Ort: Gewölbe, Köln
Vorband: Tics

FACSEin Fakt: FACS, oder sollte ich der Einordnung halber sagen ex-Disappears, wollte ich vom ersten Tag der Konzertankündigung an sehen. Soweit, so gut. Blöd wurde es dann, als just für denselben Tag ein Konzert meiner Seattle Favoriten Mudhoney im Gebäude 9 terminiert wurde. Himmel, hat die Woche nicht mehrere Tage! Ich mag Mudhoney sehr, aber ebenso hörte ich Disappears gerne zu. Was also tun? Ich spekulierte kurz darauf, FACS bereits am Samstag zuvor beim Le Guess Who zu sehen, verwarf allerdings nach Bekanntgabe des Festivalzeitplans diese Idee wieder. Schlussendlich entschied ich mich für FACS, auch weil ich Mudhoney schon sehr oft und erst im letzten Jahr live gesehen hatte.

FACS. Googelt man den Begriff, bleibt die amerikanische Band den ersten Suchergebnissen fern. Informationen zur Durchflußzytometrie (FACS =fluorescence-activated cell sorting) und dem Facial Action Coding System (ein Kodierungsverfahren zur Beschreibung von Gesichtsausdrücken) liegen auf der ersten Suchergebnisseite und im Ranking vor den FACS, die mich interessieren. Bemerkenswerte Themen, von denen ich nichts verstehe.

Auch FACS, die Band, ist bemerkenswert. Für mich gar bemerkenswerter als Kodierungsverfahren für Gesichtsausdrücke und Anderes.
Vor einigen Monaten erreichte mich per Mail die Nachricht, dass sich eine meiner Lieblingsbands aufgelöst hat. Disappears, die ich über die Jahre schätzen und lieben gelernt hatte, gäbe es nun nicht mehr, so kurzgefasst der Inhalt der Infomail, stattdessen, und das sei kein Grund, Trübsal zu blasen, gäbe es nun FACS, gegründet von den Disappears Leuten Brian Case, Jonathan van Herik und Noah Leger. Nach der Fertigstellung des Debütalbums Negative houses verließ van Herik allerdings wieder die Band und die anderen beiden haben als neue Bassistin Alianna Kalaba verpflichtet. Brian Case wechselte daraufhin an die Gitarre und die Formation FACS bekam ihr derzeitiges Aussehen.

FACS. Auf der Facebook-Veranstaltungsseite steht:

Wenn die dunklen Häuser atmen – Die Chicagoer Band Facs besucht das Gewölbe. Dunkelheit ist definitiv eine bestimmende Größe in der Musik von Jonathan van Herik, Noah Leger und Brian Case. Zuvor spielten die drei MusikerInnen bereits in der Band Disappears. Als diese 2016 auseinanderging, riefen die drei das Projekt Facs ins Leben. Facs spielen Abstract Modern Artrock, bei dem weit ausholende Feedbackschleifen durch den Raum kreisen und kantige Drums grau getönte Landschaften durchqueren. Dunkle Hallfahnen bringen den silhouettenhafte Gesang fast zum verschwinden und durch raue Bassriffs vernimmt man eine leichte Note Joy Division. Wir freuen uns darauf dass Facs das Gewölbe für einen Abend in ein spannungsgeladenes Sound-Vakuum verwandeln.

Über Spotify hörte ich nachmittags das Debütalbum und es bestätigt mich in meinem Tun. „Skylarking“ kategorisiere ich direkt als Hit, auch „Just a mirror“ gefällt mir auf Anhieb gut. In beiden Songs können FACS ihre Vergangenheit ablegen, ich höre Disappears deutlich heraus.

Im Gewölbe ist es nicht voll, als spät gegen 22 Uhr FACS die Bühne betreten. Nach einer langatmigen Vorband Tics ist es endlich an der Zeit: der dezente Bass, das preschende Schlagzeug und diese Disappears typische schneidende Gitarre. Die ist schon sehr auffällig. Nun ja, wie gesagt, Brian Case und Noah Leger haben ihre alten Sounds nicht abgelegt.
Sofort ist alles da und das Konzert entwickelt sich. Trüb und träge schleppen sich die Gitarren, scheppert das Schlagzeug so heftig, dass es während der einen Konzertstunde zweimal nachjustiert werden muss. Der Eisenbahntrassenunterbau des Gewölbes bietet das passende Ambiente. Melancholie und Schwermut baut sich immer mehr auf, das trübe Bühnenlicht trägt ein Übriges zur schummrigen Atmosphäre bei. Die Show ist gar keine. Alianna Kalaban spielt stoisch den Bass und  Brian Case steht nahezu im Dunkeln und sein an den Ellenbogen durchgewetzter Pullover ist ebenso farblos wie das Outfit der Bassistin. Grau, Schwarz, Erdfarben. So wie die Musik schreit auch das Outfit ‘Herbst‘.

Nach dem Konzert ist es wie vor dem Konzert. Auf dem Weg zum Bahnsteig zieht die Bodenkälte wieder in die Schuhe. Schnell leerte sich das Gewölbe, und so unscheinbar wie das Konzert begann, ist es auch zuende. Eine Zugabe spielen FACS nicht.
Es ist Herbst, der Wind saust mir um die Ohren. FACS boten den richtigen gitarrenlastigen Soundtrack für diesen Abend. Ein gutes Konzert.

Kontextkonzerte:
Disappears – Primavera Sound Festival Barcelona, 29.05.2015
Disappears – Köln, 04.07.2012 / Gebäude 9

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