Oder sollte, nein müsste die Überschrift eher lauten: Liam Finn / Laura Veirs – Toronto,… . Denn der im Vorprogramm aufgetretene Neuseeländer war der eigentliche Publikumsliebling für die Mehrzahl der Besucher, die an diesem Abend das El Mocambo besuchten, als die überaus sympathische Singer-/ Songwriterin Laura Veirs. Aber später dazu mehr. Fange ich mal da an, wo man für gewöhnlich beginnt: am Beginn der Geschichte.
Toronto, kanadische Stadt am Ontario See und Ziel eines Spätfrühling-Urlaubstripps. Seit einiger Zeit ist für uns der Besuch von Konzerten eine willkommene Abwechslung im Abendprogramm einer Städtetour. Weil wir Musik mögen, klar, und um mal zu schauen, wie ist das so, ein Konzert in einem anderen Land. Getreu dem Motto, andere Länder, andere Konzertsitten?! Nach …trail of dead, Larry Coryell und den Eels war diesmal Laura Veirs an der Reihe. Ich hatte sie schon letztes Jahr in Köln bewundern dürfen, und seitdem mag ich ihren unspektakulären Folkstil noch mehr.
Am zweiten Abend unseres Torontoaufenthaltes sollte sie in der Stadt sein, und was lag näher, als lumpige 10 kanad. Dollar in einen Konzertbesuch zu investieren. 10 Dollar, da bewegt man sich im einstelligen Euro- Bereich. Selten ein so günstiges Konzertticket erstanden.
Das El Mocambo, der Club des heutigen Abends, liegt mitten in Chinatown und nahe der Universität von Toronto. Damit dürfte sich jeder ein gutes Bild von der Gegend im Kopf aufgebaut haben. Der Laden, von aussen eher unspektakulär und unscheinbar, besitzt zwei Locations. Im Erdgeschoss spielten an diesem Abend Laura und Liam, im ersten Geschoss fand im Rahmen der Welobike ein weiteres Konzert mit Bands wie „The Bag Ladies“, „Falling Trees“ und anderen statt. Zu diesem Event konnte jeder, der Lust hatte, sein Fahrrad mitbringen, was dann vor der Tür kostenlos repariert und ausgebessert wurde. (Jaja, Toronto ist ein Fahrradstadt!)
Als wir gegen 21 Uhr am El Mocambo ankamen, waren auch schon einige Schrauber eifrigst bei der Sache. Man muss sich das so vorstellen, als wenn vor dem Luxor auf dem Bürgersteig drei Fahrradböcke aufgestellt werden, drumherum ein paar Leute stehen und den Bastlern bei ihren Reparaturdiensten zusehen. Als wir das El Mocambo betraten sagte man uns, Einlass sei in etwa einer Viertelstunde, und wir durften wieder gehen.
Mmmhh, in der Zeitung stand doch Beginn 21 Uhr, auf den Tickets ebenso. Meinte das nicht den Konzertbeginn? Richtig, um kurz nach 21 Uhr war der Einlass, ein Zettel an der Kasse verriet, dass Liam Finn um 22.30 Uhr und Laura Veirs gegen 23.30 Uhr mit ihren Gigs starten sollten. „Na, dann wird’s ja ein langer Abend“, dachte ich, „und morgen steht doch die Besichtigung von Toronto Downtown an.“ Egal.
Das El Mocambo ist ein gemütlicher Club mit dem Charme des Glorias, etwa in der Grösse des Kölners Gebäude 9. Die Bühne befindet sich im vorderen Bereich des Raumes, im hinteren Teil ist die Theke plaziert. Das es keine räumliche Trennung zwischen Konzertraum und Barraum gab, ist für diesen Abend nicht ganz unwichtig…
Gegen 22 Uhr fanden sich so circa 50 Menschen im El Mocambo ein. Gemütlich sitzend konnten wir zusehen, wie die Bühnenbeleuchtung von einem Mann mit Stehleiter ausgerichtet wurde. Das lief so ab: Rauf auf die Leiter – Leuchte ausrichten – Runter von der Leiter – hin zum DJ Pult – Licht an – gucken ob’s passt – hin zur Leiter – Lampe ggfs korrigieren oder zur nächsten übergehen. Wir hatten ja Zeit, und viel mehr passierte erstmal nicht.
Um halb elf betrat unter grossem Jubel (an die 100 Leute waren mittlerweile vor Ort) Liam Finn die Bühne. Begleitet wurde er von seiner musikalischen Partnerin Eliza-Jane Barnes. „Irgendwie kommt dir das Gesicht bekannt,“ dachte ich so bei mir, doch woher wollte mir nicht einfallen. Liam, übrigens der Sohn von Crowded House Mann Neil Finn, erzählte, dass dies wohl ihr erstes akkustisches Set sei, dass sie je gespielt hätten und selber gespannt daruf seien, wie ihre Musik ohne E-Gitarre klingen möge. Nun, ein reines Akkustikkonzert wurde es dann nicht, Liam behalf sich zwischendurch immer wieder eines effect-pedals, mit dem er irrsinnige Loops produzierte, sie zeitversetzt, in seine Songs eingebaut, abspielte, und so einen akkustischen Elektrosound herstellte, der sehr interessant und fuzzy klang. (Wer das Video bis zum Ende schaut wird verstehen, was ich meine.)
Bis auf einen Song, Gather to the chapel, kannte ich nichts von dem, was Liam und Eliza vortrugen. (Woher ich das eine Stück kenne, weiss ich bis heute noch nicht!) Ich fühlte mich aber gut unterhalten und recht kurzweilig verging die gute Stunde des Konzertes.
Dann war der Job der beiden getan. Die ersten Reihen lichteten sich und flüchteten Richtung Theke. Das ist erstmal kein ungewöhnliches Umbaupausenverhalten. Ungewöhnlich war, dass sie gegen Mitternacht, als Laura Veirs mit ihrem Set begann, nicht wiederkamen. Viele waren wohl nur wegen Liam Finn hier und unterhielten sich nun angeregt im hinteren Teil des Clubs. Vor der Bühne fanden sich vielleicht 30 zuhörwillige ein. Laura startete mit „Pink light“, gefolgt von „Rialto“. Eine gute, starke Konzerteröffnung, die auch auf der Akkusikgitarre einiges an Drive mit sich bringt. Das hätte eigentlich ein paar mehr Leute vor die Bühne holen müssen. Dachte sich Laura bestimmt auch. Tat es aber nicht. Es blieb erschreckend leer in den vorderen Reihen. Sichtlich irritiert machte Laura erstmal weiter. Das dritte Lied brach sie mit der Frage „Hört ihr mich überhaupt? Ich kann mich nämlich nur sehr schlecht hören.“ mittendrin ab. Nach einer kurzen Aufforderung, bitte endlich mit dem Gerede aufzuhören, setzte sie ihr Konzert vor. Dabei versuchte sie nun, ihre Songs lauter zu spielen, was ihr mitunter auch gelang. Sie wirkte aber sichtlich angenervt vom hohen Geräuschpegel im Club. Zur Erinnerung: es war ein Akkustikkonzert, und Laura begleitete sich nur auf der Gitarre. Und da ihre Stimme nicht so stark ist, war das – doch sehr laute – Gebrassel aus dem Hintergrund extremst störend.
Gute Miene zum bösen Spiel machend zog sie ihr Set dennoch irgendwie durch. Ich hatte allerdings immer das Gefühl, dass sie nach jedem Lied einfach die Bühne verlässt, verärgert über soviel, nein zuviel Ignoranz ihrer Musik gegenüber. Nach knappen 40 Minuten war dann Schluss. Ich denke, sie hat doch irgendwann resigniert und ihr Set um einige Songs abgekürzt. Schade, denn neben mir machte ich noch drei, vier weitere Leute aus, die gerne mehr gehört hätten.
Mein Blick schweifte nach hinten. An der Bar war es mittlerweile leer. Deswegen war es in den letzten 10 Minuten so ruhig gewesen. Es war kaum noch jemand da. Vor der Bühne standen noch gut 20 Mann, die aber noch soviel Jubel aufbrachten, dass es als Zugabe das wunderbare „Galaxy“ gab, zusammen mit Liam Finn und Elza-Jane Barnes als Gesangsunterstützung.
So wurde es an diesem Abend nicht ganz so spät wie erhofft. Gegen 1 Uhr verliessen wir das El Mocambo und gingen die Spadina Ave vier Blocks durch Chinatown zu unserem Hotel hinunter. Es war ein interessanter, unterhaltsamer Abend. Und denn Namen Liam Finn sollte ich mir mal merken!
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Multimedia:
Fotos: p-p@ipernity | vasquezr
Video: Old man (Liam Finn) | Wide awake on the voyage home (Liam Finn)
Lesenswert: Laura Veirs Tourtagebuch | srahman24
Ein Blog über Musik und Konzertbesuche