Ort: C-Mine, Genk
Vorband: BLUAI
Was genau versteht man eigentlich unter einem try-out Konzert? Mauro Pawlowski spielt im schönen Saal in der C-Mine in Genk Songs aus seinem neuen, bald erscheinenden Album Eternal Sunday Drive. So ist es angekündigt und das Konzert ist als try-out geflaggt. Und ich weiß nicht genau, was ich darunter zu verstehen habe. Try-out heißt übersetzt ausprobieren. Aber was probiert man aus? Wie die Songs ankommen? Wie gut man sie auf der Bühne spielen kann? Wie man sich auf der Bühne bewegen soll? Eine Generalprobe ist dieser Abend für weitere anstehende Konzert nicht. Die sind nämlich aktuell nicht geplant und dafür war die Spielzeit mit knapp 50 Minuten auch einfach zu kurz. Ein Mauro Pawlowski Konzert würde schon mit 90 Minuten angesetzt werden, denke ich aufgrund des Backkatalogs des Sängers. Es kam mir auch nicht so vor, dass die Band hier ein echtes Konzert durchspielt.
Vielleicht war es auch mehr ein Promo-Ding, ein Lockmittel um zu sagen, hey, Mauro Pawlowski hat neue Songs geschrieben, die Platte kommt bald und hier gibt es die Möglichkeit, die Songs vor der eigentlichen Veröffentlichung zu hören. Ja, das macht Sinn.
Maskiert warten wir vor dem großen Saal. Als sich die Türen öffnen, wird Reihe um Reihe besetzt, immer einen Sitz zwischen den – wie sie es hier nennen – bubbles (Personen eines Haushaltes) freilassend. Das heißt, die die vorne an der Tür stehen, müssen in die erste Reihe. Bis wir alle das verstanden haben, dauert es eine Weile. Aber dann geht’s ohne Komplikationen zügig rein. Die CovPass App inkl. hinterlegtem Zertifikat wird vom Scanner akzeptiert und so steht auch uns der große Saal offen. Das war im Vorfeld ein bisschen unsere Unbekannte: wird das funktionieren, wird unser QR Code akzeptiert. Klar, es ist ein EU-Zertifikat und in der Corona App kann ich mir ja auch anzeigen lassen, ob es in einem Land x Gültigkeit hat. Aber trotzdem, das muss ja nichts heißen.
Gegen halb neun betreten Catherine Smet und Ilayda Cicek die Bühne. Catherine Smet ist BLUAI, belgischer Singersongwriterinnennachwuchs, und sie wird an diesem Abend von Ilayda Cicek an der Gitarre unterstützt. Das Duo lässt mich kurz an den Auftritt der niederländischen Band Dakota zurückdenken, die ich vor Jahren auf dem Reeperbahnfestival sehen durfte. Was machen die eigentlich? Ich glaube, die Bands gibt es nicht mehr.
Musikalisch ist BLUAI im Singersongwriterinnenindiepop verortbar. Der Gesang erinnert mich an andere zeitgenössische Indie Musikerinnen, die Gitarre an die Ducktails und der hallige Sound ein wenig an Yachtrock. Das klingt phasenweise schön, allerdings ist es nie ein gutes Urteil, wenn ein Cover der beste Song des Konzertes ist. John Prines “Angel from Montgomery” ist aber auch eine exzellente Wahl.
Mauro Pawlowski ist in Belgien groß. Seine Vita ist enorm, seine musikalische Breite weit: Evil Superstars, dEUS, Gruppo di Pawlowski, Maurits Pauwels. Er hat nicht nur in vielen Bands seine Finger im Spiel, er hat sich musikalisch auch immer wieder neu aufgestellt. Als Maurits Pauwels singt er auf flämisch Popsongs (Afscheid in Kloten heißt das Album dazu), die Evil Superstars, die vielleicht bekanntesten belgische Band der 1990er Jahre hinter dEUS, machten – ich nenn’ es mal – Krach und us-amerikanisch beeinflussten Alternative Rock, von der Gruppe Gruppo di Pawlowski kenne ich nichts. Der Typ ist in Belgien seit 30 Jahren dick im Geschäft; so nennt man das wohl.
Entsprechend und wenig überraschend ist der Saal in Genk nahezu ausverkauft. Musikalisch legt Mauro Pawloswki auf Eternal Sunday Drive den Schalter auf Pop. Ich nehme jetzt einmal an, dass alle gespielten Songs von diesem Album stammen. Nachhören könnte ich es erst im September, wenn die Scheibe auf den Markt kommt. Das mache ich aber nicht. Im Ganzen sagt mir das Gehörte nicht so zu. Mir fehlt das Interessante, der Drive. ‘Mauro goes Destroyer‘ las ich vorher unter einem der Videos, die auf YouTube zum neuen Album veröffentlicht wurden. Das passt irgendwie, aber ich finde es passt nur larifari. Ein bisschen Roxy Music, etwas Yachtrock (Abendmotto?!) und Jazz sind zwar da, werden mir aber nur zu halbherzig angewandt. Es gibt ein, zwei schöne Songs im Set (zum Beispiel das aus dem Video), die mir wirklich gut gefallen, aber allzu oft schlingern seine Stücke in eine Art Belanglospop, der mir weniger zusagt. Da bin ich dann raus, nur noch Zuhörer aber nicht mehr Fan. Das Konzert gefällt mir so la la.
Doch bevor es langatmig werden kann, ist der Abend vorbei. Mauro Pawlowski spielt eine kurze Zugabe, dann werden wir gebeten, den Saal zu verlassen. Es ist kurz nach 22 Uhr und wir werden noch heute zuhause sein.
Einen Tag vor dem Konzert lese ich auf Instagram, dass Mauro Pawlowski wieder kurzzeitig bei dEUS die Gitarre übernimmt. Sein Nachfolger Bruno de Groote muss krankheitsbedingt auf diesen Job verzichten und zumindest für die beiden Konzerte in diesem Spätsommer übernimmt Mauro Pawlowski, der 2017 seinen Abschied von dEUS mit einem Konzert in der Antwerpener Lotto Arena feierte, wieder die Gitarre.
Ich erinnere mich noch gut an das Abschiedskonzert. Super-Mario wurde dort mit einem Einspielfilm gefeiert und es war ein würdiger Abschluss einer 14jährigen dEUS Mitgliedschaft. Der Kurzfilm ‘Versteckte Kamera‘ ist noch auf der dEUS Facebookseite verfügbar. Super Mauro Bros…
Kontextkonzert:
dEUS – Antwerpen, 10.02.2017 / Lotto Arena