Ort: Gebäude 9, Köln
Vorband:

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Vieles war anders und passte nicht so recht zu diesem Ort. Es gab einen Fotografengraben vor der Bühne, Getränke wurden in Pappbecher umgefüllt, und ein Security- Mann wedelte mit einer Taschenlampe Menschen ins Gesicht, die mit kleinen Kameras oder ihrem Handy versuchten, Foto- oder Filmaufnahmen zu machen.
Das alles ließ auf einen besonderen Abend einer besonderen Band schließen. Der Security- Mann beruhigte sich aber nach anfänglicher Euphorie und Übereifer schnell wieder und ließ in seinem Arbeitsdrang nach. Nach heftigen 10 Minuten zu Beginn war er anschließend nicht mehr zu sehen. Gut so, denn zeitgemäß ist so ein gehabe nun wirklich nicht mehr. War es vor 5 Jahren vielleicht noch was besonderes, Konzerterlebnisse mit kompakten Digitalkameras festzuhalten (ich erinnere mich an Handykameraverbotsschilder und intensivste Taschenkontrollen mit Kommentaren wie „Die Kamera kannste aber nicht mitnehmen.“), so gehört es heutzutage doch zum guten Ton, via Flickr oder YouTube seine Konzerterlebnisse in mehr oder minder verwackelten Bildern der Netzwelt mitzuteilen. Ich meine, es ist 2009. Also bitte.

Die besondere Band an diesem Abend heißt Glasvegas und gastiert im ausverkauften Gebäude 9.
Glasvegas, der Brithype des letzten Jahres, die Jesus and Mary Chain Klone der 00er Jahre. Glasvegas, die Band aus Glasgow mit der kleinen Schlagzeugerin Caroline McKay, die stoisch im Stehen beidarmig auf die Trommel drischt. Eine Bassdrum benutzt sie nicht. Im Interview hat sie erzählt, dass sie wie die Jungfrau zum Kinde zu ihrer Musikerkarriere gekommen sei. Die Band suchte noch einen Schlagzeuger, und Caroline, die zuvor noch nie Schlagzeug gespielt hatte, aber zur Band gehören sollte, fand sich plötzlich auf der Bühne wieder. (siehe auch Moe Tucker).
So kann es gehen.
Ihre Schwester (?) – eine gewisse Ähnlichkeit meine ich erkannt zu haben – kümmert sich derweil um den T- Shirtverkauf am Merchandisestand. Oder war es doch die Sozialarbeiterin Geraldine, die ihren Job aufgab, um auf Glasvegas-Konzertreisen Band-T-Shirts unters Volk zu bringen. Egal.

Im Gebäude 9 stehen und spielen vor Caroline Paul Donoghue (Bass), Rab Allan (Gitarre) und Sänger / Gitarrist James Allan. Letzterer irritiert mich mit adaptierten Gallagher – Gesten: mit der Faust auf die eigene Brust klopfen zum Beispiel (siehe auch Fußballer beim Torjubel), affektiertes Händeklatschen Richtung erster Reihe oder Rockstar- Ansagen ans Publikum: ‚It’s so quiet here. Is anybody in?‘ war eine davon. Tja, mit Sonnenbrille sieht es sich im dunklen Gebäude 9 eben nicht so gut.
Täuscht mein Eindruck, oder war nicht nur ich überrascht von dem doch sehr professionell wirkenden ‚Wir sind eine große Rockband‘- Gehabe auf der Bühne? Große Begeisterung habe ich während des Konzertes in den Gesichtern meiner Nachbarn nicht gesehen! Es ist auch kein staunendes Schweigen, was ich sehe. Es hat eher etwas von negativem überrascht-sein.
Wer eine leichte Enttäuschung des Schreibers aus diesen Zeilen herausliest, liegt nicht verkehrt. Ich hatte die Band zuvor im Vorprogramm von Oasis gesehen, und mir seinerzeit ein anderes Bild von Glasvegas abgespeichert. Meine Vorfreude war enorm. Endlich gibt es die Gelegenheit, die Band in einem kleineren Rahmen spielen zu sehen. Hier müssten die dichten Songs doch eine noch viel stärkere Wirkung ausstrahlen als im großen Züricher Hallenstadion. So meine Annahme.
Aber der Gebäude 9 Auftritt der vier Freunde ließ mich ratlos zurück. War es nun ein gutes Konzert oder ein solides? Was passte nicht? Warum passte was nicht? Fragen, die ich auch jetzt noch nicht beantworten kann.
Glasvegas spielen das, was sie können. Und das war heute mehr Glasgow als Vegas. Hier stehen Musikarbeiter auf der Bühne, die sich jeden Ton hart erkämpfen. Die schwarz/weiß Lichtshow und die ehemalige Fabrikumgebung des Gebäudes 9 passen wunderbar zur schroffen Musik der Schotten. Aber Glasvegas nutzen das Ambiente nicht zu ihren Gunsten.
Gleich zu Beginn war man drin. „Geraldine“, als Opener und „My own cheating heart…“ werden hingerotzt und liegengelassen. Eigentlich ist das wuchtige „My own cheating heart…“ für mich ein Knüller, ab Minute zweieinhalb entwickelt es diese Art von wunderbarer Eigendynamik, die mir eine Gänsehaut verursachen kann. Doch Glasvegas schaffen es an diesem Abend nicht, diese besondere Konzertatmosphäre aufzubauen. Mein Lieblingslied verpufft irgendwohin. Sehr, sehr schade.
Nachdem sich der Pegel etwas gesenkt hatte, folgen „Flowers & football tops“ und darauf „Ice cream van“. Auch zwei Songs, die an guten Abenden faszinieren können. Wie gesagt, an guten Abenden. Ich meine, Glasvegas haben im Gebäude 9 keinen guten Abend.
Nach 45 Minuten und acht Songs ist schicht. ‚Here we fucking go, here we fucking go‘, der Refrain aus „Go square go“ hallt noch nach, als Glasvegas die Bühne verlassen. Den Worten folgten die Taten.

Sie kommen noch für drei Zugaben zurück, bevor mit „Daddy’s gone“ entgültig Feierabend ist. Recht zügig ging ich danach auch.
Bis zum nächsten Mal. Vielleicht funktioniert es ja dann besser.

Setlist:
01: Geraldine
02: Lonesome swan
03: It’s my own cheating heart that makes me cry
04: Polmont on my mind
05: Fuck you, it’s over
06: Flowers & football tops
07: Ice cream van
08: Go square go
Zugabe:
09: S.A.D. light
10: Please come back home
11: Daddy’s gone

Kontextkonzerte:
Oasis, Glasvegas – Zürich, 01.03.2009 / Hallenstadion

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. e.

    dein eindruck deckt sich mit dem vieler anderer. jedenfalls haben die jüngsten konzerte den wenigstens gefallen. ich kann schon nicht auf den sound der band, ein konzert käme mir darob schon gar nicht in den sinn.

  2. Johannes

    Schöner Bericht, ähnlich war es schon letztes Jahr beim Rockpalast. Glasvegas sind eine ganz gute Truppe, aber eben nicht so toll, wie man durch das Hochjubeln jetzt eigentlich erwartet. Und live sind sie auch nur „naja“. Hm.

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