Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband: Militarie Gun

Rival Schools - Köln, 04.07.2023

To celebrate their debut album from 2001, „United by Fate“ being re-released, RIVAL SCHOOLS decided to go on tour again, original line-up with Walter Schreifels, Sam Siegler, Ian Love and Cache Tolman.

Da bin ich dabei. Natürlich. Als ich vor einigen Wochen die Ankündigung im Internet las, war klar, dass ich eines ihrer Konzerte besuche. Überraschenderweise steht Köln dann auf dem Tourplan. Ich hätte eher auf Luxemburg getippt, aber so ist es mir natürlich lieber.
Die Sommerzeit ist nicht die schönste Konzertzeit. Draußen ist es warm, im Saal sowieso. Das macht weder die Anreise noch das Konzert zu einer rundum schönen Angelegenheit. Erst recht nicht hierzulande, wo die beiden Begriffe Klimaanlage und Konzertsaal kein Match sind.
Abkühlung bietet also nur die Regionalbahn, die aufgrund von Modernisierungsarbeiten des Schienennetzes nur bis zum Hauptbahnhof fährt. Am Nachmittag las ich, dass es nur noch wenige Tickets für das Konzert gäbe. Verkaufsstrategie oder Tatsache? Ich konnte es nicht richtig einordnen, eigentlich hatte ich gedacht, dass das Konzert nicht wirklich viele Leute anspricht. Ich meine, Rival Schools, wer kennt die noch. Die haben ein Album gemacht, und das vor über 20 Jahren.

United by Fate is an alternative rock,  emo and post-hardcore record, which drew comparisons to Quicksand, Hundred Reasons,  Foo Fighters, Burning Airlines, Mission of Burma, Wheat and Built to Spill. Schreifels‘ vocals earned a comparison to Nirvana frontman Kurt Cobain and Bush vocalist Gavin Rossdale.

Doch ein Album reicht manchmal. United by fate ist genau das eine Album, das den Rival Schools reicht, um auch noch 20 Jahre später erfolgreiche Touren zu gestalten. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sie 10 Jahre später eine zweite Scheibe nachgelegt haben, aber United by fate ist ihr Hitalbum. Jeder, der Ende der 1990er Jahre irgendwie dem Alternative Rock interessiert zugewandt war, kam um dieses Album nicht herum. Ich überlege schon die ganze Zeit, wie ich auf die Rival Schools gestoßen bin, kann mich aber nicht mehr genau erinnern. Walter Schreifels lief mir Jahre vorher schon einmal über den Weg: mit seiner Band Quicksand sah ich ihn mal auf irgendeinem Festival. Gießen? Loreley? Ich weiß es nicht mehr.

Ich bin etwas spät und ja, es ist voll. Warme Luft schwappt mir bereits im Vorraum entgegen. Drei Schritte weiter beschlagen meine Brillengläser. Gerade spielen Militarie Gun ihren drittletzten Song. Ich stehe am Ausgang und muss erst einmal warten, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Der Saal sieht voll aus. Doch es gibt weiter vorne noch ein paar Lücken. Soll ich da jetzt hin oder reicht es, wenn ich später gehe. Während ich überlege, ob es eigentlich wissenschaftliche Studien zu dem Thema gibt. Wann ist der beste Moment, in den Saal zu gehen, während die Vorband spielt? Klar, idealerweise immer bevor die Vorband anfängt. Aber wenn man, wie ich jetzt, zu spät bin und auch noch ein bisschen frische Luft mitnehmen möchte. Wann schließen sich die letzten Lücken endgültig, wann gehen die meisten Leute Getränke  holen? Wir lange vor der Umbaupause sollte ich im Saal sein, und wenn, wo. Nahe am Eingang oder lieber diametral zu den Eingangstüren.
Während ich so nachdenke, gehen 10,15 Leute an mir vorbei und besetzen die leeren Positionen. Falsch gepokert? Gedanklich finde ich schon damit ab, von hier aus das Konzert verfolgen zu müssen. Doch ich habe die Rechnung ohne die Umbaupause gemacht. In der leert sich der Saal nahezu komplett. Für mich kommt das völlig überraschend, kennt man ja so eher seltener.
Muss aber am Altersschnitt der Besucher liegen, denke ich. Der ist ziemlich locker über 45. Da geht man nochmal raus, um Sachen zu erledigen. Die Teenager-eske Hibbeligkeit und die Sucht nach einem vorderen Platz ist dann etwas abgekühlt. Glück für mich, ich schaffe es entspannt ins vordere Drittel. So ist es schon besser, auch wenn die Luft mit jedem Meter in den Saal anstrengender wird. Während ich warte, lausche ich Gesprächen über Rancid Konzerte und Whiskey tastings. Okay, ü45 Themen. Also für einige.

Kurz nach neun betreten die Rival Schools die Bühne. Walter Schreifels scheint bester Laune. Er ist der Sänger der Rival Schools und darüber hinaus ein bunter Hund in der Hardcore-Post-Hardcore-Punk Szene. Er spielte in vielen Bands und war an vielen Projekten beteiligt. Über diese Projekte und Bands lernte er auch seine Bandkollegen kennen: Cache Tolman spielte bei CIV, als Walter Schreifels deren Album produzierte und mit Schlagzeuger Sam Siegler spielte er zusammen bei Youth of today. Komplett macht Rival Schools der Gitarrist Ian Love.

Diese vier sind die Gründungsbesetzung, in dieser Formation spielen sie auch im Gebäude 9. Walter Schreifels sieht optisch immer noch aus wie ein Skater Boy aus den 1990er Jahren. Schulterlanges Haar, weite Hose. Nur wenn er  sich umdreht, erkennt man am Hinterkopf einen lichten Haarkranz. Wie alt ist er eigentlich? Ich google schnell. Okay, älter als ich. Hat sich gut gehalten, der Mann. Sie starten mit „Travel by telephone“, „Everything has its point“ und „High acetate“. Oh, spielen sie das Album etwa in Reihenfolge? Bei den Konzerten vorher war das nicht so. „Undercovers on“ folgt und ja, es sieht so aus. United by fate läuft heute Abend mit korrekter Songfolge. Walter Schreifels wird das später so bestätigen.
„Undercovers on“ ist ein Riesenhit, merke ich jetzt noch mal mit voller Wucht. Bei dem Song oder auch beim Video von „Used to gue“ muss ich immer an Nada Surf denken. An High/Low und The proximity effect, die ersten beiden Alben und an „Popular“ und „Mother’s day“. Rival Schools und die frühen Nada Surf gehören für mich irgendwie zusammen.

Alle meine Lieblingssongs laufen also im ersten Drittel des Konzertes. Nach 20, 25 Minuten hätte ich gehen können und nicht das Gefühl gehabt, etwas verpasst zu haben. Bis dahin ist es das perfekte Konzert. „Favourite star“ möchte ich allerdings auch noch hören. Also bleibe ich natürlich, auch wenn die Luft zunehmend unangenehmer wird. Nach dem Album spielen Rival Schools noch fünf weitere Songs, alles Sachen vom zweiten Album Pedals. Schade, dass sie nicht auf Bonusmaterial von früheren United by fate Sondereditionen / -auflagen zurückgreifen. Thematisch hätte das doch sehr gut zum Albumkonzert gepasst. „Grunge Model“ oder „Sweet“ (eine der besten B-Seiten der 2000er Jahre) zum Beispiel hätte ich sehr gerne gehört.

Ich gehe nach „69 guns“, dem letzten Song vor den Zugaben. Jetzt ist es mir doch drückend im Saal. Ich empfinde es als idealen Zeitpunkt und große Lust, mich noch durch drei oder vier Songs in stickiger Luft zu quälen, habe ich ehrlich gesagt nicht. Meine Aufmerksamkeit ist nämlich langsam aber sicher bei fast null angekommen. Und überhaupt, besser kann es nicht mehr werden. Ich habe alles gehört, was ich heute hören wollte.

Setlist:
01: Travel by telephone
02: Everything has its point
03: High acetate
04: Undercovers on
05: Good things
06: Used for glue
07: World invitational
08: The switch
09: Holding sand
10: My echo
11: Favorite star
12: So down on
13: Hooligans for life

Kontextkonzerte:
Quicksand – Köln, 15.11.2017 / Luxor
Rival Schools – Esch-Alzette, 13.04.2011 / Rockhal

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