Ort: Poppodium Nieuwe Nor, Heerlen
Vorband: Solids

MetzMetz. Die Band, nicht die Stadt. Sie waren eine meiner großen Überraschungen des Primavera 2013. Sie spielten auf der Pitchfork Bühne ein Konzert, das mich regelrecht aus den Socken gehauen hat. Gitarre, Schlagzeug, Bass und eine Hyperaktivität, die sich voll und ganz in der Musik widerspiegelte.
Metz hatten gerade ihre Debütplatte rausgehauen, ich war beeindruckt. Das klang toll irgendwie nach Grunge und Noise. So wie die Japandroids, die mich seinerzeit sehr in den Bann zogen. Oder so wie die alten Dinosaur Jr., Mudhoney und Hüsker Dü. Nach dem ersten Album folgte im letzten Jahr II, nicht minder laut, nicht minder kräftig.
Nach wie vor bleibt es schwierig, die Band zu googlen. Ein guter Bandname also, um im Netz nicht direkt ins Auge zu stoßen. Bis auf Seite 3 muss ich blättern, um erste Liveberichte von Konzerte in diesem Jahr lesen zu können; unter dem Reiter News taucht die Band aus Kanada schon mal rein gar nicht auf. (Vielleicht gibt es auch keine Neuigkeiten, obwohl, die Tour läuft doch seit ein paar Tagen). Also wieder auf nach Heerlen. Ich mache das nicht ungern, denn das Nieuwe Nor ist ein kleiner, feiner Konzertladen.

Bands wie Metz fackeln nicht lange. Kaum hat die Vorband Solids die Bühne geräumt und ihre Instrumente verstaut, startet kurz und knapp der Metz Bühnenaufbau. 2 Mikrofonständer, ein paar Boxen, Schlagzeug, fertig. Der Soundcheck dauert knappe 5 Minuten. Zwei Sätze pro Mikrofon, kurz die Gitarren anzupfen, das war es.
Das sich der Beginn allerdings dann doch noch ein paar Minuten hinauszögerte lag an einem technischen Defekt. Ein lautes Knallen und eine der Boxen oder deren Steckverbindung war durch.
Genauso schnell wie die Bühne einsatzbereit gemacht wurde, waren die drei Kanadier im Programm. Nach zwei Aufwärmstücken spielen sie ihren Hit „Split it up“ bereits sehr früh. Es ist mit 4:50 Minuten der längste Song des noch aktuellen Albums II und sowas wie das Kernstück der Scheibe. Die meisten anderen Songs sind keine drei Minuten lang, oder nur knapp drüber. Damit bewegen sich Metz in guter Tradition zu anderen Noiserockbands. „Wenn man in zweieinhalb nicht Minuten nicht alles in einem Song sagen kann, dann braucht man gar nichts sagen.“ Wer hat das noch gleich gesagt?
Für feingliederige Strukturen geben sie sich keine Zeit. Es dreschen die Gitarren, es schreit der Gesang. Ein bisschen Fuzzy Gitarre, die mich sehr an Mudhoneys „Here comes sickness“ erinnert, ein etwas poppigeres Stück (von Alex Edkins als „next is a dance song“ angekündigt) lockern das gute Set ein wenig auf.
Ansonsten gilt: Volle Kraft voraus. Und volle Kraft meint auch volle Lautstärke. Das kleine Nieuwe Nor – übrigens ein wirklich vorzüglicher Saal – scheint zu platzen, so dröhnig wummert es bei guter Soundqualität aus den Boxen. Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn ich vom Bass ein Hungergefühl im Magen bekomme.

Draussen vor der Tür ist Kirmes, der Autoscooter dingelt vor sich hin. Da bietet sich eine konzertiale Abwechslung geradezu an. Warum Metz gerade in der kleinen Stadt nahe der Grenze halt machen, verstehe ich nicht so ganz. Vielleicht lag es auf dem Weg nach Amsterdam (?). Egal, nicht nur ich nutze die Gelegenheit, um sie mir anzugucken, nachdem ich sie vor Wochen in Köln verpasst hatte. Andere machen das genauso. Der Saal ist gut gefüllt und gibt ein schönes Bild ab. Meine Befürchtungen, dass es in Heerlen keinen interessiert, wenn eine der besten Noise Bands der Jetztzeit ein Konzert spielen, ist unbegründet. Und dass der Laden nicht proppevoll ist, hatte ich auch nicht erwartet. Es ist okay, wie es ist, denn es ist nicht nur Kirmes, es ist auch Montag. Statistisch gesehen kein guter Veranstaltungstag, wie ich mal irgendwo gelesen habe. Montags gehen die Leute nicht weg.
Inwieweit sich Metz von ihrem Publikum ziehen lassen, um eine gute Show abzuliefern, kann ich nicht beurteilen. Mein Eindruck ist, eher gar nicht. Ungerührt von den überschaubaren Heerlener Verhältnissen reißen sie eine Show ab, als wäre es ihre letzte. Ich fand ihren Auftritt phänomenal! Alex Edkins ist ein irrwisch, eine ausgewiesene Rampensau. Wie ein Aufziehmännchen tanzt er über die Bühne, bewegt und dehnt seinen Oberkörper nach hinten und schreit seine Texte ins Mikrofon.

Man denkt immer, es sei einfach, wütende Musik zu machen. Ein paar missmutige Gesellen, ein Proberaum, Instrumente einstöpseln, Regler auf zehn, los geht’s. Dass das Quatsch ist, zeigte sich schon in den Neunzigern, dem Toilettenduftjahrzehnt der angepissten Musik schlechthin. Bands wie Drive Like Jehu oder Jawbreaker waren furchtbar sauer und furchtbar gut. Ihre zahllosen Wiedergänger meist nur furchtbar.
Heute ist die kanadische Band Metz das beste Beispiel dafür, dass es für einen durchschlagenden Sound mehr braucht als die blanke Freude am Zerstören von Gehörgängen. Bereits 2007 trat die Band in ihrer Heimatstadt Toronto auf den Plan, gute vier Jahre vor dem Höhepunkt des allgemeinen Neunziger-Revivals also. Wütend waren die drei Bandmitglieder schon damals, ihre Konzerte geradezu halsbrecherisch, schnell wurden sie zum zuverlässigsten Wutkanal der Stadt. Doch bis zur ersten Albumveröffentlichung sollte es noch fünf Jahre dauern. Die Verzögerung war nicht etwa Faulheit oder Unvermögen zuzuschreiben, vielmehr schienen Metz ernstzunehmen, was Malcolm Gladwell einst über die Beatles sagte: Man braucht locker 10.000 Stunden im Proberaum, um so gut zu werden. (Spex)

Zwei Alben mit je knapp 30 Minuten Spielzeit und eine EP haben Metz veröffentlicht. Da erwarte ich kein Riesenkonzert, und dass nach 45 Minuten Schluss ist, empfinde ich nicht als Drama. Die Hemden sind durchgeschwitzt, ein letztes Mal noch kniet sich Alex Edkins auf den Boden. Das Ende der Show ist erreicht, eine Zugabe spielen Metz nicht mehr.
Mein Piepen im Ohr bleibt noch ein bisschen länger. Ein tolles Konzert!

PS: Bald startet das Primavera. Da seh‘ ich dann Bands wie Drive like Jehu. Mit dessen Sänger John Reis haben Metz in San Diego übrigens ein paar Songs eingespielt.

Kontextkonzert:
Primavera Sound Festival – Barcelona, 23.05.2013

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