Zwei kleine Geschichten ranken sich um diesen – aller guten Dinge sind drei – erneuten Kulturkirchen Konzertabend.
Welche mich von den beiden mehr geärgert hat, ich glaube, es schwankte minütlich. Die eine handelt von verpassten Gelegenheiten, die andere Geschichte von nur-ich Menschen.
Da letztere leider zum heutigen Sozialverhalten einiger Mitmenschen gehört, ich das trotzdem nicht toll finde, es mich ab und an aufregt, sei es kurz erwähnt.
Folgende Situation: Die Kulturkirche war gestern Abend bestuhlt, die Kirchenbänke waren nicht entfernt worden und so war logischerweise der vordere Bereich für zu-spät-Kommer erledigt. Auch an den Seitenwänden ständen Bänke, auf denen Leute saßen. Von hier hatte man nicht überall uneingeschränkten Blick auf die Bühne, zwei Kirchenpfeiler versperrten an bestimmten Sitzpositionen die Sicht. Soweit so gut. Im laufe das abends kamen immer mal wieder Leute auf der Suche nach guten Plätzen vorbei, sahen den Pfeiler und entdeckten ihn als ideale Anlehnstehstation. Bevor sie es sich jedoch gemütlich machten, schweifte ihr Blick einmal um ihre Achse, und als ihnen nach kurzer Rücksprache bestätigt wurde, dass sie dem ein oder anderen die Sicht versperrten, suchten sie sich einen anderen Platz. Das ist nett, das ist feinstes menschliches Verhalten. Kurz vor Sarah Bettens kamen wiederum zwei vorbei und freuten sich, dass an besagtem Pfeiler noch ein tolles Plätzchen für sie frei sei. Schwupps wurde dieser okkupiert, rücksichtsvolles Nachfragen bei den hinter ihnen sitzenden fiel natürlich aus. Das ist nicht höflich und hässlichstes menschliches Verhalten. Wer jetzt sagt, „na ja, die hinter ihnen sitzenden hätten ja was sagen können“, der verdreht hier irgendwas. Dass das ganze schlussendlich nicht im Dilemma endete lag daran, dass die anderen dann einfach auch aufgestanden sind. „Na dann ist ja nichts passiert, reg dich doch nicht auf.“
Darum geht es mir nicht. Es geht mir um das nur-ich denken, um das, „was kümmern mich die anderen, sollen die sich doch melden“. Das Prinzip „Rücksicht von sich aus“ haben einige verlernt. Das find ich schade. Und wer zu spät kommt, nun ja, der kann halt nicht mehr an die perfekten Plätze. Auch nicht bei einem Konzert. Man sollte seine Höflichkeitsregeln nicht an der Garderobe abgeben. Ach ja, in der Kulturkirche gibt es keine Garderobe. Na dann…
So, zurück zu Frau Bettens.
Vor ungefähr vier Wochen erhielt ich um eine Ecke das Angebot, ob ich nicht Lust hätte, Sarah Bettens zu interviewen. Au Mann, dachte ich, wär‘ was. Einer meiner drei Lieblingssängerinnen der 90er gegenüberzusitzen und schlaue und bescheuerte Fragen zu stellen. Also, warum nicht? Tja, da hatte ich die Rechnung ohne mein zweites Ich gemacht, das immer mehr Zweifel und aufkommen ließen, die den Respekt in unendliche Höhen schraubten und mich dann zu einer Absage zwangen. Ich Feigling.
Und so kam ich am Montagabend kurzfristig in die Nippeser Lutherkirche und ließ mich nur von der Musik und der reinen Bühnenpräsenz Sarahs beeindrucken. Musikalisch lief in eine von mir erwartete Richtung. Das gut 70minütige Set war eine Kombination aus eigenen Song, Familiensongs und Coverversionen. Die Coverversionen von Juli London und Neil Young kannte ich schon, unter anderem von der letztjährigen Theatertour. Damals hatte sie nur Coverversionen ihrer Lieblingskünstler gespielt. Es war ein interessanter Abend.
Ich war mir im Vorfeld nicht sicher, ob es in Köln nicht ähnlich laufen wird. Das hätte mich geärgert, denn – so schön die Coverversionen in Heerlen auch waren – etwas vom Künstler selbst geschriebenes zu hören ist besser. (Ich mag auch keine Coverbands!). Doch nach den ersten vier Stücken war klar, dass dies kein reiner Coverabend wird. Es gab nämlich bis dahin nur eigene Werke.
Große Freude herrschte, als Sarah ein neues K’s Choice Stück ankündigte.
„If this isn’t right“ hatte ich schon in Hamont gehört. Ich mochte es schon damals, aber jetzt im kleinen Kreis, also nur mit Pianobegleitung und Akustikgitarre gefiel es mir um einiges besser.
Apropos K’s Choice. Bildete ich mir das nur ein oder gab es den lautesten Applaus als Sarah in der Ankündigung des neuen Songs erzählte, dass die K’s Choice im nächsten Monat ins Studio begeben, um ein neues Album einzuspielen. Veröffentlicht werden soll es Anfang nächsten Jahres. Bestimmt bildete ich es mir nur ein.
Denn das Größenteils weibliche Publikum klebte förmlich an ihren Lippen und sog jeden Gitarrenzupf gnadenlos auf. Entsprechend hoch der Wert auf dem Applausometer nach den Songs.
Sarah Bettens hat es geschafft, sich eine eingeschworen Fanbase zu erspielen und so war ich nicht sonderlich überrascht, dass ihr Konzert in der Kulturkirche fast ausverkauft war; auch ohne große Werbetrommel.
Und wie immer mit Sarah, so war es auch gestern ein toller Abend. Es war das erste Mal, dass ich die Kulturkirche bebankt erlebt habe. Sehr gemütlich, sehr angenehm.

Auf der Rückfahrt auf der A57 höre ich Thees Uhlmann aus dem Radio tönen:
„Weißt du was du mir bedeutest?
Auf einem Platz in meinem Herz
Steht dein Name an der Wand
Und ich will dass du es erfährst“

Setlist:
01: Win me over
02: I can do better than you
03: Pave the way
04: Scream
05: If this isn’t right (K’s choice – neu)
06: Daddy’s gun
07: Cry me a river (Julie London)
08: I will carry you (Woodface)
09: Shine
10: She’s out of my life (Michael Jackson)
11: Come over here
12: Slow you down
13: The needle and the damage done (Neil Young)
14: Rescue me
15: I can’t make you love me
Zugabe:
16: Too many happy faces (?)
17:?

Multimedia:
Fotos: frank@flickr

Kontextkonzerte:
K’s Choice – Hamont, 06.08.2009
Sarah Bettens – Heerlen,17.11.2008
Sarah Bettens – Köln, 09.12.2007

Schreibe einen Kommentar