Ort: MTC, Köln
Vorband: Sky Larkin

Best Coast - Köln, 07.12.2010

Diesen Abend habe ich total unterschätzt.
Drei Mädels und drei Jungs, aufgeteilt auf die kalifornische Band Best Coast (2-1) und die Briten von Sky Larkin (1-2) boten zwei Stunden lang allerbeste Gitarrenunterhaltung.
Best Coast nicht zu den aufstrebenden Combos 2010 zu zählen, wäre wie Weihnachten ohne Dominosteine. Es würde etwas wichtiges im Portfolio ‘Bands 2010‘ fehlen. Die Kalifornier (oder wie ich es vorgestern auf 1live in deren lustiger Moderationsmanier gehört habe: Best Coast from West Coast) veröffentlichten im Sommer ihr Debüt Crazy for you, und sind spätestens seit diesem Augenblick in allen analogen und digitalen Musikmagazinen mehr als vertreten.
Ich kenne Crazy for you natürlich noch nicht, ich habe bis heute ja noch nicht einmal Warpaint verarbeitet. Manchmal brauche ich etwas länger und so wundert es mich im Nachhinein auch überhaupt nicht, dass ich sie auf diesem kleinen Festival im Frühjahr gänzlich übersehen hatte. Ich war wohl irgendeine Mainstreamband gucken …
Bethany Cosentino, Bobb Bruno und Ali Koehler werden an diesem verschneiten und nasskaltem Abend die Leedser Sky Larkin zur Seite gestellt. Während Best Coast zum ersten Mal in der Stadt weilen, können Sky Larkin ihnen direkt eine Touristenführung anbieten. Auf den Tag genau vor drei Wochen waren sie zuletzt hier, im Rahmen eines Labelabends im Gebäude 9, und auch im letzten Jahr stoppten sie in Domnähe für ein Konzert.
Kannte ich bis dato Best Coast gar nicht, so kenne ich Sky Larkin ein wenig.

Meine Sky Larkin Phase liegt gute anderthalb Jahre zurück. Seinerzeit sah ich die drei kurz hintereinander zweimal live. Sie überzeugten mich mit ihren kleinen Indiemelodien sowohl live als auch auf Platte. „The golden spike“ höre ich sehr oft, und „Molten“ war lange Zeit eines meiner meistgehörten Lieder. Ihr in diesem Jahr erschienenes Album Kaleide kenne ich dagegen nicht. Warum nicht, keine Ahnung. Aber wozu gibt es schließlich Konzerte, da kann man verpasste Alben ja direkt live nachhören.
Also, eine mir nahezu unbekannte Band und eine länger-nicht-gehörte Band spielen an einem Abend Konzerte. Was liegt näher, als hinzugehen? Braucht es triftigere Gründe für einen Konzertbesuch? Nein, und so fand ich mich in der Bahn sitzend wieder und freute mich auf einen netten und überschaubaren Abend in einem Kellergeschoss eines Kölner Stadthauses. Um wenigstens ein bisschen Ahnung von dem zu haben, was mich erwarten sollte, hatte ich mir vor der Abfahrt schnell noch „Boy friend“ angehört. Großartig, und wenn die übrigen Songs in die gleiche Richtung laufen, dann mache ich alles richtig. Dann wird der Weg durch Eis und Schnee belohnt mit toller Musik von zwei fabelhaften Bands.

Sky Larkin - Köln, 07.12.2010

Um es kurz zu machen: Katie, Doug und Nest a.k.a. Sky Larkin machen mir auch 2010 wieder Spaß. Wie konnte ich das amüsante Mienenspiel von Schlagzeuger Nestor Matthews bloß vergessen! Eine Augenweide, ihm bei der Arbeit zuzuschauen. Jeder Trommelschlag wird mit aufgerissenem Mund oder aufgerissenen Augen untermalt. Und wenn er im Intro mal kurz Pause hat, singt er einfach mit und unterstützt hörbar Gruppensängerin Katie. Bereits nach wenigen Minuten Sky Larkin ist klar, der Weg hat sich gelohnt.
Apropos junge Frauen: Alle drei Musikerinnen, also Katie Holmes von Sky Larkin sowie Bethany Cosentino und Ali Koehler tragen den gleichen Haarschnitt. Lange Haare mit Pony. Ist mir ebenso aufgefallen wie der Umstand, dass sich prozentual viele Frauen im Publikum aufhalten. Dies nur so am Rande.
Sky Larkin spielen gute 35 Minuten lang. Ihr Set besteht überwiegend aus neuen Songs ihres zweiten Albums Kaleide, die mir im Livezustand sehr gefallen. Damit wäre dann auch das geklärt.
Das MTC ist zu diesem Zeitpunkt bereits gut gefüllt und den ein oder anderen Sky Larkin Edelfan hat es auch hierhin verschlagen. Ich langweile mich zu keiner Minute. Die drei haben immer noch tolle Melodien, zu denen man unbritisch leicht und seicht mit dem Kopf wippen kann. Blind kann man Sky Larkin Konzerte besuchen, man wird nie enttäuscht werden. Hier leben Musiker ihre Musik und sind überdies noch so nett, charmant und freundlich, dass man sie einfach mögen muss. Allüren als Fremdwort. Leeds United.

Hauptattraktion des Abends jedoch sind die anderen drei Musiker. Best Coast, die Band aus dem wärmeren Kalifornien ist zum ersten Mal in der Stadt, und im MTC wird noch eine Schüppe voll Besucher draufgepackt.
Neugierde liegt in der Luft. Wie ist die Band, über die es so viel zu lesen und zu hören gibt?
Während der Umbaupause werkeln Ali Koehler und Bobb Bruno am Equipment. Ali Koehler, die bis vor kurzem nur Best Coast Aushilfsschlagzeugerin und festangestellte Vivian Girls Schlagzeugerin war, ist mittlerweile ein festes Bandmitglied und Ex-Vivian Girls Bandmitglied, justiert ihr Schlagzeug. Bobb kümmert sich um Bass, Gitarren und Mikrofon. Einzig Bethany Cosentino fehlt, sie sehe ich erst zu Konzertbeginn. Der ist um 22 Uhr, nachdem leise aber bestimmt der Soundmann vom Mischpult dem gitarrestimmenden Bobb via Monitorboxen mitteilt: ‚It’s two to ten, Bobb. It’s time.‘ Prompt lässt dieser alles liegen und verschwindet im Bachstagebereich, um kurz darauf mit den beiden Mädels zurückzukommen.
Mensch, lange habe ich nicht mehr ein so punktuelles Geradeaus-Set gesehen. Wie viele Songs haben die drei in den 50 Minuten gespielt? Gefühlte 500, tatsächliche 14, 15. Kaum ein Stück ist länger als die berühmten 2.30 Minuten. Was auf ihrem Album gilt, wird live eins zu eins umgesetzt. Toll. Es wird nicht lang gefackelt, spätestens nach 20 Sekunden Song kommen Best Coast auf den Punkt. Einzig das letzte Stück lassen sie zum Ende hin ausfransen. Gehört sich aber auch so für ein Finale. Das muss einfach länger als üblich gespielt werden, mit spät endenden Gitarren, exzessiven Schlagzeugpart und Rückkopplungsanimositäten. Passt.
Surfpop schreibt ein Fachblatt über ihren Musikstil. Oder Surf Rock oder Garage oder Indie. Egal. Sicher ist, dass man ihre Herkunft Kalifornien heraushört.

Wie gesagt, bis auf den Song „Boyfriend“ kannte ich nichts.
Manchmal entpuppt sich dann ein Konzert als zu verfrüht, weil man die Grandiosität der Songs beim ersten Hören nicht erkennt. Im schlimmsten Fall ist es gar ein schlecht schmeckendes Überraschungsei, wenn einem die Band überhaupt nicht gefällt. Best Coast jedoch überzeugten und gefielen mir auf ganzer Linie.
Als Zugabe spielen sie „That’s the way boys are“, ein Lesley Gore Cover. Lesley Gore ist eine US-amerikanische Sängerin und Songschreiberin. Sie ist eine der bekanntesten Vertreterinnen der Girl-Group-Zeit der 1960er Jahre. Gut ausgewählt, Best Coast, der Song ergänzt perfekt eure Eigengewächse und gibt dem Abend einen würdigen Abschluss. „It’s my party“ wäre definitiv die falsche Wahl gewesen.

Auch wenn mich Bethanys Stimme ab und an an Courtney Love erinnert, sind ihre Songs nicht wild. Sie klingen eher distanziert, trocken, cool. Und sehr poppig. Überhaupt scheint Bethany das kleine Sternchen der Band zu sein. So lese ich auf laut.de:

Schon als Kind hat Cosentino eine künstlerische Ader. Sie singt, spielt in Werbespots mit und geht als Talent so auch nicht der Musikindustrie. Im Alter von 15 Jahren bekommt sie mehrere Angebote von Major-Labels, sie lehnt allesamt ab. Ihr Vater ist entsetzt. „Ich hätte Hannah Montana werden können“, sagt Cosentino und zuckt im Interview mit den Schultern.

Kontextkonzerte:
Sky Larkin – Köln, 25.02.2009 / Gebäude 9
Sky Larkin – Zürich, 02.03.2009 / Mascotte

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