Meine Lieblings1Live Moderatorin Anja Backhaus vermutete bereits am Montag Nachmittag via Radio, dass es am Abend in der Kölnarena richtig, richtig gut werden wird. Nun, ich weiß nicht, ob sie überhaupt vor Ort war, ich war es sehr wohl und kann bzw. muss zugeben, dass ich sehr angetan vom Muse’schen Bühnenspektakel war.
Allerdings, schlechte Songs haben sie ja schon geschrieben, die drei aus Teignmouth. Aber eben auch ein paar gute, um nicht zu sagen sehr gute.
Fast hätte ich den Abend verdengelt. Die Tage über plagte mich ein körperliches Unwohlsein, und bis kurz vor Montag Abend war nicht klar, ob ich überhaupt in die Kölnarena, die jetzt Lanxess Arena genannt wird, fahren kann.
Meine Neugierde war allerdings riesig, so dass ich mich zu folgendem Kompromiss hinriss: Spät losfahren, eine Punktlandung hinlegen und zeitig wieder zurück. Biffy Clyro, die den Abend eröffnen sollten, mussten so dran glauben. Was mir nicht besonders schwer fiel, denn viel abgewinnen kann ich ihnen nicht. Aber das ist eine andere Geschichte.
Ich rechnete mit Muse nicht vor 21 Uhr. Als ich dann gegen zehn vor neun nach ewiger Parkplatzsuche in der größten Kölner Veranstaltungshalle ankam, war ich schon überrascht zu erfahren, dass Muse bereits spielen. Was war das für ein merkwürdiger Zeitplan, wie lange durften da Biffy Clyro spielen. Später habe ich erfahren, dass die Bifis bereits um zwanzig vor acht auf der Bühne standen und um kurz nach acht dieselbe wieder verließen. Nach knappen 40 Minuten Umbau starteten Muse dann bereits gegen zwanzig vor neun.

Als ich den Innenraum betrat, liefen die letzten Töne von „Resistance“, dem Titeltrack des aktuellen Albums „The Resistance“. Da ich die letzten Setlists der Konzerte in London, Birmingham und Kopenhagen studiert hatte, wusste ich, ich hatte nicht viel verpasst. Wie viele große Bands wechseln auch Muse ihre Setlist nicht wild durch. Für die Resistance Tour gibt es eine quasi einheitliche Songliste, die einzige Variation taucht im Mittelteil auf und kann sehr gut auf setlist.fm nachvollzogen werden.
Ich hatte also die Single „Uprising“ verpasst. Gut, das ist verkraftbar.
Die Band war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht auf der Bühne angekommen. Sie schwebte noch über ihr. Drei riesige Säulen ließen Matt Bellamy, Bassist Chris Wolstenholme und Schlagzeuger Dominic Howard 5 Meter über dem Boden verweilen. Über den Säulen waren drei riesige Klötze montiert. Das Bühnenbild erweckt den Anschein von drei freistehenden Hochhäusern, dessen Wände als riesige Projektionsflächen dienten. Und Muse stehen in den offenen 13. Etagen und blicken auf ihr Konzertvolk.
Das hatte was von den Star Wars Episoden eins bis drei. Willkommen im futuristischen Muse Theater!
Für einen Moment dachte ich, sie würden das gesamte Konzert dort oben spielen, dann entdeckte ich aber die Mikrofonständer auf der Bühne und auf den seitlichen Bühnenpodesten. Da war klar, sie werden es nicht tun, sie werden zur Erde herunterschweben.
Zu „Map of the Problematique“ senkten Säulen sich und übergaben Muse wohlbehalten dem Bühnenboden. Nun zuckten grüne Laserblitze durch die Arena, nicht weich und umhüllend wie bei Coldplay, sondern zackig und aggressiv und auf den Klötzen gab es allerlei Videokrams.
Hektisch und verwirbelt wie die Lichtshow, starten Muse in den ersten Höhepunkt des Abends. „New born“ fegte durch die Halle.
Ich hatte es fast vergessen, Muse sind Rock und Indiemetal. Wild und nach vorne. Muse sind aber auch drei exzellente Musiker, die ihr Handwerk optimal beherrschen. Das merkt man live sofort. Jedes Tönchen sitzt, die Spielart ist überaus präzise. Unterstützt wurden sie gestern durch einen weiteren Keyboarder, der allerdings sehr diskret im Hintergrund blieb und auch nicht mit auf’s Hochhaus durfte.
Die Briten sind jetzt warm, das Publikum mittlerweile völlig aus dem Häuschen. Die Stimmung ist gut, die, bis auf wenige freie Plätze in den Oberrängen gut gefüllte Arena tobt. Es ist ein tolles Rockkonzert. Ich hatte mein Ticket frühzeitig geordert, ein Muse Konzert vom Rang aus anschauen zu müssen, das wollte ich unbedingt vermeiden. Und jetzt zeigt sich, dass es die richtige Entscheidung war. Mag es auf den Rängen auch noch so frenetisch sein, die ganze Stimmung kann man nur im Innenraum aufsaugen und auf sich wirken lassen. Und der Muse- Sog war stark.
Zu „United States Of Eurasia“ setzten sich die Säulen wieder in Bewegung. Matts Klavier, das in den Anfangsjahren Mittelpunkt und Hauptinstrument des Sängers war, fuhr für zwei Songs mit in die 13. Etage. “Feeling Good“, mit Megaphoneinlage, beschallte uns aus luftiger Höhe. Es war der zweite Höhepunkt des Abends.
Dazwischen entdecke ich aber auch eine ganze Menge schlechter Songs. In denen schmatzt es förmlich vor Pathos, er klebt ekelig an jeder Gitarrensaite. Hatten Muse auf ihren ersten Alben noch den geglückten Spagat zwischen Rock und charmantem Pathosappeal mit den Löffeln gefressen, so kommt diese Gleichung immer mehr aus dem Gleichgewicht. Alles musste bombastischer werden: die Songs kleine Symphonien, die Gitarrensoli beinahe unerträglich virtuos, die Soundarchitekturen mehr und mehr überladen. So wurden mir die letzten Alben zuviel des Glam, zuviel des pompösen und prächtigen. Das funktioniert in meinem Wohnzimmer nicht. Die Konsequenz daraus ist die, dass ich Muse lange nicht mehr so intensiv höre, wie ich es zu „Origin of symmetry“ und “Showbiz“ Zeiten getan hatte.

Live ist das natürlich anders. Hier hat jedes Gitarrensoli seinen angestammten Platz, hier entfaltet der Metalbass zu Rauchkanonen und Laserlicht seine wahre Größe. Und wenn DNA Stränge und Körperscans über die Leinwände rauschen, dann ist „Resistance“ der optimale Soundtrack. Der Sound ist glasklar. Es ist ein wahrer Augen- und Ohrenschmaus dem Konzert zuzuschauen. Langeweile kommt hier nicht auf. Für gute Liveshows waren Muse schon immer bekannt, bereits im E-Werk, Palladium und in der Philipshalle konnten sie mich überzeugen, und auch gestern war es unglaublich.
Es war toll, es war perfekt. (Der Tour ist übrigens ein Wikipediaeintrag und ein Facebookprofil gewidmet). Muse sind ohne Frage ein feines Liveerlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte.
Mit „Starlight“ wurde im letzten Konzertdrittel der grandioseste Dreier des Abends eingeleitet. „Plugin Baby“ und „Time is running out“ folgten, bevor das schwächere „Unnatural Selection“ das reguläre Sets nach 80 Minuten beendete. Wohl dem, der auf ein solches Repertoire zurückgreifen kann.
Und weiße Luftballons mit Konfetti vom Hallendach gab es auch!

Setlist:
01: Uprising
02: Resistance
03: New born
04: Map of the Problematique
05: Supermassive Black Hole
06: MK Ultra
07: Interlude
08: Hysteria
09: Nishe
10: United States Of Eurasia
11: Feeling Good
12: Helsinki Jam
13: Undisclosed Desires
14: Starlight
15: Plug in Baby
16: Time is running out
17: Unnatural Selection
Zugabe:
18: Exogenesis: Symphony, Part 1: Overture
19: Stockholm Syndrome
20: The man with the Harmonica
21: Knights of Cydonia

Multimedia:
Fotos: frank@flickr

Kontextkonzerte:
Muse – Düsseldorf, 13.12.2006 / Philipshalle

Dieser Beitrag hat 7 Kommentare

  1. ToKo

    …das Facebook Profil hat aber nichts mit Muse zu tun ;)
    Klasse Bild übrigens :)

    1. frank

      Vielen Dank!
      Oh stimmt! Da hab ich wohl in der schnelle was falsch gedeutet!!! Danke für den Hinweis!

  2. Jazz

    Super Rezension! Genau wie von Dir beschrieben habe ich als „Fan der ersten Stunde“ doch teilweise meine Probleme mit der musikalischen Entwicklung von MUSE aus der Perspektive meines Wohnzimmers heraus gehabt. Aber was soll ich sagen- auf dem Konzert hat sich alles gefügt! In so einer Arena und live passte der Sound. =))
    Wobei ich andererseits die familiärere Atmosphäre etwa im E-Werk auch toll fand. Aber es sei meiner Lieblingsband ja vergönnt, ordentlich Geld durch die Tour zu verdienen, damit sie schön brav weiter Musik produzieren.

    Wir saßen oben auf den Rängen (mein Freund mag MUSE nicht, gerade mal 2 Songs sagen ihm zu, so dass ich ihn schlecht in den Innenraum hätte schleppen können…;-)), aber die Stimmung war super. Und rückenschonender war das Konzert damit auch. Von Schweinegrippe im Kessel unten mal ganz zu schweigen. *lol*

    Übrigens hast Du mit „Uprising“ leider doch etwas verpasst. Der Song war live der absolute Hammer.
    Beste Grüße,
    Jazz

  3. m@rc

    hmm , seltsam zergender „bericht“ ! klingt eher wie ein tagebuchausschnitt nach deinem „parental advisory“ ,
    aber ich will nicht provozieren , sondern einfach nur , ebenso wie du , mitteilen was ich über den artikel , bericht oder was auch ever denke .
    ich war ebenfalls da und von indie“metal“??? hab ich nix gehört , es gibt bloß ein paar absätze in dem bericht , die zusammengefasst und / oder 2 links die sicherlich gereicht hätten ,
    ich selbst bin musiker und ton / bühnentechniker ,
    sry aber die „rezension“ klebt hier eher eklig , den bezug zu star wars ist ebenso absolut unnachvollziehbar , wie vieles andere ,
    na ja , hab´s gelesen und kann dies allem nichts abgewinnen ,
    hoffe du akzeptierst meine meinung , ebenso wie schlechte songs , die ich auf dem wahnsinns konzert nicht gehört hab ! naja ..
    greetz m@rc

    1. frank

      Aber klar akzeptiere ich! Das ist ja das spannende An solchen dingen wie Musik. Man kann vortrefflich unterschiedlicher Meinung sein ohne eine Meinung als die einzig wahre anzunehmen. Freut mich, dass dir das Konzert gefallen hat. (Und so schlecht fand ich es ja auch nicht…)

  4. m@rc

    hab´s ja auch irgendwie ganz gern gelesen ^^ war halt ne spontane reaktion auf´s muse konzert , welches mich manchmal noch gänsehaut spüren lässt , vor allem bei exogenesis part 1 ,
    es war´n klasse konzert !!!
    ich habe ein paar wochen vorher massive attack zum 100sten mal gesehen und selbst nin konnten zumindest von der show her da nich so mithalten . aber wie du auch sagst gut das jeder individuell ist und andre ansichten hat , ansonsten wär das leben nicht sonderlich lebenswert ^^
    greetz

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