Ort: Postbahnhof, Berlin
Vorband: The Megaphonic Thrift
Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr? Ich dachte im hippen Berlin fängt alles etwas später an. Aber vielleicht ist früh nach Haus das neue hip. Dann bin ich ausnahmsweise gerne hip. Der Postbahnhof liegt am Haupteingang vom Postbahnhof, man muss also theoretisch nicht einmal um den halben Bahnhof herum laufen. Kann man aber machen. Im imposanten Backsteingebäude scheint es mehrere Säle zu geben, und man lässt uns in einen kleineren Raum, mit interessanten Metallplatten auf dem Boden, für die es bestimmt einen Fachausdruck gibt. Positive Überraschung: es ist warm. Das ist eine nette Abwechslung nach dem Schneewetter draussen. Das Publikum ist gemischt, neben den üblichen Mittzwanzigern gibt es auch die ergrauten Musikliebhabern jenseits der 40, die sich spontan oder auch gewohnheitsmäßig auf die Stufen an der Wand gegenüber der Bühne setzen. Ansonsten ist der Raum angenehm und erinnert eher ans E-Werk als ans G9 – für die Kölner unter den Lesern.
Jetzt aber Musik.
Vorband sind The Megaphonic Thrift, aus Norwegen. Ein Quartett mit einer Bassistin, was meist ein gutes Zeichen ist. Und tatsächlich ist der Auftritt wirklich sehr gut. TMT geben ein klares Bekenntnis zum Gitarrenindie der 90er ab, und das beinhaltet viel Dinosaur Jr., ein bisschen Sonic Youth, und eben viele schrammelige Gitarrenanteile. Live ist die Musik noch etwas rauher, als es auf der (aktuellen) CD klingt, wo eher die leicht verwaschenen Töne vorherrschen. Die letzte Veröffentlichung von TMT heißt The Megaphonic Thrift und stammt aus 2012.
Stephen Malkmus & The Jicks kommen um kurz nach 9 auf die Bühne und spielen in der ersten Stunde hauptsächlich Stücke aus der aktuellen CD „Wig Out at Jagbags“ und dem Vorgänger „Mirror Traffic“. Zwischendurch gibt es die üblichen launigen Bemerkungen von Malkmus und Kabbeleien mit der Band. Zunächst klappt es mit dem Ton nicht, und Malkmus bringt seine Zurückhaltung zum Ausdruck, sich überhaupt an den Techniker in solchen Dingen zu wenden. Das sei so ähnlich, wie im Restaurant das Essen zurückgehen zu lassen. Daraufhin wird von der Bassistin die Frage aufgeworfen, ob die beiden Situationen denn tatsächlich vergleichbar seien. Diese Frage wird an diesem Abend nicht mehr geklärt, denn es taucht das nächste Problem mit dem Micro auf, an dem Malkmus zunächst noch entspannt herumwerkelt, bevor er dann leicht verzweifelt um Hilfe ruft. Die Unterbrechung wird genutzt für den Hinweis, dass er ja schließlich aus einer „punk rock squad“ stammt und dort hätte man keine Schrauben und noch nicht mal ein Micro.
Darüber hinaus wird es ein sehr gutes Konzert mit einer Band, die wunderbar harmoniert. Das Set endet nach einer Stunde mit „Surreal Teenagers“, und als die Band zurückkommt, gibt es ein, zwei Stücke, die sich verdächtig nach Can anhören, die ich aber leider nicht identifizieren kann. Dann sind die 1 1/2 Stunden um und wir werden wieder in den Schnee entlassen.
Kontextkonzerte:
Primavera Sound Festival – Barcelona, 27.05.2010
Pavement – Berlin, 19.05.2010
Pavement – Nijmegen, 06.07.2010
Pavement – New York, 21.09.2010
Pavement – New York, 23.09.2010
Stephen Malkmus – Köln, 09.06.2012
Stephen Malkmus & The Jicks – Köln, 20.08.2012