„In this light and on this evening“. Die Editors spielten gestern in Köln. Das Konzert wurde vom kleineren E-Werk auf die andere Straßenseite ins Palladium geupgradet. Ein Qualitätsbeweis, so könnte man meinen, der ohne Frage zutreffend ist, ist doch das dritte Album der Band aus England, „In the light and on this evening“ heißt es, eines der besseren des Musikjahrgangs 2009. Innovativ, dunkel, tanzbar, zeitgemäß. Aktuelle Popmusik für die „ich-entdecke-jetzt-mal-die-80er“ Generation. Die sehr geglückte Fortführung des Indieelektro in die morbiden Keyboardskyscraper und Blade Runner Welten jener Zeit.
Die bisher beste Aufbereitung der musikalischen 80er und ein gefundenes Festmahl für die Kinder dieser Zeit.Mit ihrer, ja man kann sagen, konsequenten Weiterentwicklung bzw. Neuausrichtung (weniger Gitarren, mehr Keyboards liest man allenthalben, live stimmt dies aber nur bedingt) haben die Editors das geschafft, was ihren Generationenbands wie Maximo Park oder Bloc Party nur bedingt geglückt ist. Sie sind weiterhin im Gespräch, und zwar positiv.Im Vorfeld wurde für diesen Abend ein Wahnisnnsdreierpack angekündigt. Editors – Maccabees – Wintersleep.
Wahnsinnig deswegen, weil Leute behaupten, die Maccabees seien eine der tollsten Bands überhaupt. Ich kenne die britische Band nicht, kann aber uneingeschränkt bestätigen, dass Wintersleep, die mit „Welcome to the night sky“ mein Lieblingsfrühjahrsalbum gemacht haben, eines eine sehr gute Combo sind (Frage am Rande: Gibt es eigentlich schlechte kanadische Bands?). Und über die Editors muss ich jetzt nicht mehr viel sagen, oder?
Es hieß also, pünktlich zu ein. Wintersleep, wie eine Nerdinformationen durchsickerte, sollten bereits um 19.40 Uhr starten, und die wollte ich auf gar keinen Fall verpassen.
Die Nerdinformation war falsch. Wintersleep betraten um kurz vor 20 Uhr die Bühne, um sie nach sechs Liedern und guten 20 Minuten später wieder zu verlassen. Sie spielten die ersten sechs Songs ihres letzten Albums in genau dieser Reihenfolge, wobei sie aber „Dead letter“ durch ein neues Stück ersetzten. So begann der Palladiumabend hinreißend mit „Drunk on Aluminium“ einem sehr typischen Wintersleepsong. Generell gilt, dass trotz der Kürze ihres Auftritts eine Menge vom Indiepop des Wintersleepkosmos herüber kam.
Es war zu diesem Zeitpunkt noch nicht allzu voll, der Sound, oder genauer gesagt der Bass aber so heftig, dass es mir schwerfiel, mich in Bühnennähe aufzuhalten.Die Maccabees, die nach einer sagenhaft kurzen Umbauphase als zweite Band auftraten, kannte ich vorher nicht. Dementsprechend gespannt war ich auf ihren Auftritt. Und bitte, nach den ersten ein, zwei Songs stellte ich mir die Frage, warum ich die englische Band bisher ignoriert hatte, „No kind words“ und „One hand holding“ gefielen mir sehr gut.
Im Laufe des Sets relativierte sich die anfängliche Begeisterung. „Ach darum“, dachte ich irgendwann bei Song Nr. 5 oder 6, „ach darum habe ich sie nicht für mich entdeckt.“ Plötzlich kamen mir Biffy Clyro in den Kopf. Warum weiß ich nicht, aber ich kam zu der, sehr komischen und abstrusen Gedankenverknüpfung, dass die Maccabees wie Biffy Clyro seien. Von vielen sehr geschätzt, live bestimmt toll (BC werde ich am Montag sehen), aber definitiv nicht das richtige für mich. Für viele um mich herum jedoch schon. Es herrschte eine freudige, ausgelassene Stimmung, die man bei Supportacts nur selten sieht, und der Jubel war groß, als die Maccabees nach einer halben Stunde die Bühne wieder verließen.
Die Editors begannen famos. “In this light and on this evening“, „An end has a start“
und „Bullets“ ist mit das Beste an Konzerteröffnung, was ich mir vorstellen kann.
Mir war gar nicht mehr bewusst, wie toll die Editors sein können. Ihr letzter Auftritt hatten mich weniger begeistert, aber das lag vielleicht auch am Wetter. Seinerzeit stand noch ein Klavier als zentrales Instrument auf der Bühne. Auch 2009 wurde es aufgefahren, aber dominanter waren die Keyboards. Zentral auf der Bühne stand eines, dass Sänger Tom Smith ab und an bediente, zwei weitere Brigaden an Tasteninstrumenten formierten sich in Spielweite von Gitarrist Chris Urbanowicz und Bassist Russell Leetch. Und klar, die Keyboards waren einfach fantastisch, die neuen Songs herausragend. Die Editors spielten das komplette neue Album, und dazu genau die alten Songs, die man erwartet. „Munich“, „Smokers outside the hospital doors“, „Fingers in the factory“, „Racing rats“ und und und. Die volle Setlist hier.
Der Anfang war also toll, und wie ging es weiter? Nun, eine Steigerung gab es nicht mehr, konnte es vielleicht auch nicht mehr geben. In der zweiten Hälfte des Sets verflachte der Anfangselan ein wenig. Einige Längen und Langatmigkeiten krabbelten ab „Like treasure“ hervor. Das zumindest mein Eindruck. Die Songs ließen an Elan vermissen, „Smokers outside the hospital doors“, zum Beispiel war nicht punktiert genug, das vorgehende „You are fading“ fad. Aber vielleicht waren die Erwartungen nach der fantastischen Eröffnung auch zu groß.
Die Zugabe startete mit „Walk the fleet road“, dem vielleicht schwächsten Song des neuen Albums. Das war kein guter Beginn, aber mit „Munich“ und vor allem „Papillon“ zeigte die Kurve wieder nach oben.
Es war ein gutes Konzert, das zeigte, dass die Songs des neuen Albums gar nicht so weit weg sind von den älteren. Live verschmelzen die unterschiedlichen Entwicklungsstufen zu einem sinnigen Gesamtbild, dass keine Brüche oder inhaltlichen Sprünge aufweist. Die Editors haben sich nicht geändert, sie haben vielleicht ein paar Instrumente ausgetauscht. Mehr aber nicht. Nach knappen 105 Minuten bildete „Fingers in the factories“ den Abschluss.

Europe, die parallel im E-Werk als Vorband zu Gotthard spielten, waren da schon längst durch.

Multimedia:
Fotos: frank@flickr

Kontextkonzerte:
Melt! – 18.07.2008
Editors – Köln, 08.11.2007
Editors – Köln, 13.06.2007

Schreibe einen Kommentar