Ort: Rockhal Club, Luxemburg
Vorband: Pain of truth

Turnstile - Luxemburg, 23.06.2025

Was genau versteht man eigentlich unter einem Circle Pit und seit wann gibt es ihn? Auf der Rückfahrt vom Turnstile Konzert quält mich diese Frage so sehr, dass ich zuhause direkt recherchieren muss. Ich bin auf der Suche nach einer Definition und einem möglichen ersten Datum bzw. dem Konzert, auf dem er erstmals dokumentiert wurde. Dass letzteres schwer zu bestimmen ist, ist mir klar. Aber wer, wenn nicht das Internet, kann es wissen. Und tatsächlich kam ein bisschen was von Googles Gemini:

Ein Circle Pit ist eine spezifische Art von Moshpit, bei der die Teilnehmer in einem Kreis um einen leeren Mittelbereich herumrennen, typischerweise gegen den Uhrzeigersinn. Während ein Moshpit allgemein als Bereich chaotischen Springens und Stoßens definiert wird, ist ein Circle Pit eine Form des Moshens, bei der sich die Leute in einer kreisförmigen Bewegung anstoßen, während sie sich in eine Richtung bewegen, oft mit einem offenen Bereich in der Mitte. ist ein Circle Pit eine spezifische Form davon, die sich durch die kreisförmige Bewegung und die einheitliche Richtung auszeichnet.
Der erste Circle Pit, eine spezifische Form des Moshpits, entstand nicht an einem einzelnen, klar definierten Zeitpunkt, sondern entwickelte sich organisch aus der Hardcore-Punk-Szene in Südkalifornien um 1978.

Zusätzliche Informationen: Circle Pits sind eine beliebte Art, Energie bei Konzerten auszudrücken, insbesondere bei Metal- und Hardcore-Konzerten.

Turnstile sind keine neue Band. Seit 2010 gibt es die Gruppe, 2011 erschien eine erste EP. Ich musste das lernen, denn Turnstile liefen mir bis vor einigen Monaten null über den Weg. Dann hörte ich zum ersten Mal „Never enough“ und sah ein paar Videos und war sehr angetan. Wow, das klingt wie eine Mischung aus Fugazi und Rage against the machine. Ich wurde neugierig und liebäugelte mit dem Gedanken, mir ihren Primavera Sound Auftritt anzuschauen. Dass ich dann nur gut 14 Minuten vom ihrem Set sah, lag an mir und lag an der Uhrzeit des Slots. Am Sonntagmorgen um halb vier war ich nach einer langen Konzertnacht einfach zu platt, um zu bleiben.

Als Tage nach der Primavera Woche die Werbung für das Turnstile Konzert in er Rockhal erneut aufpoppte, griff ich zu. Wer weiß, wann es nochmal die Gelegenheit geben wird, Turnstile live zu sehen.
Nun, ehrlicherweise eher als ich dachte. Erst letzte Woche hat die Band Europakonzerte für den Herbst angekündigt. Allerdings – und das bestätigte mich in meinem Drängen, Turnstile im kleinen Rockhal Club sehen zu wollen – in mittelgroßen Hallen. Ich dachte mir nämlich schon, dass man die Band in kleinem Rahmen vermutlich alsbald nicht mehr sehen wird. In den Rockhal Club passen 1000 Leute.
Das ist die logische Konsequenz aus den famosen Eindrücken, die Turnstile bisher auf den Sommerfestivals hinterlassen haben. Und nicht zu vergessen das überragende vierte Album Never enough. Die Kombination aus beiden macht Turnstile zur heißesten Band des Sommers.

Etwas überraschend war das Konzert eine Woche zuvor noch nicht ausverkauft. Zwischen Festivalauftritten beim Outbreak, Glastonbury, Primavera Sound und anderen stoppen Turnstile in Luxemburg und spielen, ich glaube, ihr einziges non-Festival Konzert auf diesem Europa Sommertrip. Die große The Never enough World Tour folgt dann wie erwähnt im Herbst/Winter. Und ich prognostiziere, sie wird ausverkauft sein. Die Rockhal Show ist es dann schlussendlich auch.

Eine Mischung aus Alternative Metal / Rock / Hardcore waren Turnstile schon immer, und sind es immer noch. Doch mit Never enough fügen sie dieser Mischung ein bisschen Pop, ein bisschen Synthiewave hinzu, was ihren Sound viel zugänglicher und hörenswerter macht. Ja, Never enough unterscheidet sich von dem Vorgänger Glow on in starkem Maße.

Never Enough“ ist nicht nur ein großartiges Album. Es ist ein Ereignis. Ein Aufbruch. Eine Öffnung. Und vor allem: Ein Statement. Turnstile zeigen, dass Hardcore mehr sein darf – und sein will – als Krach und Katharsis. Vier Singles vorab, zwei mehr live bei Jimmy Fallon. Und jetzt ist es da: „Never Enough„. Ein Album, das sich keine Sekunde damit aufhält, irgendwem etwas beweisen zu müssen. sondern einfach macht. einfach ist, einfach leuchtet. Und nein: Das ist kein zweites „Glow On„. Kein „Nonstop Feeling„. Das hier ist eine neue Sprache. Ein neues Kapitel. Vielleicht sogar ein neues Genre.

laut.de

Auch ich bin begeistert. Sicher auch deswegen, weil es nicht nur Krach ist. Die Platte ist so vielschichtig und überraschend. Dazu diese tolle Ästhetik, die Turnstile in ihren Videos und Auftritten mitbringen. Einfach großartig! Ich kann mich an ihren Videos gar nicht satt genug sehen. In Barcelona wurde am Sonntagabend im Rahmen des Primavera Sound Festivals auch der Turnstile Film Never enough in einem Kino präsentiert. Leider zu einer Unzeit für uns, das Kim Deal Konzert war dann doch wichtiger.

All das fixt mich an, visuell und akustisch: Die The Cure Gitarre in „I care“, die ersten 40 Sekunden von „Dull“, die nach Stone Temple Pilots und Silverchair klingen bevor der Song in Sepultura Richtungen abdriftet. Ach, und “Never enough“ ist sowieso mein Song des Jahres.

Turnstile. Nicht nur die Hendrix Hommage im Video ist toll, auch der Song: www.youtube.com/watch?v=a95G…

Frank (@spiralstairs.bsky.social) 2025-06-12T18:06:14.102Z

Überraschenderweise beginnen Turnstile mit diesem Knaller ihr Konzert. Obwohl, so überraschend ist es wiederum auch nicht. „Never enough“ ist der erste Song auf dem aktuellen Album und damit ein erwartbarer Konzert-Opener. Statistisch gesehen starten Bands gerne und am häufigsten mit dem ersten Song ihres aktuellen Albums ins Konzert. Die kleine Halle ist sofort on fire. Ab jetzt heißt Circle Pit, stagediven, starkes Schwitzen; für eine gute Stunde lang ist der Rockhal Club ein Biest. Das Sicherheitspersonal im Bühnengraben, der eigentlich gar nicht zum stagediven einlädt, weil man ihn – um auf die Bühne zu gelangen – fast überspringen muss, wird verdoppelt. Trotzdem sehe ich pausenlos fliegende Körper in die Menge hechten. Das Schöne ist, das Miteinander von Sicherheitsleuten und Fans ist ein gutes. Niemand wird am stagediven gehindert, jeder wird sauber und bestmöglich sanft aus der Menge in den Graben gehoben. respektvoll von beiden Seiten ist der Umgang. So soll es sein. Sekündlich wird es wärmer, heizt sich die Stimmung auf. Gut, dass das ausverkauft immer noch genug Platz am Rand und generell im Saal lässt, um ein Stück weit verschnaufen, ausdünsten und atmen zu können.
Gut auch, dass ich mir das ganze Spektakel sehr entspannt vom Rand aus anschauen kann. Ich bin nun wirklich nicht mehr in dem Alter, um hier mitzutollen. War ich aber eigentlich nie.
Das Konzert ist eine wilde Party, und Turnstile haben die Mittel, sie immer wieder aufkochen zu lassen. Mit „Holiday“ zum Beispiel, oder mit „Look out for me“. So wird ihr Konzert nie kurzweilig. Und auch wenn sie an diesem Abend ‘nur’ 19 Songs spielen, ich habe nicht das Gefühl, dass das Konzert zu kurz sei. Dafür war der Rausch der vergangenen 75 Minuten einfach zu stark.
Turnstile hinterlassen bei mir ein riesengroßes ‘Wow’. Bockstarkes Konzert!

Get ready for Turnstile to dominate this summer – and beyond.

sage nicht ich, sagt der NME.

Setlist:
01: Never enough
02: T.L.C. (Turnstile Love Connection)
03: Endless
04: Seein’ stars
05: Come back for more
06: Keep it moving
07: Pushing me away
08: Fly again
09: I care
10: Dull
11: Don’t play
12: Real thing
13: Drop
14: Underwater Boi
15: Holiday
16: Look out for me
17: Mystery
18: Blackout
Zugabe:
19: Birds

Kontextkonzerte:

Schreibe einen Kommentar