Ort: Gewölbe, Köln
Vorband: Martin Frawley

Stephen Malkmus

Als im Frühjahr des Jahres die Ankündigung die Runde machte, Stephen Malkmus würde ein Elektro Album veröffentlichen, erschrak ich etwas. Und ich war irritiert. Wie jetzt, der Stephen Malkmus, der mir mit Pavement, einer Soloplatte und den Jicks die weltallerschönsten Indiegitarrensongs gebracht hat? Unvorstellbar? Und vor allem: warum? Ich vermutete eine Mischung aus Midlife Crises, Langeweile und unnötiger Experimentiersucht als Grund.
Das erste Video der Platte, „Victor Borgia“ setzte dann einiges wieder in Relationen. So discomässig platt ist der Song nicht, den Malkmus’schen Lo-Fi Ansatz spüre ich durchaus auch hier. Das Video wurde übrigens im Gewölbe unter der Regie von Jan Lankisch produziert, der für viele Konzerte im King Georg, Bumann & SOHN und dem Gewölbe verantwortlich zeigt, bzw. im Fall des King Georg zeigte. So kam es wohl auch, dass Stephen Malkmus im eher schnuckeligen Gewölbe gastierte und nicht in einer anderen Kölner Location.
In erwartete ein schnelles ‘ausverkauft‘, sah mich jedoch getäuscht. Abendkasse verfügbar, las ich nachmittags noch.

Mit Groove denied habe ich mich angefreundet. Es ist trotz ohne Gitarren auf seine Art ein typisches Malkmus Album. Wie es im Konzert umgesetzt werden würde und was er überhaupt spielen würde, erschloss sich mir vor einigen Tagen. Beim Durchblättern der Setlisten der vorherigen Tourkonzerte entdeckte ich zu meiner Freude den ein oder anderen Pavement Song. Ah oh, er spielt Pavement Songs! Er spielt Pavement Songs!!! Meine Vorfreude wuchs in sehr hohe Höhen. Vor einigen Tagen erst Spiral Stairs, und nun greift auch Stephen Malkmus auf Songs seiner alten Band zurück. Da lohnt es ja fast gar nicht mehr, im nächsten Jahr zur Pavement Reunion zum Primavera zu fahren.

In spannender Erwartung machte ich mich auf den Weg, auch die kurzfristig auftretenden Bahnkomplikationen konnten nichts an meiner guten Laune ändern.
Das Gewölbe ist fast voll. Fast, denn als ich um kurz nach halb ankomme, scheint es noch Karten an der Abendkasse zu geben. Nichtsdestotrotz ist der Saal stark gefüllt, ich reihe mich hinten ein und stehe beinahe mit dem Rücken zur Wand.
Martin Frawley spielt bereits die ersten Songs. Gitarre und Laptop sind auch seine Hilfsmittel; bei Stephen Malkmus wird es später auch so sein. Nur hat Martin Frawley einen Kumpel mitgebracht, der für ihn den Laptop bedient, also die jeweilige Songdatei startet. Ich kannte den Australier vorher nicht. Seine Songs gefallen mir; eine gute halbe Stunde lang stimmt er vortrefflich auf Stephen Malkmus Auftritt ein. Diese Kombination passt sehr gut.

Mit Pavement verbinde ich konfuse, nicht perfekte und manchmal auch wirre Konzertauftritte. Ich fand es seinerzeit toll, wie unglamourös und sich-selbst-nicht-so-wichtig-nehmend die Band auftrat. Genau daran musste ich denken, als Stephen Malkmus die Bühne betrat.
Es ist Pavement-esk. Der Laptop ist nicht eingestöpselt. Kein Problem. Das Mikrofon ist zu niedrig eingestellt und der Mikrofonhalter wackelt. Kein Problem. Doch! Erst nach kurzem, handwerklichem Slapstick ist der Halter fixiert. Na dann kann’s ja losgehen. Fast. Die Gitarre ist nicht gestimmt. Und die braucht es, denn Stephen Malkmus startet mit dem Jicks Lied „The wild kindness“. Die folgenden Groove denied Songs werden mit einer nach Yachtrock klingenden Gitarre vorgetragen. „A bit wilder“, „Come get me“. „Viktor Borgia“ und „Belziger Faceplant“ sind die einzigen beiden Songs, die ohne Gitarre auskommen. Dafür wummert der Bass und die Laserlichter flackern über meinem Kopf. Technodisco. Sehr schön.
Zwischen Groove denied Songs setzt Stephen Malkmus immer wieder Pavement Abstecher: „Spit on a stranger“, „Frontwards“ und das finale „Fight this generation“ sorgen nicht nur bei mir für spontane Freude. Seinem Song „Ocean revenge“ stellt er live Velvet Undergrounds „Ocean“ entgegen. Wenn man mich fragt, der schönste Song des Abends.  Hier ist alles zusammengefasst: Yachtrockgitarren Soli und fiepsig-wummernde Computerbeat Sequenzen.

‚Das King Georg sei ja jetzt ein Jazzklub‘, sagt Stephen Malkmus zwischendurch und es klingt so, als sei das etwas Schlechtes. Ansonsten ist es still: ‘Actually I have nothing to talk about.’ Passt schon. Ein schöner Auftritt, der große Lust auf Pavement im nächsten Jahr macht.

Kontextkonzerte:
Stephen Malkmus – Köln, 09.06.2012 / Dachterrasse Museum Ludwig

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