Ort: Kantine, Köln
Vorband: Gently Tender
Was man in diesen Zeiten nicht so alles an Tickets findet. Zum Beispiel dieses: Band of Horses, 02.03.22 Live Music Hall. Hoppla, völlig übersehen und fast vergessen. Aber Moment, sollte und wollte ich eigentlich keine Konzerte der Band mehr sehen? Hatte ich nicht irgendwann nach ihrem mehr als überragenden Konzert in der Kölner Kulturkirche vor mittlerweile 12 Jahren entschieden, dass es das für mich an Band of Horses Konzerten gewesen ist? Gut, ich wurde danach zweimal schwach, aber grundsätzlich war ich der Meinung, dass mich jedes weitere Band of Horses Konzert nur noch enttäuscht zurücklassen kann. Das Kulturkirchen Konzert hatte die Fallhöhe so hoch gesetzt, da alles, was danach kommt, nur Unzufriedenheit hervorrufen kann. ‘Damals in der Kulturkirche, da war das so viel besser als heute’ mutmaßte ich, werde ich jedesmal denken. Doch Pustekuchen. Ihr Konzert im Gloria vor drei Jahren fand ich schon ganz gut und auch an diesem Abend gelang es der Band irgendwie, dass ich keine Vergleiche zu vorherigen Konzerten anstelle. Mehr noch, ich bin überglücklich, dass ich dieses Konzert mitgenommen habe. Mir scheint, ich mag die Band mehr, als es mir bewusst ist.
Klaro, ihre besten Songs liegen weit zurück. Cease to begin ist in meinen Augen ihr Meisterwerk. Das war 2007. Die ersten vier Songs des Albums sind so perfekt, so großartig, niemand, der ein gutes Herz hat, darf das Gegenteil behaupten. „Is there a ghost“, „Ode to LRC“, „No one’s gonna love you“, „Detlef Schrempf“. Sagehafte Musik! Drei der vier Songs spielen sie auch an diesem Abend. Nur auf „Detlef Schrempf“ warte ich vergebens. Leider. Zwei Abende zuvor stand es noch auf der Setlist. Aber, wie Ben Bridwell während des Konzertes erwähnte, ‘würden sie öfter ihre Songs wechseln und selten die gleichen Setlisten spielen‘. Stimmt. In Köln stehen erstmals bei dieser Tour „In the hard times“, „Wicked Gil“ sowie „Dull times/The Moon“ auf dem Spielplan.
Gently Tender sind sowas wie die Nachfolgeband der Palma Violets. Sam Fryer, Peter Mayhew und Will Doyle haben sich nach dem Ende der Indierockband noch zwei weitere Musiker*innen geschnappt und Gently Tender gegründet. Statt Indierock spielen sie nun Folkrock mit oft vielstimmigen Harmoniegesang. Musikalisch passen Gently Tender mit ihrem Sound gut zu den Band of Horses. Dass Matthew E. White ihr Debütalbum Take hold of your promise! produziert hat, ist da enorm stimmig.
Um kurz vor acht – ich weiß nicht, warum das Konzert auf die krumme Anfangszeit von 19.30 Uhr angesetzt worden ist – ist die Kantine noch nicht wirklich voll. Viele verpassen also den Gently Tender Auftritt, den ich als sehr kurzweilig empfand. Als Band of Horses die Bühne betreten, ist der Rahmen dann okay ordentlich. Die Kantine hat sich sichtlich gefüllt; ein ausverkauft ist es aber wohl nicht. Band of Horses beginnen mit „In the hard times“, dem vierten Song ihres aktuellen Albums. Das musste ich googeln, denn Things are great gehört noch nicht zu meiner CD-Sammlung. Genauso wie der Vorgänger Why are you OK. Ich besitze nur die ersten vier Band of Horses Alben, denke aber, dass sich das ändern wird.
Der Gitarrist Brett Nash ist neu in der Band. Er und Matt Gentling ergänzen das Band of Horses Langzeitpersonal um Creighton Barrett, Ryan Monroe und Ben Bridwell. Alle zusammen sind an diesem Abend in großer Spiellaune. Das merke ich direkt. Gut gelaunt kommen sie auf die Bühne, gut gelaunt spielen sie sich durch den Abend.
Es gilt, das neue Album zu promoten. Things are great heißt es und es wurde im Frühjahr veröffentlicht. Im Frühjahr sollte ursprünglich auch diese Tour stattfinden. Nun ist November und es ist nicht mehr die Live Music Hall, sondern die Kantine. Aber das stört an diesem Abend niemanden.
Vier Songs werden sie im Laufe des Abends von Things are great spielen. Besonders im Ohr hängen bleibt mir „Crutch“, weil der Bass so schön nach The Cure klingt. Den spielt Matt Gentling übrigens oft mit wehenden Haaren und wirkt dabei enorm hemdsärmelig. Dieser Cure-eske Song ist schon besonders anders, wenn man bedenkt, dass die Band in den letzten Jahren doch eher und verstärkt in Richtung Country Sounds abgedriftet ist. Seit dem Mirage Rock Album hatte ernste Befürchtungen, dass sie sich ganz dem Country verschreiben. Gott sei Dank scheint das nicht so zu sein, denn die drei anderen neuen Songs klingen nach den alten Band of Horses der ersten drei Alben und fallen damit im Set nicht sonderlich auf. Ich meine das als Kompliment! Von Mirage Rock höre ich an diesem Abend nichts. Gut so, ein „Everything’s gonna be undone“ brauche ich nicht zwingend.
In der Zugabe kommt dann auch endlich die Pedal-Steel-Gitarre zum Einsatz, die schon das gesamte Konzert über am Bühnenrand steht. „Dull times/The Moon“ empfinde ich jedoch als schwachen Song und er nimmt etwas von der Euphorie, die “The funeral” zuvor hinterlassen hat. Es folgt noch „The General Specific“, dann ist Schluß.
‘Okay ist es, wenn sie „Detlef Schrempf“ spielen‘, dachte ich vorher. ‘Es ist auch okay, dass sie „Detlef Schrempf“ nicht gespielt haben‘, denke ich jetzt. Natürlich reichte der Abend nicht an das Konzert in der Kulturkirche heran. Aber es war ein gutes Konzert, das Band of Horses ablieferten. Ein überraschend gutes Konzert. Denn ehrlich gesagt hatte ich es so erfrischend, gutgelaunt und unterhaltsam nicht eingeplant. Wie machen die das nur immer?
‘No Bad Trip’ steht auf dem T-Shirt von Ben Bridwell. Offensichtlich auch das Motto für Band of Horses Konzerte.
Setlist:
01: In the hard times
02: Laredo
03: Lights
04: Wicked Gil
05: Ode to LRC
06: The Great Salt Lake
07: Is there a ghost
08: Warning signs
09: Casual party
10: Islands on the coast
11: No one’s gonna love you
12: Marry song
13: Older
14: Crutch
15: Hag
16: The funeral
Zugabe:
17: Dull times/The Moon
18: The General Specific
Kontextkonzerte:
Band of Horses – Köln, 06.09.2017 / Gloria
Band of Horses – Köln, 20.06.2016 / Gloria
Band of Horses – Köln, 14.04.2010 / Kulturkirche