14. März 1994.
Seit Wochen, ach was seit Monaten bin ich im Besitz dieses Tickets. Ich glaube, ich habe es direkt nach der Konzertankündigung im Ticketshop gekauft. Die Sachen mit e-Tickets und Eventim Onlinekäufen gab es ja vor 25 Jahren noch nicht. Also stand ich sicherlich im Dortmunder Ticketshop in einer der berühmt berüchtigten Samstagvormittagsschlangen und wartete, bis ich dran war. (Und hoffte, dass der Typ vor mir nicht das letzte Ticket des Kontingentes kauft.) Richtig erinnern kann ich mich an den Ticketkauf nicht mehr, aber da es bei anderen Konzerten so war, muss es auch bei diesem Konzert so gewesen sein. Heutzutage nahezu unvorstellbar, Tickets in einem Ticketshop zu kaufen.
Ich fieberte auf den 14. März hin, las die ein oder andere Meldung über den schwachen Gesundheitszustand Kurt Cobains mit Sorge und hoffte, das bis zum März alles gut gehen würde. Noch einmal wollte ich Nirvana nicht verpassen, einmal wenigstens wollte ich sie live sehen. Der Weg nach Köln war zwar weit, aber schon damals war ich ein Konzertreisender. Köln, Bielefeld, was sind schon nächtliche Autobahnfahrten. Das Münsterland ist nicht das Ende der Welt. Zudem war ich im Frühjahr 1994 arbeitslos, nachdem nach beendeter Berufsausbildung und vermessungstechnischer Flaute im Ingenieurbüro mein Vertrag gekündigt wurde. ‘Sie wollen doch eh im Sommer ein Studium anfangen‘, lautete die lapidare Begründung des Chefs.
Nirvana waren in dieser Zeit eine wichtige Lieblingsband. Ich war dem Grunge verfallen, kaufte auf CD Börsen Bootlegs und all den Kram, den es im Saturn nicht gab. Ich mochte und hörte alles, was aus Seattle kam. Ich trug Flanellhemden und hatte längere Haare. Singles kannte ich fast auswendig. Ausgehend von dem Film erstellte ich eine postergroße Grunge Map, mit allen Bandverpflechtungen der Szene. (Leider habe ich die irgendwann verloren.) Ich ging zu Konzerten von Mudhoney und Soundgarden. Ich war Fan. Dann wurde die In Utero Tour angekündigt und ich sah meinen großen Traum in Erfüllung gehen. Die Kölner Sporthalle, 35,00 D-Mark. Alles machbar.
Zwei Wochen vor dem Kölner Termin spielten Nirvana in München. Es rankten sich Gerüchte, die Band wäre am Ende, Kurt Cobain zu stark den Drogen verfallen und Nirvana ständen vor ihrer Auflösung. Ich hoffte, sie würden noch 14 Tage durchhalten. Als am nächsten Tag das Zusatzkonzert in München abgesagt wurde, bekam ich erste Zweifel. Aber hey, bis Köln war noch Zeit, bis dahin könnten die stimmlichen Probleme, so damals der Grund der Absage, vergangen sein. Doch Pustekuchen und verdammter Mist! Ein paar Tage später wurde die gesamte Tour abgesagt und auf den Herbst verschoben. ‚Na gut, dann eben weitere Wochen warten und hoffen.‘ Mehr konnte ich nicht tun. Alles hoffen endete jedoch am 8. April. München blieb das letzte Konzert von Nirvana. Und mir blieb nur dieses Ticket.
Danke für den Bericht! Wann hast du den geschrieben? „Vor 25 Jahren“ … also ist der Artikel von 2019? Jetzt ist es schon fast 30 Jahre her, kaum zu glauben. Von dem nie stattgefundenen Konzert in Köln habe ich mir nach der Absage ein Plakat gesichert (also irgendwo abgerissen und mitgenommen). Schön, dass ich einen jungen Menschen kenne, dem ich heute damit eine Freude machen kann. <3
Richtig vermutet. Ich schrieb das 2019, also 25 Jahre später.