Ort: Live Music Hall, Köln
Vorband:

My bloody Valentine

„All the songs sound the same“ heisst eine alte Wedding Present Platte. Das passt auch zu MBV. Da ihre Konzerte immer gleich ablaufen, reicht eine musikalische Zusammenfassung zu beiden Abenden.
Bei Lieblingsbands lege ich die Messlatte immer sehr hoch an. Das geschieht unbewusst, eher in einer Art Selbstverständlichkeit. Die mag ich, die sind toll, also müssen sie auch live toll sein. So in etwa sind meine Gedanken. My bloody Valentine gehören zu meinen Lieblingsbands. „Soon“ ist einer meiner liebsten Lieblingslieder. Dieser klackernde Beginn, das gehauchte „Wake up“, bei dem ich früher „Rave on“ verstand, was in meinen Augen sehr gut passte, der monotone Endpart, bei dem ich immer denke, das könnte jetzt noch Stunden so gehen oder aber in der nächsten Sekunde vorbei sein. „Soon“ ist famos, „You made me realise“ und „When you sleep” ebenso. An das erste Konzert habe ich nur eine genaue Erinnerung, das ist Jahre her, irgendwann zu Beginn der 90er im Kölner E-Werk. So kam der kleine Konzertausflug nach Glasgow Anfang des Jahres gerade recht. Und was soll ich sagen, das Konzert im Glasgower Barrowland war famos. Einer dieser hundertprozentigen Abende, an den auch der kalte Wind auf dem hin und Rückweg nichts ändern konnte. My bloody Valentine waren mit neuem Album auf Tour, gut es nicht verpasst zu haben. Vom neuen Album spielten sie nicht viel 3 Songs, um genau zu sein. Der Rest war „Loveless“ und viel „You made me realise“ EP. Eine sehr gute Setlist also für Historiker und Nostalgiker, alle wichtigen Songs waren dabei.
Gestern In Eindhoven und in Köln war das nicht anders. Im Gegensatz zu Glasgow spielten sie jedoch weniger Songs und sie änderten die Reihenfolge. Nun endlich stand „You made realise“ am Schluss des Sets, da, wo es aufgrund des Lärms und Längenparts in der Mitte spannungstechnisch am richtigsten hingehört. „You made me realise“ ist sowas wie das Kernstück des Konzertes. Der Song, an den man sich wohl am längsten erinnert. Zumindest geht es mir so. In Glasgow waren es famose 14 Minuten, mit einem irre langen Zwischenpart, in Eindhoven, dauerte das Gewitter gerade mal 4 Minuten, in Köln wenigstens doppelt so lang. Auch gleiche Konzerte haben Unterschiede. Es war nicht der einzige.
Am Tag danach konnte ich mit dem Eindhoven Gig immer noch nicht recht viel anfangen. Lag es an den Umständen, oder lag es an My bloody Valentine, dass wir doch eher ernüchternd im Auto saßen. Es kommt nicht so oft vor, das wir uns in unseren Liveeindrücken einer Meinung waren, an diesem Abend schon. Zusammengefasst lautet sie so: Wenn Köln heute gewesen wäre, wären wir morgen nicht nach Eindhoven gefahren. Es war ein Konzertabend, der nur bedingt Lust auf mehr machte. Kevin Shields, Bilinda Butcher, Debbie Googe, Colm Ó Cíosóig und ihre Tourkeyboarderin Jen Marco wirkten überspielt.
Das Effenaar ist ein schöner kleiner Club/Veranstaltungsort mitten in Eindhoven, nahezu quadratisch mit sehr breiter Bühne. Als wir dort eine halbe Stunde nach offiziellem beginn eintrudelten (es waren 2 Vorbands angekündigt, wir kamen pünktlich und doch zu früh zum Belgier Dirk Serries’ Microphonics, der uns schon im Vorprogramm von Mono mit seinem einen Song nicht überzeugen konnte) war es noch erschreckend leer. Wir fanden Plätze weit vorne, und konnten so – im Gegensatz zu Glasgow – in die Gesichter der Musiker schauen. Die Band sah müde aus, und um es mit einem klassischen Fussballerzitat zu sagen, sie wirkte geistig und mental nicht fit. Schnell gewannen wir den Eindruck, dass das Konzert wie runtergespielt wirkte. Kevin Shields erschien fahrig, zweimal brach er Songs ab. In Köln wirkte alles eine Spur frischer, elanvoller und aufgeweckter.
Über die Lautstärke bei MBV Konzerten wird viel geschrieben, und sie wird oft als ihr maßgebendes Stilmittel bei Konzerten genannt. Ist ein MBV Konzert nicht laut, ist es nicht gut. Sicher ist es richtig, dass die Gitarrenwände und das dauerhaft gleichbleibende Klangteppich mit körperlichen Schmerzen beeindruckender zu ertragen sind, aber das das nicht unbedingt sein muss, zeigte sich in Köln ganz gut. Irgendwann vor Wonder 2, stellten wir fest, dass wir uns relativ normal unterhalten konnten. In Glasgow ein Ding der Unmöglichkeit, in Eindhoven nur unter Gekrächze möglich. Eindhoven lauter als Köln, ja, aber musikalisch Köln besser als Eindhoven. Eine überraschende Erkenntnis, den eigentlich galt bis dahin: lauter gleich besser.
Also können MBV auch „leise“ in gut. Eindhoven als Mittelding funktioniert dagegen nicht. Die sogenannte Holocaust Section bei „You made me realised“ brachte uns in Köln versöhnlich in den Abend. Es war so wie es sein sollte: beeindruckend. Auch ohne nächtliches Dauerpiepen im Ohr. In Eindhoven kam mir der letzte Song sehr kurz vor, ich war mir jedoch nicht sicher, ob ich mich nicht nur täuschte. In Köln dachte ich zwischendurch, es sei doch länger als gestern. In der Analyserunde danach wurde mein Eindruck mit Zahlen unterlegt. Er war fast doppelt so lang wie am Tag zuvor, und bestätigte den guten Gesamteindruck des Konzertes.
Zuvor gab es identisches. Aus der Masse heraus sticht immer Wonder 2 vom aktuellen Album. Dann verlässt seinen Schlagzeug, und schnallt sich die Gitarre um. Als viertletzten Song gespielt, haben ihn in Köln viele bereits nur von draußen wahrgenommen. Es war unerträglich warm in der Live Music Hall, und so dünnte das Publikum im Laufe des Konzertes immer mehr aus. Zwischenzeitlich waren die hintere Bereich fast leer. Die Wärme, die monotonen Songs, da kann man schon mal kurz an die Luft gehen. Ja, so ein My bloody Valentine Konzert kann, für nicht Hundertprozentig überzeugte, zu einer zähen Angelegenheit werden. Ich habe sie noch nie auf einem Festival gesehen, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sie dort nachts das Zeug zum musikalischen Kehraus haben.

Doch am Ende ist es wie immer, Enttäuschungen relativieren sich, die guten Momente, und die hat jedes Konzert, bleiben in Erinnerung. Und so waren natürlich auch Köln und Eindhoven schöne und gute Abende. Glasgow legte den Maßstab hoch, aber die, die den nicht vor Augen hatten, waren mit den anderen Abenden mehr als zufrieden. Weder am Mittwoch noch gestern erblickte ich enttäuschte Gesichter. In Eindhoven kam es mir gar so vor, als ob die Leute noch eine Spur zufriedener waren, obwohl es das „schlechtere“ Konzert war. Na, wir sind aber auch bekanntermaßen eine Nörglernation.

Setlist (Eindhoven & Köln):
01: I only said
02: When you sleep
03: New you
04: You never should
05: Honey Power
06: Cigarette in your bed
07: Only tomorrow
08: Come in alone
09: Only shallow
10: Thorn
11: Nothing much to lose
12: Who sees you
13: To here knows when
14: Wonder 2
15: Soon
16: Feed me with your kiss
17: You made me realise

Kontextkonzert:
My bloody Valentine – Eindhoven, 04.03.2013
My bloody Valentine – Glasgow, 09.03.2013

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