemberger und Daniel Offermann starteten mit viel Gitarren und wunderbaren Indierockmelodien. Der Gesang erinnerte mich oft an Grandaddy (bei „Not dead“ zum Beispiel), die Machart der Songs an die beste belgische Band aller Zeiten dEUS. Es machte mir viel Spaß, zuzuhören und ich dachte mehr als einmal „wow, wie großartig.“ Allerdings blieben die Girls in Hawaii nicht bei dieser einen Seite ihrer musikalischen Möglichkeiten. Im Mittelteil des Konzertes spielten sie sehr viele ruhigere, etwas schwermütig getragenen Songs des aktuellen Albums nacheinander. Feuerzeuge tauchten im Publikum auf und es wurde phasenweise etwas seicht. In diesem Augenblick musste ich meine erste überschwängliche Einschätzung etwas relativieren. So klang „Sun of the sons“ sehr nach den Beach Boys, die andere Stücke erinnerten mich an Athlete und ähnliche britische Popbands. Teenage Fanclub, hörte ich jemanden sagen. Ja, könnte man so sagen, obwohl es der Sache nur bedingt und nur in einigen Momenten gerecht würde. Aber das ist ja immer so bei Bandvergleichen.
Ich fand das Konzert immer dann richtig gut, wenn es etwas lauter wurde. Ich vermute, es waren die älteren Songs, die diese Schmissigkeit mitbrachten. Songs selbst erkannte ich live nur wenige, was aber wenig verwunderlich ist, denn die alten Sachen kenne ich (noch) nicht – das werde ich aber dringend nachholen – und vom neuen Album blieb nach zwei Kurzdurchläufen nicht alles hängen.
So war der Abend nicht durchgängig hervorragend. Das war er nur zu Beginn und gegen Ende, das fulminante „Flavor“ riss abschließend einfach alles raus. Dazwischen war es dann nur sehr gut und enorm unterhaltend.
Ich freue mich schon sehr, Girls in Hawaii in einigen Wochen im größeren Rahmen wiederzusehen. Ich bin gespannt, wie die Band in Brüssel aufgenommen wird. Ins Gebäude 9 haben schon viele Belgier rübergemacht, daher erwarte ich bei der Piasnite nicht nur viel Jubel um dEUS, sondern auch um Girls in Hawaii.
Und BRNS?
Eine der der „most exciting new bands in 2013“, schrieb der NME über BRNS. Dem möchte ich nickend zustimmen. Über das sagenhaft tolle „Mexico“ entdeckte ich die Band im Sommer letzten Jahres. Ein kleiner Artikel in einer Zeitschrift machte mich auf sie aufmerksam. Da stand irgendwas mit Mathrock und Suuns Vergleichen. Das reichte mir aus, denn da ich zeitgleich TTNG nahezu verfallen war, kaufte ich mir ohne zu zögern ihr Debütalbum „Wounded“. Und was soll ich sagen, BRNS sind großartig. Die sieben Songs auf „Wounded“ sind großartig! Mit ihren hochhängenden Gitarren, Keyboards und Gitarren erfinden sie zwar die Musik nicht neu, sie haben ihr aber viele neue zauberhafte Melodien hinzuzufügen. Songs wie das sehr Foals-eske „The story of Bible“, „Deathbed“ oder „Clairvoyant” sind große Hits.
Live bestätigten sie meinen Eindruck voll und ganz. Ein schöner lauter dumpfer Bass, eine nicht zu heftige aber trotzdem wilde Bühnenshow unterstrich ihre Musik hundertprozentig. Ich hatte bei BRNS jederzeit das gute Gefühl, dass irgendwie alles zusammenpasst: der Liveauftritt, die Instrumente, die Musik. Und diesen Eindruck hatte ich scheinbar nicht alleine gepachtet. BRNS überzeugten das Gebäude 9 so sehr, dass nach dem Ende ihres Auftritts gar Zugabe Rufe und großen Applaus gab. Das hat man ja auch nicht so oft als Vorband!
Kontextkonzert:
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Leider spielen Girls in Hawaii und Brns in Berlin morgen – im Lido – und da spielt bereits Mr. Malkmus. Hat absolute Priorität.
Ohh, das ist ja blöd!