Ort: Blue Shell, Köln
Vorband:

Ready Art Brut! Ready Everybody was in the French Resistance…now! !
Eddie Argos, der alte Haudegen und Entertainer ist in der Stadt. Seine Haus und Hofband Art Brut liegt derzeit auf Eis, Ewitfr…n! ist das Projekt des Moments. Zusammen mit seiner Freundin Dyan Valdés hat er sich aufgemacht, den Weg der Pophistorie zu begradigen. Wer es noch nicht anderswo gelesen hat, das Debütalbum Fixin’ the charts, Vol. 1 der beiden ist eine einzige Antwort. Eine Antwort auf viele große und kleine Hits der 60er, 80er, 90er und 00er.
Das Schema, nach dem die beiden ihre Songs konzipiert haben, funktioniert wie folgt: Sie hören einen Song oder sehen ein Video und fragen sich, was hat sich der Interpret nur dabei gedacht, und sehen wir das nicht alles ganz anders.
Ihr „Hey, it’s Jimmy Mack!“ zum Beispiel. Das Stück gibt die Antwort auf Martha Reeves & The Vandellas Song „Jimmy Mack“. In diesem Song teilt die Sängerin ihrem Freund, der viel auf Reisen unterwegs ist, mit, dass sie ihn jetzt betrüge, weil er ja nie zuhause sei.
Everybody was in the French Resistance…now! entgegnen: „Hey, it’s Jimmy Mack. I heard your track, and if that’s your attitude, I’m never coming back“.
In ähnlicher Weise funktionieren alle Songs, sei es nun „Walk alone“ (Gary and the Peacemakers „You’ll never walk alone“ wird entgegnet , dass es sehr wohl okay sei, ab und an alleine zu sein) oder „Coal Digger“ und „G.I.R.L.F.R.E.N. (You know I’ve got a)“ zu Kayne West „Gold Digger“ und Avril Lavigne’s „Girlfriend“.
Mehr möchte ich nicht aus den einschlägigen Seiten kopieren, obwohl, das paste & copy Verfahren ist ja gerade in. #helene_hegemann würde jetzt als Querverweis bei Twitter hinter diesem Satz stehen. Herrje, ich schenk’ mir ein Statement zu Dingen, zu denen ich nichts Nahrhaftes zu sagen habe. Das können andere tun.
Und all meine Recherchen hätten gar nicht sein müssen, wie der Abend noch zeigen soll…
Also, lasst uns über Everybody was in the French Resistance…now! reden. Das ist viel lustiger!
Vielleicht noch lustiger als über Art Brut. Eddies ursprüngliche Band mag ich sehr und ihre Konzerte sind immer etwas Besonderes. Natürlich auch wegen Eddie Argos. Der Indieflummi enttäuscht fast nie, hat immer was zu sagen und lässt an guten Tagen kein Publikumsauge trocken. So war es natürlich auch im Blue Shell.
Also: Ready, Everybody was in the French Resistance…now!?
Na dann los. Zu einer feinen Marseillaise Version marschieren die drei auf die Bühne. Dyan, Eddie und ein unbekannter Gitarrist / Schlagzeuger, der die beiden in Konzerten unterstützt, namentlich aber ungenannt bleibt.
Die französische Nationalhymne. Großer Beginn. ‚In Paris, wo wir neulich spielten,‘ so Eddie, ’seien daraufhin alle aufgestanden‘. In einem englischen Pub einige Konzerte zuvor hätten die Leute blöd geschaut. ‚Hey, ihr seid doch keine Franzosen!‘ Tja, andere Länder, andere…
Song Nummer eins, der Albumopener “Creeque allies“. schloss sich nahtlos an. Kann ein Übergang perfekter sein?
Dann ergriff Eddie Argos das Wort, und gab für die, die nichts mitkriegen, einige fachliche Erläuterungen zum Verlauf des Abends. Ewitfr…n! seien ein Projekt; ein Projekt, in dem man textlich missglückte Songs der Popgeschichte zurechtrücken wolle, ihre Sicht auf die Dinge schildere oder einfach nur tollen Bands huldige. Und so erzählte er vor jedem Stück die Geschichte zu diesem Song, gab kurz den Inhalt des Originals wieder und was die beiden sich mit ihrer Antwort gedacht haben.
Das war natürlich alles sehr unterhaltsam und wurde unter großem Gelächter auf und vor der Bühne vorgetragen. Was es mit „Coal Digger“ und Kayne West auf sich hat, die Geschichte um das Michael Jackson Video zu „Billie Jean“ oder sehr viel sympathische Worte zu Elastica, eine von Dyan und Eddie sehr geschätzte Band aus den 90ern. All dies kam in typischer Eddie Argos Manier. Der große Entertainer war in seinem Element.
Was ich nicht wusste, ihr Song „Superglue“, sie spielten ihn irgendwann in der Mitte des Sets, ist die Antwort auf Elasticas „Vaseline“. Kennt man den Hintergrund, hört man die Referenzen sofort heraus. „Superglue“ ist vom Songaufbau her eine perfekte Elastica Kopie. Großartig, und für mich das Zeichen, Elastica, das Debütalbum, unbedingt wieder herauszukramen. Ist es doch ein Klassealbum und Justine Frischmann eine meiner großen 90er Lieben! (Jaaaa, ihre Frisur war klasse!)
So spielten sie sich durch ihr Album, einzig „Walk alone“ ließen sie aus. Zum Ausgleich gab es einige Zeilen aus „With or without you“, angehängt an „Think twice (it’s not alright)“ und als Zugabe ein echtes Cover, „I wann be your boyfriend“ von den Rubinoos.
Hatten sie als letzten Song des regulären Sets „G.I.R.L.F.R.E.N (you know I’ve got a)“ gespielt, galt es nun, Avril Lavigne einen weiteren Seitenhieb zu verpassen. „I wanna be your boyfriend“ sei doch der Song, von dem Avril ihr „Girlfriend“ abgekupfert hätte.

Ironically, her song about stealing boyfriends is, itself, stolen. Fans of the 1979 Rubinoos hit “I Wanna Be Your Boyfriend” will notice that the chorus in Avril’s song is nearly identical, save for the change in gender. The Rubinoos sued Avril in 2007 for stealing their song. It was eventually settled out of court, hopefully involving a huge cash settlement for The Rubinoos.

(via: The Eddie Argos resource)

Nach zwei, drei weiteren Bemerkungen war klar, dass Eddie die Kanadierin überhaupt nicht mag und sie unter keinen Umständen zur Freundin haben wolle. Auch nicht oder schon gar nicht wegen ihres Geldes. Es scheint ihm eine Herzensangelegenheit zu sein, der Welt zu erzählen, wie wenig er von der Kanadierin hält.
Ich kann nur jedem empfehlen, sich Eddie Argos live anzutun. Es ist eine wahre Freude!

Kontextkonzerte:
Art Brut – Berlin, 15.05.2009
Art Brut – Köln, 05.06.2007

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. -Christoph-

    Wie üblich ein sehr unterhaltsamer Bericht!

    Mir ging es am nächsten Morgen wie Dir, ich habe Elastica gehört und wieder einmal gemerkt, wie grandios die waren. Eine dieser Perlen, die so prägend waren und die ich leider nie gesehen habe.

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