Ort: Live Music Hall, Köln
Vorband: Sennen
dEUS waren gestern nicht die apokalyptischen Reiter der Kulturkirche.
Sie waren eher die deutsche Springreiterequipe. Immer vorne mit dabei, aber manchmal reicht es nicht zum Podiumsplatz. Und so wird dieses Konzert nicht unter den TOP 3 des Jahres landen. Ist aber nicht schlimm.
Warum geht man dreimal innerhalb von sechs Monaten zu einem dEUS Konzert? Diese Frage tauchte gestern Abend plötzlich aus dem nichts auf. Klar, wegen der Musik. Aber die liegt auch in Konservenform vor und ist jederzeit greifbar. Wegen Tom Barman, über den ich irgendwo las, er sei der bestangezogenste Frontmann der Welt, weil alle Klamotten an ihm immer so lässig elegant wirken? Weil dEUS Konzerte süchtig machen? Könnte sein. Es sind diese typischen dEUS-Szenarien, die mich jedesmal begeistern. Songs wie „Instant Street“, „Bad Timing“ oder „Sun Ra“. Songs, die ihre eigene Dramaturgie haben, diesen dEUS ureigenen Aufbau, den keine andere Band so hinbekommt. Diese Song im Song Strukturen, die live besonders faszinieren, wenn Tom Barman mitten in „Instant Street“ seine Akustikgitarre in leichter Hektik gegen die elektrische eintauscht und in den zweiten Abschnitt des Stücks einleitet.
Diese Build-up Stücke wirken immer. Sie können gar nicht anders. Sie packen dich spätestens nach 20 Sekunden, halten dich gefangen und entlassen dich erst, wenn der letzte Gitarrenfieps verflogen ist. Zwischendrin gibt es kein entrinnen. Rumgucken, Nase putzen oder gar den Nebenmann kurz ansprechen ist nicht. Zu stark ist die musikalische Aura.
Darüberhinaus haben dEUS noch eine Menge anderer wunderbarer Songs. Gestern spielten sie neben vielen Sachen des neuen Albums „Vantage Point“ jeweils auch Songs der ersten Alben. Die Mischung war sehr ausgewogen. Vom Debüt gab es „Suds & Soda“ und „Morticiachair“, vom zweiten Album „In a bar under the sea“ „Little Arithmetics“, “Fell off the floor”, “Turnpike” und „For the roses“, „Bad Timing“, “If you don’t get..” und “Nothing really ends” von „Pocket Revolution“ sowie “Instant street” von The Ideal crash.
Zusätzlich wurde ein neues Stück gespielt, das Tom Barman mit „The dark fits in“ ankündigte. Auf den ersten Blick passt es gut in den aktuellen dEUS Kontext.
Den Abend eröffneten sie mit dem ersten Song des aktuellen Albums, welches die Theorie mal wieder bestätigt, das Albumopener gerne auch als Konzertopener verwendet werden. Danach mit „Instant Street“ das erste Rauschmittel. Vielleicht ein bisschen früh im Programm. Aber wie schon gesagt, diese Build-up Stücke wirken immer! Beendet haben dEUS ihr reguläres Set mit den Evergreens „Morticiachair“ und „Suds & Soda“, und „For the Roses“ ließ die Saallichter erleuchten. Puhh, rechtzeitig fertig, wird sich die LMH gedacht haben. Um 22 Uhr 30 ist Disco-Zeit, und wir müssen noch fegen und die Leute rausschmeißen.
Das war dann auch der Grund, warum Sennen schon um 19 Uhr 15 auf die Bühne mussten. Für Konzertabende schon eine ungewöhnliche Zeit. Sennen kommen aus Norwich und machen modernen Shoegaze (Shinsgaze heißt das Baby, habe ich gerade gelernt). Während ihres Sets musste ich an dunkle Wälder denken. Und an Slowdive. Der NME schreibt trefflich über die Band:
Named after a Ride song and prone to ethereal singing over cyclones of ear-splitting guitar, the only way Sennen could be more shoegaze is if they played gigs in Kevin Shields socks.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Setlist:
01. When she comes down
02. Instant street
03. Fell off the floor, man
04. Slow
05. Oh, you are God
06. Turnpike
07. The Architect
08. Favourite game
09. Nothing really ends
10. Bad Timing
11. If you don’t get what you want
12. The dark fits in
13. Morticiachair
14. Suds and Soda
Zugabe:
15. Smokers reflect
16. Little Arithmetics
17. For the Roses
stimme ich voll zu ;-)
schöner bericht !
dankeschön! ich denke, der neue song heisst „the dark sets in“
Auch ich fand’s gut, aber nícht überragend. dEUS gehört anders als Bands wir MOTORPSYCHO, BUILT TO SPILL usw. meiner Meinung nach nicht zu den Bands, die aus dem Lied live noch mehr rausholen als auf CD. Instant Street war z.B. stark, aber ich könnte mir beim Instrumentalteil auch noch ausufernde Jams vorstellen, die dann das gewisse Etwas eines Liveauftritts ausmachen würden. Was soll’s, eine geiles Konzert von einer sehr geilen Band!
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