Ort: Artheater, Köln
Vorband: Echo Northstar

julie - Köln, 30.08.2023

julie. Ich glaube, die Band aus Orange County möchte ohne Großbuchstaben geschrieben werden. Vor einer Woche entdeckte ich julie beiläufig. Der Steckbrief in irgendeiner Werbemail ließ mich aufhorchen, sprach mich an und ich klickte auf den beigefügten Videolink. Rumms, ich war schockverliebt. Der Link führte zum Video ihrer aktuellen Single „pg​.​4 a picture of three hedges“ und die hat alles, was ich musikalisch mag: die gesamte Indierockpalette der 1990er Jahre; Indiegitarren von Shoegaze über Grunge bis Alternative. „pg​.​4 a picture of three hedges“ – mir war lange nicht klar, dass das der tatsächliche Songtitel ist und nicht nur der Name der Videodatei, die vergessen wurde, umzubenennen – wurde zusammen mit „through your window“ als Doppelsingle im August des letzten Jahres via bandcamp veröffentlicht, im August vor zwei Jahren erschien ihre bisher einzige Plattenveröffentlichung, eine Mini-LP namens Pushing daisies und im August diesen Jahres sind sie auf Europatour. julie spielen ein paar Festivals und ein paar Clubkonzerte. Unter anderem in Köln, über die Werbemail wurde ich auch auf ihr Konzert im Artheater aufmerksam. Da ich diesen Monat noch nicht sehr oft auf Konzerten war, entschied ich, mir die Band anzusehen. Aufgrund der bisher erst wenigen Songveröffentlichungen erwartete ich einen kurzen Abend und eine kleine Zuhörerschaft. Mit erstem lag ich richtig, beim zweiten wurde ich angenehm überrascht. Der Saal des Artheaters ist doch stärker gefüllt, als ich dachte.

Zum vorletzten Song der Vorband komme ich in den Saal. 150-200 Leute sind bereits da und hören DJ Shadow-hafte Sounds, die Echo Northstar in den Saal pusten. Ich habe mich gerade positioniert, als sie ihren letzten Track ankündigen. es sei ein Instrumentalsong und er komme vom Band. Soso, ich bin da und die drei Musiker von Echo Northstar verlassen die Bühne. Ein paar Minuten blubbert der Instrumentaltrack unterhaltsam vor sich hin, dann geht das Saallicht an und es startet Jazzmusik. Umbaupausenzeit und nach einigen Minuten fällt mir auf, wie toll Jazzmusik zur Umbaupause passt. Das sollte immer und überall gespielt werden, nicht nur hier im Artheater. 

15 Minuten später betreten Keyan Zand, Dillon Lee und Alex Brady die Bühne. Alle drei sehen sehr jung aus. Wie alt mögen sie sein, denke ich, doch höchstens Anfang 20. Ähnlichen Alters ist die Mehrheit des Konzertpublikums. Woher und warum sind julie bekannt? Lief ein Song in irgendeiner Serie, ist ein Song Soundtrack eines Computerspiels? Ich bin überrascht, hatte mehr mit einem kleinen Konzert gerechnet. Musikalisch können juli ihre Vorbilder und Lieblingsbands nicht verhehlen. Und wie ich in einigen Interviews gelesen habe, wollen sie das auch gar nicht. Sonic Youth zur Evol Phase und My bloody valentine nennen sie da sehr oft. Und das passt verdammt gut. Genauso wie der Verweis auf die frühen Smashing Pumpkins, wie ich finde. Da fällt mir, ich sollte mal wieder Gish hören.
Wem diese Referenzen zu lange in der Vergangenheit liegen und wer damit nichts anfangen kann, dem sagen vielleicht Yuck, DIIV oder Cage the elephant etwas. Den Gesang teilen sich Keyan Zand und Dillon Lee. Ihre Stimmen und ihr Gesang erinnern mich zeitweise an Kim Gordon oderBilly Corgan. Das ist wirklich so! Um das starke  namedropping komme ich bei julie einfach nicht drumherum. Das musikhistorische Intervall ist also eindeutig gezogen. Wer Fan der genannten Bands ist, kommt sehr gut mit julie zurecht. So wie ich.

Neun Songs haben julie bisher veröffentlicht, sie schaffen es aber, das Konzert auf eine Stunde zu ziehen. Ich hatte mit einer so langen Konzertdauer ehrlich gesagt nicht gerechnet, bei maximal 45 Minuten lag meine Eingangsprognose. Aber julie spielen auch zwei oder drei bisher unveröffentlichte Songs und bauen zwischen den einzelnen Stücken immer wieder kleine Songsnippets und Klangfragmente ein. So ist es zu keinem Zeitpunkt des Konzerts absolut ruhig. Allerdings nehmen die kurzen Fragmente für mein Gefühl jedes Mal Fahrt aus dem Set. Bewusst fällt mir das auf, nachdem julie ihre letzten drei Songs direkt hintereinander weg spielen und ich nachher denke, ’wow, was für ein Unterschied zu den vorherigen Minuten.’ Es fühlt sich an wie ein komplett anderes Konzert. Und wie ein besseres Konzert. Schade, dass sich julie vorher für einen anderen Ansatz entschieden haben, mir gefiel er nicht so gut. Ich fand es mit Konzertdauer immer schwieriger, den kleinen Songsnippets aufmerksam zuzuhören. Es war mir mitunter etwas zu wirr. Schade auch, dass der Sound nicht wirklich gut ausgesteuert war. Das trübte das Konzert sehr, gerade auch weil Shoegaze-kram einen guten Sound braucht, um ordentlich hörbar rüberzukommen. Das war im Artheater leider nur selten der Fall. Mein Fazit des Abends ist zweigeteilt. Auf der einen Seite sind da die wirklich sehr schönen und guten julie Songs, die den aktuell kleinen Hype um die Band in den USA nachvollziehen lassen. Auf der anderen Seite war da aber eben auch nur ein durchwachsenes Konzerterlebnis, das mich nicht hundertprozentig zufrieden nach Hause fahren ließ.
Aber eins blieb auch an diesem Abend unumstößlich bestehen: „skipping tiles“ ist ein Hit. Mein julie Anspieltipp!

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