Ort: Philharmonie, Köln
Vorband:

Daniel Brandt, Konzert, pretty paracetamol, MusikAlso Elektrokram.
Ich habe völlig vergessen, dass ich bei diesem Gewinnspiel mitgemacht hatte, bei dem es Tickets für das Daniel Brandt Konzert in der Kölner Philharmonie zu gewinnen gab. Oft klicke ich auf diese Verlosungsbuttons bei Facebook oder schreibe eine kurze Mail mit der Betreffzeile ‚Verlosung für die Veranstaltung …‘ und gebe anschliessend nichts mehr drum. Denn Gewonnen, pah, haben bisher immer die Anderen.
Außer einmal. Das einzige Mal, dass ich Tickets gewonnen habe war zur Tischtennis WM in Dortmund, als Steffen Fetzner und Jörg Roßkopf überraschend Doppelweltmeister wurden. 30 Jahre ist das her, 30 Jahre! Da kann ich so eine Verlosung schon mal vergessen.
Umso mehr gefreut habe ich mich, als ich am Samstag die Gewinnbestätigungsmail erhielt. Und musste gleich googlen. Daniel Brandt, den Namen kennt man ja irgendwie von Brandt Brauer Frick, dem Berliner Elektro-Techno Ensemble, aber was genau musikalisch dahintersteckt, und was genau sich hinter dem Zusatz Eternal Something verbirgt, davon hatte ich nur eine vage Vorstellung.

Elektronisches schallt mir entgegen, als ich die hotgelisteten YouTube Videos seiner Band Eternal Something durchklicke. Beeindruckt bin ich direkt vom Zusammenspiel von Gitarre und Posaune. Das klingt nicht schlecht und langsam begann ich, mich auf den Konzertabend zu freuen. Gespannt war ich auch auf den Aufbau der Philharmonie. Im Ticketverkauf wurde nämlich nur ein Bruchteil der Saalplätze zum Kauf freigeschaltet. Ist der Rest des Saals abgehangen? Bleibt er einfach leer? Fand das Konzert gar überhaupt nicht in der großen Philharmonie statt? Ich konnte es mir beim besten Willen nicht vorstellen. Eine weitere Sache machte den Abend noch spannender: Das Konzert ist so etwas wie ein Warm-up zur im Februar beginnenden Tournee der Daniel Brandt Eternal Something Gruppe. Ein Hauch von Generalprobe lag also in der Luft.

In meiner Denke hat Daniel Brandt eine Vielzahl von Platten veröffentlich. Sei es solo oder im Projektverbund mit anderen Musikern. So häufig, wie ich im letzten Jahr diesen Namen gelesen habe, kann es gar nicht anders sein. Zu meiner Verwunderung musste ich dann feststellen, dass bisher nur zwei Soloalben veröffentlicht sind. Die letzte Channels gar erst vor einigen Monaten. Manchmal denke ich eben in völlig falsche Richtungen.
Und so saß ich bei meinem zweiten nicht-Indiemusik Konzert in diesem Jahr auf meinem Sitzplatz und wartete gespannt auf das, was kommen möge.

Sitzplatz Chorempore. Vor mir blicke ich in die gähnend leere Philharmonie. Auf der Bühne stehen Schlagzeug, Keyboard und ein Gitarrenständer. Eine Posaune liegt in der Mitte der Bühne auf dem Boden. Die Kulisse wirkt  interessant/merkwürdig auf mich. Allein die leere Philharmonie im Hintergrund erzeugt ein Bild, dass an Skurrilität kaum zu überbieten ist. Die Leuchtstreifen der Treppenstufen rahmen die Bühne ein, die in zartem Blaulicht gehalten ist. Es sieht aus wie in einem Zirkuszelt, oder vor einem Zirkuszelt, an dem die Befestigungsseile illuminiert sind. Später während des Konzertes, wenn der Saal abgedunkelt ist und die leeren Sitzreihen nur schemenhaft erkennbar sind, bilden die Leuchtstreifen einen morbid anmutenden Bühnenhintergrund.
Die Empore dagegen ist nahezu voll als Daniel Brandt, Posaunist Florian Juncker und Gitarrist Pascal Bideau die Bühne betreten. Nur die Plätze hinter der Bühne sind für das Konzert vorgesehen und zugänglich. Auf zwei Etagen sitzen wir so ein paar Meter über der Bühne und haben nahezu eine Draufsicht auf die Musiker. Wäre es nicht schöner, wenn auch auf der Bühne ein paar Stühle aufgestellt würden, um mehr Nähe zwischen Band und Zuschauer herzustellen? Sicherlich.

‚Ah, das Bandensemble aus den guten Videos‘, denke ich. ‚Es wird also kein reines Elektro-Synthie-Dings‘, denke ich sofort danach. Ich sollte recht behalten.
Die ersten Tonkombinationen von Schlagzeug und Gitarre packen mich direkt. Beide Instrumente treiben den Beat, der mich manchmal an Dance Tracks erinnert, sich aber nicht nach Dance Tracks anhört. Dazwischen, und das auch räumlich, steht die Posaune als das Instrument, das die Melodien bringt. Sanft, gleichmütig und lässig-ruhig. Wow,  diese Kombination fasziniert mich.
Nach einer guten halben Stunde kommt der Synthesizer ins Spiel. Endlich?! Nun, vermisst habe ich ihn bisher nicht. Daniel Brandt loopt ein paar Synthiesachen, die anschließend in Endlosschleife sein Schlagzeugspiel unterfüttern. Jetzt erinnert mich der Sound mehr an Elektrodance. Mit klaren Soundstrukturen und ohne Experimente reihen die drei Musiker einen Song an den nächsten. Ich rutsche des Öfteren tiefer in meinen Sitz und genieße das Konzert in vollen Zügen: die spooky wirkende leere Philharmonie vor Augen, diesen modernen Jazz-Elektro-Irgendwas-Beat in den Ohren. Es macht mir großen Spaß, zuzuhören.

Nach einer Stunde bildet „Eternal something“ vom gleichnamigen ersten Album den Abschluss des Konzertes. „Kale Me“ kommt noch als Zugabe, das war es dann. Viel zu kurz, wie ich finde. Ein großartiges Konzert, vor großartigem Hintergrund.

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